Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd
Kriegsdienstverweigerung gestellt habe!« wiederholte Frank seinen letzten Halbsatz.
»Wo jetzt, das verstehe ich nicht, welches Gerüst?«
»Na im Heinrich-Imbusch-Weg, rede ich denn hier umsonst?«
»Weil ich einen Antrag auf Kriegsdienstverweigerung gestellt habe!« ließ Frank nicht locker.
»Kriegsdienstverweigerung?« reagierte sein Vater endlich. »Du?«
»Ja, ich!«
»Wie geht das denn? Du bist doch beim Bund!«
»Das geht immer«, sagte Frank, »das ist ein Grundrecht.«
»Ihr hört ja überhaupt nicht zu«, sagte seine Mutter und leckte sich die Finger ab. »Ich hol mal Servietten.«
»Martha, jetzt verweigert er«, rief Franks Vater Franks Mutter hinterher, die in diesem Moment aus dem Wohnzimmer ging, wohl auf der Suche nach Servietten, weshalb sich Franks Vater gleich wieder Frank zuwandte und sagte: »Alle Achtung, da gehört aber wirklich Mut zu, das hätte ich dir gar nicht zugetraut!«
Das gefiel Frank nun auch wieder nicht. Kann man denn nichts machen, ohne sich irgendeine Beleidigung anhören zu müssen, dachte er, können sie einen nicht einmal loben, ohne gleich eine Beleidigung hinterherzuschieben, dachte er und wollte schon etwas Böses erwidern, als seine Mutter mit Servietten zurückkam, mit Papierservietten aus dem Imbiß, wie Frank entsetzt bemerkte, aber seine Mutter erklärte das nicht einmal, entschuldigte sich auch nicht, sie reichte ihnen nur die Papierservietten und sagte: »Hier, nehmt auch mal eine, und faßt erstmal sonst nichts an.«
»Er verweigert«, sagte sein Vater, und es klang freudig erregt, »stell dir nur vor, er verweigert.«
»Jaja«, sagte seine Mutter, »was ich sage, das will ja keiner hören, aber sobald er sagt, daß er verweigert … was denn überhaupt verweigert?«
»Na die Bundeswehr!«
»Verstehe ich nicht«, sagte Franks Mutter, »er ist doch schon dabei, was gibt’s denn da noch zu verweigern?«
»Das darf man immer«, warf Frank ein, »das ist ein Grundrecht. Und wieso hast du mir das nicht zugetraut?« fragte er seinen Vater.
»Was hast du ihm nicht zugetraut?« sagte seine Mutter.
»Gar nichts«, sagte sein Vater.
»Du hast gesagt, du hättest mir das nicht zugetraut«, erinnerte ihn Frank.
»Das hast du gesagt?« sagte seine Mutter.
»Naja, ich meinte ja bloß, daß ich damit eigentlich nicht mehr gerechnet hatte, daß du das machst, wo du doch vorher seelenruhig da hingegangen bist«, sagte sein Vater.
»Wieso seelenruhig?« sagte Frank. »Seit wann bin ich seelenruhig da hingegangen? Seit wann habe ich überhaupt mal irgend etwas in meinem Leben seelenruhig getan«, fügte er hinzu, merkte aber sogleich, daß das kein gutes Argument war. »Egal«, sagte er deshalb, »jedenfalls konnte da von seelenruhig ja wohl keine Rede sein, als ich zum Bund gegangen bin.«
»Wovon redet ihr denn da überhaupt?« sagte seine Mutter. »Ich glaube, ich hole mal ein bißchen Brot, das ist mir alles ein bißchen zu fettig mit den Hähnchen hier«, sagte sie und stand wieder auf und ging wieder hinaus.
»Was hat sie denn dauernd?« fragte Frank seinen Vater.
»Ich weiß auch nicht«, sagte sein Vater, »seit sie diese Arbeit hat, ist sie irgendwie nervöser als früher.«
Franks Mutter kam zurück und setzte sich wieder hin. In der Hand hielt sie drei Scheiben Graubrot, die sie jetzt verteilte.
»Die machen wir in der Friteuse«, sagte sie und zeigte dabei auf die Reste ihres Hähnchens, »die kommen vorgegrillt, und dann tut man die in die Friteuse.« Sie schaute auf ihren Teller. »Gut ist das nicht. Wo war ich stehengeblieben? Ach ja, was der Pastor gesagt hat … «
»Ich brauche eure Hilfe«, unterbrach sie Frank, der das Gefühl hatte, langsam mal zur Sache kommen zu müssen, »ich brauche von euch eine Zeugenaussage, daß der Kriegsdienst mit der Waffe und so weiter bei einem wie mir nicht mit dem Gewissen vereinbar ist, gerade wegen dem, wie ihr mich aufgezogen habt und so weiter.«
»Verstehe ich nicht«, sagte sein Vater, »was wollen die da denn mit einer Aussage von den Eltern, ich meine, ist doch klar, daß die Eltern das behaupten würden, da kann ja jeder kommen.«
»Eben nicht jeder. Die Eltern sind immerhin die Eltern«, sagte Frank.
»Ja, aber die sind doch befangen«, sagte sein Vater. »Was sollen die denn auch sonst schreiben? Daß sie ihren Sohn zum Militaristen erzogen hätten? Das würde doch heute sowieso keiner mehr zugeben.«
»Was weiß ich«, sagte Frank. »Ich habe einen Ratgeber, da steht das drin. Es ist ja
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