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Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
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Mammi ist schöner, viel eleganter. Und Großpapas 'Annele' und 'Mariele' ist entsetzlich. Ich lasse mich nicht so nennen«, setzte sie energisch hinzu. »Wir werden ihn bitten, uns bei unseren Namen zu rufen. Wie gefällt dir Europa, Anita?« Marietta war gewohnt, bei allem erst die Meinung der Schwester einzuholen. Die junge Brasilianerin sah sich in dem Hamburger Hafen um. Schiffe über Schiffe mit ragenden Masten; ganze Straßen bildeten sie auf dem Wasser. Große, braune Speicher mit riesigen Eisenkranen, die wie gewaltige Elefantenrüssel in die Tiefen der Schiffe tauchten und Tonnen und Kisten daraus emporzogen.
    Anita schüttelte den Kopf. »Europa ist häßlich, sehr häßlich. Keine Palmen, keine Orangenbäume, keine Bananenbäume - gar nichts. Keine Blumen, keine Berge. Amerika ist viel mehr schön. Wir nicht werden bleiben lange in Europa.« Die junge Amerikanerin war bereits mit ihrem Urteil über Europa fertig.
    Die hinter ihnen gehende Großmama legte den eifrig miteinander Schwatzenden die Hand auf die Schulter. »Mädelchen, tut mir den Gefallen und sprecht Deutsch. Ihr seid doch hier in eurem deutschen Mutterlande. Und eure alte Großmama, die euch die ganzen Jahre über entbehren mußte, will doch nun endlich teil an euch haben.«
    »Ich nicht spreche gut das deutsche Sprache. Ich nicht liebe es«, erklärte Anita unumwunden.
    »Du magst die Sprache deiner Mutter nicht? Und du, Marietta? Liebst du unsere deutsche Sprache auch nicht?«
    »Ich liebe sehr«, antwortete die andere zur großen Erleichterung der Großmama. Ihr zartes Gesicht errötete in Erinnerung an die soeben mit Anita geführte Unterhaltung. »War eure Mutter nicht sehr traurig, daß sie nun wieder nicht heimfahren konnte nach Deutschland zu ihren Eltern?« forschte Frau Annemarie eifrig. »Wie geht es dem Vater? Heilt das Bein gut?«
    »Bein ist gut, bonito« - beruhigte sie Anita. Während Marietta nachdenklich meinte: »Mammi war traurig, sehr traurig. Aber sie hat nicht gezeigen, daß Papi nicht wurde traurig auch. Sie läßt grüßen, viele Male. Sie kommt nach Deutschland mit anderes Schiff.«
    »Bald unsere Mammi kommt«, bekräftigte Anita.
    »Bald - wirklich, bald?« Die Großmama rief es laut und glückselig.
    »Ja, kommt bald, holt uns bald wieder nach Amerika«, berichtete Anita lebhaft.
    »So bald beabsichtigst du, Europa wieder den Rücken zu kehren, Anita? Ihr seid doch eben erst gekommen. Das ist ja schmeichelhaft für uns.« Da war keine Spur von Gekränktsein in den Worten der Großmutter, nur liebenswürdiger Humor.
    »Wir werden gehen bald wieder nach Amerika, sehr bald«, sagte Anita bestimmt.
    »Mammi wird kommen in Herbst, holen uns«, erzählte auch Marietta. »Aber ihr sollt doch mindestens ein Jahr in Deutschland bleiben und euch deutsche Sitten und deutsche Bildung zu eigen machen. Ihr sollt doch eine deutsche Schule besuchen«, wandte die Großmama erstaunt ein.
    »Wir nicht brauchen deutsches Bilden, nicht deutscher Schule. Wir sind Amerikanerinnen!« sagte Anita mit dem ihr eigenen Zurückwerfen des schönen Kopfes. Stolz blitzte aus den jungen Augen.
    »Ei, Anita, glaubst du wirklich, daß Amerikanerinnen nichts zu lernen brauchen?« sagte die Großmama. »Ich kann mir nicht denken, daß dies mit den Wünschen eurer Eltern übereinstimmt. Hältst du es auch nicht für notwendig, hier in Deutschland zu lernen, Marietta?« wandte sich die Großmama an die zweite. »Sag, mein Mädel, bist du gerne zu uns nach Deutschland gekommen?«
    »Ja, sehr gern, ich nicht konnte erwarten«, antwortete Marietta, und ihre dunklen Augen leuchteten.
    Frau Annemarie atmete unwillkürlich auf. Sie hatte natürlich immer geglaubt, daß die Kinder ihres Kindes gern in das Heimatland ihrer Mutter, zu den fernen Großeltern kommen würden. Gleich in dieser ersten Stunde fühlte die kluge Frau, daß es nicht leicht mit Anita sein würde. Aber Marietta war gern zu ihnen gekommen. Die liebte die deutsche Heimat ihrer Mutter.
    Man hatte im Fährhaus Platz genommen, dem hochgelegenen Gartenrestaurant, von dem man den Hafen mit seinem bunten Getriebe überblickte. Dort erwarteten die Damen den Großpapa. Kühl und schattig war es hier, trotz der heißen Mittagsstunde, unter maigrünen Bäumen. Homer hatte sich bescheiden mit Jimmy an einem Nebentisch niedergelassen. Frau Hartenstein winkte ihm mit der ihr eigenen Menschenfreundlichkeit. »Komm mein Junge, für dich ist hier auch noch Platz. Warum sollst du denn da drüben allein

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