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Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd

Titel: Neue Vahr Süd: Neue Vahr Süd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sven Regner
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gehorsam Meldung machen wollte, einfach lässig weiterschickte, schämte er sich ein bißchen, es war ihm peinlich, daß er freiwillig den Gruß und die Meldung »Pionier Lehmann, melde mich wie befohlen« hatte loswerden wollen, er hatte sich diesen Satz sogar auf dem Weg zur Kompanie extra zurechtgelegt und ein bißchen geprobt, man muß aufpassen, daß man kein Schleimer wird und jeden Scheiß mitmacht, dachte er und öffnete die Tür zum Büro des Kompaniechefs.
    »Guten Tag«, sagte er unsicher in das Halbdunkel hinein, das dahinter lag. Der Kompaniechef, für ihn nur schemenhaft am Ende des Zimmers hinter einem Schreibtisch zu erkennen, stand auf und brüllte: »Raus! Raus, anklopfen, hereinkommen, Meldung machen.«
    Frank stutzte.
    »Aber ganz schnell«, brüllte der Kompaniechef. »Schon weg sein. Schon wieder hier sein!«
    Frank ging schnell wieder hinaus und schloß die Tür. Der Spieß sah ihn erwartungsvoll mit hochgezogener Augenbraue an und sagte nichts. Frank klopfte an die Tür des Kompaniechefs.
    »Herein.«
    Frank betrat wieder den halbdunklen Raum. Er schloß sorgfältig die Tür hinter sich, jetzt wenigstens nicht hektisch werden, dachte er, jetzt bloß irgendwie ruhig bleiben.
    Er ging in Grundstellung, grüßte und sagte seine Meldung auf.
    »Kommen Sie mal etwas näher«, sagte der Kompaniechef und setzte sich wieder hin. Frank ging vorsichtig weiter in den Raum hinein, draußen war es gleißend hell gewesen, aber hier waren die Jalousien heruntergelassen, und seine Augen gewöhnten sich nur langsam an das trübe Halbdunkel. Etwa einen Meter vor dem Schreibtisch blieb er stehen.
    »So, Sie sind also dieser Pionier Lehmann, nicht wahr? Der neue Vertrauensmann! Sie sollen ja ordentlich eine dicke Lippe riskiert haben. Hauptfeldwebel Tappert ist ganz begeistert von Ihnen. Naja … - wenn’s euch glücklich macht …«
    Der Hauptmann machte eine kleine Pause, und Frank wußte nicht, was er sagen sollte. Das ist ein Problem, dachte er, wenn sie so vor sich hin plaudern, man weiß nicht, was man dazu sagen soll, dachte er, es ist wie beim Zahnarzt, dachte er, sie reden und reden, und man selbst kann nicht antworten.
    »Habe mich über Sie erkundigt«, fuhr der Hauptmann endlich fort. »Alles ein bißchen seltsam. Was haben Sie nochmal gelernt?«
    »Speditionskaufmann.«
    »Speditionskaufmann wie?«
    »Speditionskaufmann, Herr Hauptmann.«
    »Schon besser. Sie lernen das noch. Lernen alle irgendwann. Alles ein bißchen rätselhaft mit Ihnen, Lehmann. Speditionskaufmann. Frage mich, was Sie dann bei den Pionieren machen. Will mal hoffen, daß Sie keiner von diesen Politvögeln sind, die werden immer gerne zu den Pionieren geschickt. Naja, und wenn schon, da werden wir auch noch mit fertig.«
    Frank verstand nicht wirklich, was der Mann da redete, er war sowieso ein komischer Typ, fand Frank, er sah ihn auf seltsame Weise, mit eigentümlich halbgeschlossenen Augen, von unten herauf an, dazu der abgedunkelte Raum, und erst das Gebrüll, dann dieses wirre Geplauder, für Frank ergab das alles keinen Sinn. Er wich dem Blick des Hauptmanns aus, indem er die Augen wieder unscharf
    stellte.
    »Politvögel …«, sagte der Hauptmann unterdessen versonnen, »Politvögel … Egal!« Er gab sich sichtlich einen Ruck. »Hören Sie zu, Lehmann! Die Sache ist ganz einfach. Einer Ihrer Kameraden, Pionier Reinboth, ist Montag früh nicht zum Dienst erschienen. Wir haben ihn mit den Feldjägern abholen lassen. Das ist unerlaubte Abwesenheit, das brauche ich Ihnen nicht zu erklären. Und ihm auch nicht. Ich muß jetzt eine Disziplinarstrafe aussprechen, und vorher brauche ich eine Stellungnahme von Ihnen.«
    Der Hauptmann schwieg und sah ihn erwartungsvoll an. Frank sagte nichts.
    »Haben Sie mich verstanden?«
    »Ja«, sagte Frank.
    »Wie heißt das?«
    »Ja, Herr Hauptfeld.«
    »Hauptmann, Sie armer Mensch, Hauptmann, nicht Hauptfeld.«
    »Endschuldigung, Herr Hauptmann«, sagte Frank.
    »Macht nichts«, sagte der Hauptmann, was Frank nun gar nicht mehr verstand. Hier wird mehr und mehr geblödelt, dachte er. Der Hauptmann kniff die Augen zusammen. »Was schauen Sie mich eigentlich so komisch an?«
    »Ich?«
    »Sie schauen aus der Wäsche, als würden Sie irgendwelche Drogen nehmen oder was … «
    Frank stellte die Augen wieder scharf. Die Sache hat einen anderen Effekt, als Leutnant Beierlein dachte, dachte er.
    »Nein.«
    »Nein was?«
    »Nein, Herr Hauptmann.«
    Der Kompaniechef seufzte. »Lassen wir das. Ich

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