Neue Schuhe zum Dessert
gewesen, als ich regelmäßig in die Apotheke kam.
Ich sah ihn jetzt seltener, was nicht nur daran lag, dass Mam nicht mehr so viele Medikamente brauchte. Nein, als die kleinen Flirts mit Johnny mehr Bedeutung zu erlangen schienen, dachte ich darüber nach. Ich war zwar mittelmäßig verrückt, aber ich hatte einen Moment der Klarsicht und erkannte, dass Owen eindeutig mein Freund war. Obwohl es mit uns dauernd auf und ab ging und ich für uns keine Zukunft sah, wollte ich ihn doch, solange es dauerte, fair behandeln – wie eine Erwachsene oder eine nicht egoistische Person oder so. Johnny war wahrscheinlich Ähnliches durch den Kopf gegangen, denn als ich das nächste Mal in die Apotheke kam, sagte er: »Und wie geht es Ihrem Nicht-Freund?«
Ich wurde rot. »Gut.«
»Sie sehen sich noch?«
»Ja.«
»Aha.« Das Wort sprach Bände, wie man so sagt.
Er fügte nicht hinzu, dass er keinem zu nahe treten wollte, aber es war klar, dass er das meinte. Und dass er das seiner Selbstachtung schuldig war. Also nahmen wir in gegenseitigem Einverständnis Abstand voneinander.
Außerdem war das, was uns verbunden hatte – unsere Isolierung von der restlichen Welt – kein Faktor mehr. Ich hatte wieder ein eigenes Leben, aber obwohl ich wusste, dass es verrückt war, kam es mir dennoch so vor, als hätte ich ihn sitzen gelassen.
Manchmal, wenn ich mit Owen durch die Bars zog, sah ich Johnny und er mich, und er lächelte mir dann zu, aber er kam nie rüber. Einmal sah ich ihn mit einer Frau. Das heißt, er war mit vielen Leuten unterwegs, aber er stand besonders nah neben einer. Sie sah nett aus und hatte einen echt coolen Stufenschnitt, und ich gebe zu, dass ich eifersüchtig war, aber das konnte auch wegen des Stufenschnitts sein. Als ich ihm das nächste Mal begegnete, war sie nicht dabei, und vielleicht hatte ich mir alles nur eingebildet.
Meistens verhielt ich mich vorbildlich: Ich achtete unsere Entscheidung. Einmal, als ich eine Woche lang wegen Mams Medikamenten dauernd in die Apotheke musste, fuhr ich in eine andere. Aber gelegentlich suchte ich mir einen Vorwand und ging zu ihm – ich bin schließlich nicht Gandhi. Er war wie Strawberry-Cheesecake-Eis von Häagen Dazs, also verboten, aber deswegen überfiel mich manchmal ein emotionaler Hunger, ähnlich dem richtigen Heißhunger, den ich vor der Periode bekam. Die gleiche unbremsbare Macht, die mich zwang, den Kühlschrank aufzureißen und eine ganze Packung auf einmal zu verschlingen, zwang mich auch, einen Vorwand zu finden und zu Johnny in der Apotheke zu fahren, um ein Glas mit Zinktabletten zu kaufen (zum Beispiel). Aber anschließend hatte ich immer ein ungutes Gefühl. Er war höflich, sogar gesprächig, aber das Gefühl der Erregung zwischen uns war verschwunden – und das lag daran, dass er Anstand und eine beträchtliche Portion Selbstachtung hatte. Aber niemand ist perfekt.
»Mam.« Ich unterbrach sie mitten in einer Geschichte von einer Frau, die den Richtigen verpasst hatte, obwohl er unmittelbar vor ihrer Nase in seinem Pelz getanzt hatte. »Brauchst du was von der Apotheke?«
Sie überlegte. »Nein.«
»Solltest du vielleicht die Dosis deiner Antidepressiva erhöhen?«
»Um ehrlich zu sein, ich dachte, ich würde mal versuchen zu reduzieren.«
»Ah. Ach so.«
Mist. Ich würde trotzdem fahren.
Echinacin, beschloss ich. Das war ein gutes Mittel, besonders um diese Jahrezeit. Johnny begrüßte mich mit einem Lächeln, als ich ankam, aber das machte er mit jedem, auch mit den alten Männern, die am ganzen Körper Schuppenflechte haben.
»Welches Gift soll es sein?«, fragte er.
»Echinacin.«
»Erkältet?«
»Ehm, nein. Zur Vorbeugung.«
»Sehr vernünftig. Da haben wir ziemlich viel zur Auswahl.«
Mist.
Er zählte auf, was er hatte, flüssig oder in Kapseln, mit oder ohne Vitamin C, bis es mir Leid tat, dass ich nicht etwas Einfacheres verlangt hatte.
»Viel zu tun?«, fragte ich, weil ich wollte, dass er sich umdrehte und mit mir sprach.
»O ja, die sechs Wochen vor Weihnachten sind die schlimmsten.«
»Bei mir auch. Wie geht es Ihrem Bruder?«
»Viel besser, aber er muss viel Krankengymnastik mit seinem kaputten Bein machen, was ihm keinen Spaß macht.«
Ich sagte teilnahmsvoll »Aha«, dann machte ich »Oh!«, als wäre mir gerade etwas eingefallen, und zog den Buchumschlag aus meiner Handtasche. »Ich dachte, Sie würden sich das gern anschauen.«
»Was ist das? Der Umschlag zu Ihrem Buch?« Er strahlte. Er freute
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