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Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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in Brasilien.«
    »Macht mich nicht unglücklich, Kinder. Ich weiß schon sowieso nicht, wo ich mit eurem Kram hin soll«, widersprach die Großmutter lachend.
    Anita hatte inzwischen weiter Umschau in dem Zimmer gehalten.
    »Muß sein andere Bett. Kann nicht schlafen, nicht ich, nicht Marietta hier in Bett.«
    »Warum denn nicht? Was hast du daran auszusetzen?« Gegen ihren Willen klang es etwas gereizt. Hatte Frau Annemarie doch ihr schönstes Bettlinnen mit den noch von ihrer Mutter selbstgearbeiteten Spitzenecken für die Enkelkinder bezogen.
    »Ist Federbetten - zu schlafen zu heiß. Fehlt Moskitonetz. Muß sein andere Bett«, beharrte Anita.
    Jetzt mußte Frau Annemarie wieder lachen. »Wenn du weiter keine Sorgen hast, du Tropenkind, das braucht dich nicht zu bekümmern. In den Federbetten wirst du herrlich schlafen. Und ein Moskitonetz ist für unsere harmlosen Stubenfliegen auch nicht vonnöten.«
    Trotzdem betrachtete Anita mißtrauisch die Betten. Auch die Waschtoilette erfreute sich nicht ihres Beifalls. »Ist kein Wasser, Marietta, kein Wasser zu fließen«, kritisierte das im Luxus aufgewachsene Mädchen ungeniert.
    »Ich finde es schön hier in kleines Stube, mich gefallen gut.« Es kam nicht oft vor, daß Marietta anderer Meinung war als die Schwester. Aber das Fehlen des Moskitonetzes schien auch ihr ein großer Übelstand. »Wir werden binden fest Schleier an Bett«, überlegte sie.
    Inzwischen hatte Miß Smith ihre Koffer in das nebenliegende Zimmer schaffen lassen. Sie hatte weniger Kritik anzumelden als ihre Zöglinge. Nur daß die Fenster nicht zum Herauf- und Herunterschieben eingerichtet waren wie in England und Amerika, empfand sie als einen Mangel.
    Marietta trat auf den kleinen, mit Tausendschönchen bepflanzten Balkon. Sie schaute über die maigrünen Wipfel zu dem zartblauen Himmel hinauf, an dem Lämmerwölkchen sich tummelten. Über Dächer hinweg sah man ins Weite, ins Grüne. Und fern am Horizont umschloß sie ein blaugrüner Gürtel. Das mußte der Wald sein - der deutsche Wald. Wie oft mochte ihre Mutter hier gestanden und in die Ferne geträumt haben, ohne zu ahnen, daß das große Wasser sie einst von all dem trennen würde, was ihr lieb war. Oh, war die Luft hier gut und würzig. Kühl und herb umfächelte der Wind ihre Schläfen. Marietta hatte ein Gefühl, als müsse sie die Arme ausbreiten und das liebe Land da vor ihr, das Land ihrer Mutter, an ihr Herz ziehen.
    »Was gibt's hier zu sehen?« Portugiesische Laute weckten die junge Träumerin aus ihrer Versunkenheit. Anita steckte neugierig den Kopf heraus. »Puh - ist kalt hier«, meinte sie. »Das ist die Wald, Nita, die deutsche Wald.« Es wäre Marietta jetzt unmöglich gewesen, portugiesisch zu antworten. »Wo? Ich sehe nichts.«
    »Da - weit hinter Plantagen, ganz weit, wo ist Himmel.« »Das?« machte Anita wegwerfend. »Ist nicht so groß wie Urwald.«
    »Aber es ist die deutsche Wald.« Zum ersten Mal in ihrem Leben fühlte sich Marietta von ihrer Zwillingsschwester nicht verstanden. Da war ein Gefühl in ihr, das Anita nicht teilte, irgend etwas, was der Schwester fremd und gleichgültig blieb.
    »Nun, haltet ihr Umschau von eurem neuen Reiche aus, meine Mädel?« Die Großmama trat in die offene Tür. »Gottlob, daß ich hier oben wieder junges Volk habe. Aber nun zu Tisch. Der Großpapa ist nicht gewöhnt, daß man ihn warten läßt. Und Frau Trudchen ebensowenig. Nach dem Essen könnt ihr dann ans Auspacken gehen.« »Wir?« fragte Anita verwundert.
    »Ja, wer denn sonst?« gab die Großmutter ebenso verwundert zurück. »Vielleicht ist Miß Smith so freundlich, die Oberaufsicht zu übernehmen, daß alles an seinen richtigen Platz kommt. Ich muß nach Tisch erst ein Stündchen ruhen. Ja, ja, man merkt doch die Jahre schon!« Sie lächelte ein liebes, etwas wehmütiges Lächeln.
    »Wir sollen packen aus Koffer?« Anita vermochte diese ungeheuerliche Zumutung nicht zu fassen. »Ist da Diener und Dienerin, zu tun es.«
    »Nein, mein liebes Kind, dazu haben wir keine Bedienung. Frau Trudchen und ihr Mann haben reichlich andere Arbeit. Hier muß jeder selbst Hand anlegen.«
    Das war es, wovor Frau Annemarie heimlich ein wenig gebangt hatte. Würden sich die verwöhnten, in Reichtum und Luxus aufgewachsenen Kinder in ihrem bescheidenen Heim einfügen?
    »Muß sein lustig. Nita, zu packen aus Koffer«, wandte sich da Marietta überredend an die Zwillingsschwester.
    Anita schüttelte vorwurfsvoll den Kopf. »Du bist eine

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