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Nestor Burma in der Klemme

Nestor Burma in der Klemme

Titel: Nestor Burma in der Klemme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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ganze Geschichte“, schloß der Inspektor erleichtert, so als habe er
sich einer lästigen Pflicht entledigt. „Zufrieden? Oder wollen Sie noch was
über einen Mann namens Landru erfahren? Oder über einen gewissen Weidmann?
Verdammt, jetzt laß ich mich schon von meiner eigenen Geschichte mitreißen...
Ist aber auch zu interessant... Wirklich blöd von mir, Ihnen was zu erzählen,
was Sie auswendig kennen... Ja ja, egal. Barton jedenfalls ist jetzt tot. Allem
Anschein nach von Leuten aus der Unterwelt ermordet. Wohl zur Strafe für den
Verrat. Und Kommissar Martinot glaubt, daß er vorher mit Ihnen Kontakt
aufgenommen hat, um sich gegen die Rächer irgendwie zu schützen.“
    Wir legten eine Schweigeminute ein. Ich starrte
auf die Vorhänge vor dem Fenster und ordnete meine Gedanken. Nach der kleinen
Reise in die Vergangenheit waren wir wieder in die Rue Desnouettes
zurückgekehrt, wo sich am 17. März ein Verbrecher hatte abknallen lassen. Mir
lagen noch ein paar Fragen auf der Zunge. Nachdem ich wieder nach dem Kellner
geklingelt hatte — der mußte uns zwei für schöne Saufziegen halten! — , nahm
Florimond das Gespräch, besser gesagt, seinen Monolog, wieder auf.
    Mehrmals zog er seine Uhr aus der Westentasche.
War’s wohl langsam leid, mein Freund. Ich erfuhr aber noch so einiges.
    Im Juni 1940 wurden die Gefangenen aus Caen,
unter ihnen auch Barton, nach Süden transportiert. Der Zug wurde bombardiert. Einige
nutzten die Gelegenheit zur Flucht. Wahrscheinlich auch Barton, den man unter
den Toten vermutet hatte. Das erklärte, warum er seine letzten Tage in Freiheit
genießen konnte, anstatt sie hinter Gittern bei Wasser und Brot fristen zu
müssen. Seine Entlassungspapiere waren ordnungsgemäß in Marseille ausgestellt
worden. Dort lag das Duplikat. Es konnte gut sein, daß die Deutschen ihn nach
seiner Flucht aus dem bombardierten Zug geschnappt und in ein Lager gesteckt
hatten.
    Was den gegenwärtigen Stand der Ermittlungen
anging, so war die Polizei davon überzeugt, daß Bartons Mörder in der Unterwelt
zu finden waren. Blieb nur noch zu klären, welche undurchsichtige Rolle ich
dabei gespielt hatte...
    Kommissar Martinot und seine Leute stießen sich
an der Tatsache, daß weder die zehntausend Francs noch die bescheidenere Summe
in der Hosentasche des Opfers angerührt worden waren. Andererseits bestand kein
Zweifel an der Kaltblütigkeit des Täters. Die Uhrzeit des Verbrechens stand
fest. Das Drama hatte sich ereignet, während ganz in der Nähe Bomben gefallen
waren. Niemand im Haus hatte was Verdächtiges gehört. Es gab keinen Grund, die
Zeugenaussagen anzuzweifeln. Es sei denn, alle Mieter wären taub oder Komplizen
gewesen... Die sparsame Bekleidung Bartons ließ darauf schließen, daß er zwar
nicht beim ersten Alarm weglaufen wollte — wahrscheinlich wegen des Katers,
sich aber doch in Sicherheit bringen wollte, wenn die Gefahr näher kommen
würde. Und genau in diesem Augenblick war der Mörder in die Wohnung
eingedrungen. Wenn er aber gekommen war, um zu stehlen, hätte er ohne weiteres
das Geld gefunden und mitgenommen. Also blieb als einziges Motiv: Rache, und
zwar eine ganz besonders saure.
    „Wir haben ein genaues Bild von dem Täter“,
sagte Faroux und stand auf. „Er kommt aus der Unterwelt. Früher oder später
fassen wir ihn. Früher, wenn Sie reden würden, Burma... Ja, ich weiß, Sie
kannten Barton nicht, Ihre Karte ist nur rein zufällig in seine Tasche gekommen
usw. Martinot wird Ihnen kein Wort glauben. Na ja“, fügte er achselzuckend
hinzu, „Sie sind alt genug und wissen, was Sie zu tun haben. Ich hab Sie
gewarnt, weil alle so wütend auf Sie sind. Zu wütend, wie ich meine. Das wär’s.
Jetzt sind Sie an der Reihe, Burma.“

I.D.U.S.
     
    Wir gingen hinunter ins Bistro. Faroux verabschiedete
sich, und ich rief meine Agentur an.
    Das erste, was ich von Hélène hörte, war ein
tiefes Seufzen. Lag sie gerade in den Armen eines feurigen Liebhabers? Nichts
dergleichen! Es war nur ein Seufzer der Erleichterung. Meine lange Abwesenheit
hatte Hélène beunruhigt. Es gab Neuigkeiten für mich, eine gute und eine
schlechte.
    Meine Sekretärin fing mit der schlechten an: Die
Polizei hatte heute morgen mein Büro und meine Privatwohnung durchsucht. Die
gute Nachricht: Fünf Aufträge waren bei Fiat Lux eingegangen. Ich hatte keine
Zeit, mich selbst darum zu kümmern. Reboul solle das übernehmen, sagte ich. Und
wenn ihm die Arbeit zuviel werde, solle er sich jemanden zur

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