Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel

Titel: Nesthäkchen 09 - Nesthäkchens und ihre Enkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Ury
Vom Netzwerk:
gestört würden.
    »Wir haben hungrig, wir müssen essen etwas.« Dagegen kam Marietta nicht auf. Homer war der einzige, der auf den Klingelruf erschien. Denn Frau Trudchen dacht gar nicht daran, zu nachtschlafender Zeit den beiden verwöhnten »Prinzessinnen« noch aufzuwarten. »Bring etwas Geflügel und Doces, Homer«, befahl Anita in portugiesischer Sprache.
    »Donna Anita, Homer hat kein Geflügel. Homer hat auch keine Doces. Donna Trudchen hat die Vorratskammer abgeschlossen.« Wohlweislich verschwieg Homer, aus welchem Grunde dies geschehen war, daß er sowohl wie Jimmy der Speisekammer verschiedentlich unerlaubte Besuche abgestattet hatte.
    »So bring etwas anderes.« Anita schien ungehalten. Sie war nicht zufrieden mit der Haushaltung der Großeltern. Daheim in Brasilien waren stets Geflügel und Süßigkeiten vorrätig.
    »Homer hat nichts - gar nichts.« Der kleine Neger wich ängstlich zurück und hielt sich schon im voraus seine Wange. Aber der erwartete Backenstreich blieb aus. Anita hatte der Großmama versprochen, Homer nicht zu schlagen. Eine Tavares hielt ihr Wort. »Wecke Donna Trudchen. Sie soll uns Essen bringen.« Anita war daran gewöhnt, daß die farbige Dienerschaft drüben auf dem anderen Erdteil Tag und Nacht zur Verfügung ihrer Herrschaft stand.
    Homer schlug donnernd gegen die Tür der Kunzeschen Stube.
    Aber keine Frau Trudchen erschien. Die verkroch sich schimpfend nur noch tiefer in ihre Kissen. Auch Kunze brummte: »Potzwetter, das is ja jetzt reine, als ob der Deibel bei uns los is.« Lottchen, die ihr Bett auf dem Sofa hatte, erwachte von dem Lärm und fing an zu weinen. »Es donnert!« Das Kind hatte große Angst vor dem Gewitter, das im Tropenland besonders heftig auftrat.
    »Homer - wo bleibst du? Warum kommt Donna Trudchen nicht? Sollen wir hungern? Ist das eine Wirtschaft hier in Deutschland!« Portugiesische empörte Rufe unterbrachen laut die friedliche Stille der Nacht.
    Auch die Großeltern wurden dadurch aus erstem Schlaf aufgeschreckt. »Da soll doch aber ...!« Der Geheimrat machte Miene, in Schlafrock und Morgenschuhe zu fahren. »Bleib liegen, mein guter Mann, du brauchst die Ruhe notwendiger als ich. Ich werde mal ein ernstes Wort mit dem kleinen Störenfried sprechen.« Seufzend schlüpfte Frau Annemarie in den Morgenrock. Was hatten sie sich damit aufgebürdet, daß sie die exotischen Enkelkinder in ihr friedliches Heim genommen!
    Im Eßzimmer stand Anita mit zorngeröteten Wangen und rief abwechselnd nach Homer und nach Donna Trudchen. Noch nie war es ihr passiert, daß ein Diener ihrem Gebot nicht Folge geleistet hatte. Vergeblich versuchte Marietta ihr die Hand auf den Mund zu legen. »Du weckst ja die Großeltern, Nita.« Da stand die Großmama bereits in der Tür.
    »Anita, schämst du dich nicht, zu nachtschlafender Zeit solchen Lärm zu machen? Was soll das heißen?« Die Großmama war empört.
    Empörter aber war ihre junge Enkelin. Die stand mit funkelnden Augen und zorngeballten Händen vor ihr.
    »Donna Trudchen muß werden gejagt aus Haus. Schlechtes Diener, ist nicht gekommen, als ich habe geruft nach sie«, beschwerte sie sich mit erregter Stimme. »Höre mal, mein Kind, du verkennst das Verhältnis vollkommen. Frau Trudchen ist nicht deine Dienerin, die deinem Rufe Folge zu leisten hat, noch dazu bei Nacht. Sie ist unsere liebe, brave Hausgenossin, und in diesem Sinne wünsche ich sie von euch respektiert zu sehen. Um was wolltest du Frau Trudchen bitten?«
    Frau Annemarie mußte sich großen Zwang anlegen, um ruhig zu bleiben.
    »Nita hatte Hunger. Homer nichts konnte bringen zu essen. Darum Nita hat geweckt an Donna Trudchen«, legte sich Marietta erklärend ins Mittel.
    »Und deshalb machst du einen solchen Mordsradau? Denkst du denn gar nicht daran, daß man auf seine Mitmenschen Rücksicht zu nehmen hat, Anita? Ganz abgesehen von den alten Großeltern, die ihre ungestörte Nachtruhe notwendig brauchen.«
    »Wenn ich und Jetta haben hungrig, wir gehen zurück nach Sao Paulo«, entgegnete Anita trotzig.
    »Ihr braucht hier nicht zu hungern. Es gab genug zum Abendbrot. Warum habt ihr euch denn nicht satt gegessen?« fragte Frau Annemarie.
    »Wir nicht kennen in Brasilien das Fleischaufschnitt und der Wurst auf Brot für Abendessen. Dort man nicht ißt das«, erklärte wiederum Marietta in entschuldigendem Tone. Sie war stets bemüht, auszugleichen und zu vermitteln.
    »So werdet ihr euch hier daran gewöhnen müssen, meine lieben Kinder. Ich kann

Weitere Kostenlose Bücher