Nett ist die kleine Schwester von Scheiße
sie sich nur einen Ruf als schwierige und humorlose Kollegin schaffen. Ich riet ihr daher, die Männer in ihrer Unverschämtheit zu übertreffen und scharf zurückzuschießen, selbstverständlich sollte sie dabei lachen und so tun, als würde sie gar nicht begreifen, was sie sagt. So würde bei ihren Kollegen der Eindruck geweckt, dass sie jeder Beleidigung gewachsen sei und sich sogar schon auf die nächste freue.
Leider entschied sich meine Seminarteilnehmerin dafür, sich einem Kollegen in der Büroküche anzuvertrauen. Das Ergebnis war genau so, wie ich es vorausgesagt hatte: Daraufhin wollte keiner der Kollegen mehr mit ihr die Mittagspause verbringen.
dritte Regel
Besser, es wird schlecht über
einen geredet als gar nicht
Über Menschen, die wir heimlich bewundern, regen wir uns auf. Über Leute, die uns gleichgültig sind, verlieren wir normalerweise kein Wort. Mitarbeiter sprechen über einen Kollegen, wenn er ihnen zu offen, zu laut, zu selbstbewusst, zu sehr von sich eingenommen, zu kontrollierend, zu rechthaberisch ist – und wie dergleichen Vorwürfe noch lauten können, wenn jemand etwas Besonderes kann oder tut. Marcel Reich-Ranicki riet einmal Elke Heidenreich auf dem Kölner Literaturfestival lit.cologne: »Wenn Sie keine Feinde wollen, dann hätten Sie etwas Normales werden müssen wie Steuerberater oder Hebamme.«
Daher: Wenn Sie mitbekommen, dass über Sie gesprochen wird, sollten Sie sich nicht schämen, sondern stolz sein. Dieser souveräne Umgang mit dem Tratsch der Kollegen wird sicher den einen oder anderen noch mehr reizen, aber die allermeisten werden Sie dafür schätzen.
vierte Regel
Niemals entschuldigen!
Man kann Fehltritte noch schlimmer machen, indem man sich für sie entschuldigt. In Auseinandersetzungen geht es seltener um den angeblichen Stein des Anstoßes. Vielmehr steht eine Neujustierung von Machtverhältnissen im Vordergrund, bei der eine voreilige Entschuldigung einer Kapitulation gleichkäme.
Entschuldigt sich Kate Moss, wenn sie fünf Minuten zu spät zum Interview kommt? Oder Helmut Schmidt, wenn er sich in der Zeit-Redaktion eine Zigarette anzündet? Oder der Fußballspieler Youssef Mohamad, nachdem er seinen Gegner »notgebremst« hat und dafür den schnellsten Platzverweis in der Geschichte der Bundesliga kassiert hat?
fünfte Regel
Sich selber loben
Natürlich haben wir gelernt, dass wir bescheiden warten sollen, bis wir nach unseren Leistungen gefragt werden. Doch wie sollen die anderen von unseren Qualitäten erfahren, wenn wir sie nicht darauf aufmerksam machen? Manche versuchen, ihren Ruf als bescheidene Menschen zu retten, indem sie krampfhaft Situationen herstellen, in denen die Leute wohl oder übel nach ihren Leistungen fragen müssen . Das ist erstens umständlich und zweitens verlogen. Sympathischer ist es, Sie erzählen frank und frei, worauf Sie stolz sind. Loben Sie sich also bei jeder sich bietenden Gelegenheit selbst, beziehen Sie bei Ihren Lobeshymnen allerdings mindestens einen Ihrer Kollegen mit ein – auf den können Sie dann bauen, falls Sie bei dem Rest der Belegschaft in Kritik geraten.
Auch Martin Wehrle, der Autor des »Lexikon der Karriere-Irrtümer« empfiehlt: »Ich bin nicht gegen Teamarbeit, aber Ihre Einzelleistung darf nicht wie Gemüse im Gruppeneintopf verschwinden; sie sollte sichtbar bleiben. Machen Sie publik, was Ihr Anteil an einem Erfolg ist, sprechen Sie über Ihre Ideen, Ihre Lösungen, Ihre Glanztaten. Diese Einzelleistung – und nur sie – ist der Maßstab, wenn es um Ihr Gehalt und Ihre Karriere geht.«
sechste Regel
Politische Korrektheit ist nichts für Sie!
Ängstliche Toleranz bringt niemandem etwas und kommt weder bei Türken, Schwulen, Kindern, Schwarzen, Chinesen noch Rollstuhlfahrern oder Frauen gut an. Auch nicht am Arbeitsplatz. Sich den gängigen »erlaubten« Meinungen zu verweigern, ist hingegen ein Zeichen von Autarkie: Ich sage, was ich über bestimmte Dinge denke und fühle, ganz gleich, ob meine Ansichten gesellschaftlich anerkannt sind oder nicht. Damit machen nicht nur Diskussionen mehr Spaß, es werden auch Tabus gebrochen. Wie das geht, zeigte 2008 das Magazin für Menschen mit Behinderung RehaTreff , das in der Heftmitte mit dem Spiel »Schlag den Behindi« auf falsche Rücksichtnahme mit Menschen mit Behinderung aufmerksam machte.
Wer einen weiteren Beweis für diese These braucht, muss nur in den türkischen Supermarkt in Berlin-Neukölln am Hermannplatz gehen. Dort gibt es einen
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