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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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den
Schlupfwinkel zu erfahren! Wegen der Goldbarren, verstehen Sie? Er mußte sie ja
irgendwo abgelegt haben, und zwar ganz in der Nähe seines eigenen Verstecks!
Seit dem 14. Januar hatte er keinen Fuß mehr in seine Wohnung am Boulevard
Péreire gesetzt. Wir hatten keinen blassen Schimmer, wo er seitdem steckte. Wir
nahmen ihn gehörig in die Mangel... äh... Ich meine, wir verhörten ihn
tagelang. Für die Katz! Mitten im... Verhör riß er Witze, machte sich
regelrecht über uns lustig.“
    „Ein richtiger Witzbold, was?“
    „Kann man wohl sagen.“
    „Haben Sie denn die fehlenden Goldbarren zum
Schluß gefunden?“
    „Nein, nie. Nebenbei gesagt... Mir ist nach und
nach eine Idee gekommen. Warum lachen Sie? ... Also, wenn es nun gar kein
Versteck gegeben hat? Ich meine, für die Goldbarren? Mit anderen Worten, wenn
Thévenon nun gar nichts mitgenommen hat? Wenn sich einfach ein nächtlicher
Spaziergänger die Barren geschnappt hat? Wie ich darauf komme? Tja... Als
Thévenon zum erstenmal von dem fehlenden Gold hörte, schien er aus allen Wolken
zu fallen. Erst später hat er angefangen, seine nervtötenden Witzchen zu
reißen.“
    Mit Hilfe von Tabak, Wein und Interesse
erinnerte ich mich so langsam an die Einzelheiten des Falles.
    „Sie haben doch davon gesprochen, daß sich einer
der Banditen der Polizei gestellt hat“, sagte ich. „War das nicht Thévenon?
Wenn ich mich recht erinnere, hat die Falle in der Rue Stinville nicht
zugeschnappt
    „So’n Scheiß-Journalist hat uns die Tour
versaut!“ schimpfte Faroux. Die Erinnerung daran verfärbte sein Gesicht
purpurrot. „Wir hatten alles wunderbar vorbereitet, und da veröffentlicht ein
Käseblatt auf der Titelseite Thévenons Foto... Wegen seiner kleinen
Betrügereien hatten alle Archive eins... Zack! Darunter balkendick: Raffinierter
als Fantomas! Der Mann, der die Banque de France beklaute. Im Präsidium gab
es wohl ‘ne undichte Stelle. Sofort änderten wir unseren Plan. Wir hatten keine
Minute mehr zu verlieren. Häfen und Bahnhöfe werden überwacht, Thévenons Foto
geht samt Steckbrief an Zeitungen und Presseagenturen, an alle Kommissariate,
an alle Spitzel, männlich wie weiblich: Taxifahrer, Zuhälter, Nutten. Eine
Belohnung wird ausgesetzt. Wir haben ihn so gut wie gefaßt. Er kann keinen
Schritt mehr tun, ohne erkannt und angezeigt zu werden. Seine Lage ist
aussichtslos. Und das, was er dann macht, ist das größte Glanzstück, von dem
ich je gehört habe. Gegen den gesamten Polizeiapparat nebst ,freiwilligen’
Mitarbeitern schindet er einen halben Tag Freiheit raus, mitten in Paris. In
einem Taxi fährt er quer durch die Hauptstadt, mit verhangenen Fenstern, den
Revolver im Nacken des Taxifahrers, der ihn erkannt hat „Saß da nicht noch jemand
anders im Wagen?“
    „Ja. Zwanzig Minuten, nachdem er ins Taxi
gestiegen war, läßt er im Bois de Boulogne halten. Eine verschleierte Frau
steigt zu. Mit der verbringt er den Nachmittag. Die beiden machen aus dem Taxi
ein Stundenhotel. Und wenn Thévenon nicht selbst die Waffe auf den Fahrer
richtet, dann tut es die Frau. Leck mich am Arsch! ... ‘tschuldigung... Aber
das waren wirklich zwei ganz Ausgekochte! ... Abends dann steigt die Frau aus.
Thévenon gibt dem Fahrer als Ziel den Quai des Orfèvres an. Oben im Büro
unseres Chefs wirft er seine Waffe auf den Schreibtisch und sagt: ,Hier bin
ich. Ich will die Belohnung kassieren, die auf mich ausgesetzt ist.“ Ein
bühnenreifer Auftritt! Thévenon hat nichts bei sich. Keinen Centime, keine
Papiere. Sein gesamtes Bargeld, rund zweitausend Francs, hat er dem Taxifahrer
gegeben. Dafür soll der nichts von der Frau verraten, die mitgefahren ist. Aber
der Mann hat die Geschichte allen erzählt... War ja auch zu schön!“
    „Ich erinnere mich“, sagte ich schwärmerisch.
„Die Sache mit dem Rückspiegel... Darüber hat sich so manches Ferkel in Paris
totgelacht...“
    „Wir waren davon überzeugt“, fuhr Faroux in
seiner Erzählung fort, „daß Thévenon der Frau das Goldversteck verraten hatte.
Also fahndeten wir nach ihr. Vergebens, die Beschreibung des Taxifahrers war
‘n’ Dreck wert. Und als wir ihm Fotos von Frauen aus dem Bekanntenkreis des
Gangsters vorlegen wollten, war der Mann schon eine volle Woche tot: bei einem
Verkehrsunfall umgekommen! So wurde das Geheimnis der Goldbarren nie gelüftet.“
    „Nichts Verdächtiges? Ich meine, bei dem
Verkehrsunfall...“
    „Nein, nichts. Ein ganz normaler Unfall... So,
das ist die

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