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Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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der alte Herr aus seiner Tasche zog, an seiner freudigen Stimmung teilhaben. Dann griff er wieder nach Anitas Arm. »Komm, Annele, wir zweibeid gehen halt miteinander.« Anita fühlte als schlaue Evastochter, daß sie bei dem Großvater einen Stein im Brett habe. Dies gab ihr die gute Laune zurück. Sie war gewöhnt zu gefallen. Keiner sollte sich davon ausschließen.
    Jetzt war es Marietta, die ihren Arm, wenn auch noch schüchtern, in den der Großmama schob.
    »Erlaubt liebe Großmama?« fragte sie dabei mit liebem Lächeln in den Augen.
    Dieses Lächeln, das kannte die Großmama. Wenn die Augen auch tiefschwarz waren und
    nicht strahlend blau wie bei Ursel, das war das langentbehrte Lächeln ihres Kindes.

Bei den Großeltern
     
    Nein, Europa war doch nicht häßlich. Selbst Anita konnte sich dem nicht verschließen. Der großväterliche Garten hatte sich mit seinen herrlichsten Blüten zu Ehren der einziehenden Enkelkinder geschmückt, als wüßte er von der Konkurrenz der fruchtbaren Tropenheimat. Die Syringen ließen ihre blauen und rötlichen Blütendolden in süßen Duftwellen herniedersickern. Der Goldregen gleißte und glänzte mit den Sonnenstrahlen um die Wette. Vergißmeinnicht, Goldlack und Stiefmütterchen umsäumten den Weg. Und ein alter, knorriger Apfelbaum war eitel genug, sein rosenrotes Blütenkleid zum Empfang der Tropenkinder noch anzubehalten, obwohl seine Gefährten es bereits abgestreift hatten. In der maigrünen Linde flötete, pfiff und jubilierte es von unsichtbaren kleinen Musikanten. Eine ganze Vogelkapelle hatte sich dort eingenistet, um den Kindern aus fremder Zone den Willkommensgruß zu bringen.
    Marietta blieb mitten im Garten stehen und sah sich mit glücklichen Augen in dem kleinen Paradies um.
    »Das ist deutsche Frühling, von das Mammi hat erzählt uns. Wo ist das Linde? Ich nicht kenne eine Linde.«
    »Unser alter Lindenbaum - Fräulein Marietta Tavares« - übernahm die Großmutter lustig die Vorstellung.
    »Oh - das ist das Linde?« Das junge Mädchen schien nicht sehr erbaut. Das war ein grüner Baum wie viele Bäume. Nicht einmal Blüten trug er. Warum hatte die Mutter nur immer so sehnsüchtig von der Linde im elterlichen Garten gesprochen?
    »Palme ist mehr hoch - Palme ist mehr schön«, Anita erklärte unumwunden, was Marietta nur dachte.
    An der Tür des Hauses, die Kunze mit einer Willkommensgirlande versehen hatte, stand Frau Trudchen im hellen Waschkleid. Beide Hände streckte sie den jungen Ankömmlingen entgegen.
    »Da sind sie ja, die lieben Kinderchen. Willkommen, junge Fräuleins, bei Jroßmamachen und Jroßpapachen!« Marietta wurde es warm zumute bei den herzlichen Worten. Sie faßte die Hände, die sich ihr boten, mit freundlichem Gegengruß. Anita nickte nur herablassend mit dem Kopfe.
    »Also das ist Anita, und das ist Marietta. Hier kommen noch Miß Smith und das kleine Lottchen - und das hier ist unsere liebe Frau Trudchen, die treu für uns sorgt«, stellte die Großmama vor.
    »Ach Jotte doch, Frau Jeheimrat, das is ja nicht mehr als meine Schuldigkeit«, wehrte Frau Trudchen bescheiden ab.
    »How do you do?« sagte die Miß höflich.
    Frau Trudchen sah sie erstaunt an. Sagte die »du« zu ihr? Kunze lud das Gepäck ab. Himmel, was gab es da für Koffer. Große und kleine, Kisten und Schachteln.
    Drin in der Diele mit den hellen Peddigrohrmöbeln und den grünen Schlingpflanzen hatte die Großmama die Enkelkinder liebevoll an das Herz gezogen. »Möget ihr unser Haus zu einer guten Stunde betreten, meine lieben Kinder, und euch heimisch und wohl bei uns fühlen!« sagte sie herzlich. Marietta erwiderte ihre Liebkosung, während Anita neugierig die Einrichtung musterte.
    Droben in Ursels ehemaligem, hübschem Mädchenzimmer hatte die Großmama die Enkelinnen untergebracht. Da war noch alles so, wie es einst gewesen war. »Hier hat auch eure Mutter als junges Mädchen gewohnt«, erläuterte die Großmama. »Oh, ist schön, sehr schön«, bewunderte Marietta.
    »Ist klein, sehr klein. Wo sollen stehen Koffer? Muß man nehmen Möbel heraus«, überlegte Anita als praktische Amerikanerin.
    »Das Dutzend Koffer wandert auf den Boden, Anita, die Sachen werden wir, soweit es geht, in den Schränken unterbringen. Draußen auf dem Treppenflur steht auch noch ein alter Schrank von meiner verstorbenen Mutter«, überlegte die Großmama. »Ihr habt viel zuviel mitgeschleppt.«
    »Oh, wenig, sehr wenig. Wir werden kaufen hier in Deutschland. Ist mehr billig als

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