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Neue Zeit und Welt

Neue Zeit und Welt

Titel: Neue Zeit und Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Kahn
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Flügel zu besitzen, die seltsamen, kleinen Krallenhände an ihren Enden. Rot, golden, grün. Auch an ihrem Rücken, hinauf bis zum Hals, als stolzer Federschmuck über ihrem Kopf grell burgunderrot gespreizt. Ihr Schnabel war länger, die Lippen darunter wirkten voller. Ihre Augen sprühten schwarzes Feuer.
    »Willkommen, Schöpfer.« Sie sandte ihm etwas Neues zu, dickquellend, verworren. Josh kam sich beinahe betäubt vor.
    »Hallo. Wie geht es dir?«
    »Ich bin mächtig. Du hast etwas sehr Potentes geschaffen, als du mich erzeugt hast. Du solltest dich freuen. Komm, berühr deine Schöpfung. Befühle, was du geschaffen hast.«
    Josh zögerte betroffen.
    »Was … was meinst du?«
    »Komm, berühr mich, Schöpfer, sieh, was du … Warte, warum weist du mich ab? Du ziehst dich zurück … Was ist das? Was hast du … Du hast etwas mit mir gemacht. Was war das?«
    Ihre Gedanken waren streng geworden.
    Josh zuckte zurück.
    »Ich … Ich habe gar nichts …«
    Sie sprang auf die hohe Rückenlehne des Throns und hockte dort, böse funkelnd.
    »Was hast du mir angetan? Du verbirgst etwas, du hältst es vor mir geheim … was ist es? Du musst es mir sagen, du kannst es nicht verbergen, deine Gedanken sind verschwommen, aber deine Schuld ist klar.«
    Josh duckte sich unter dem durchbohrenden Blick.
    »Ich, ich weiß nicht, sie hat etwas von Klonen gesagt, glaube ich, ich …«
    »Klone? Was ist mit Klonen? Wer, sie? Wer hat das gesagt, wer?«
    »Jasmine. Sie sagte, sie wollte deine Zellen, für den Fall …«
    »Sag es! Sag, was du getan hast!«
    »Wir haben deine Zellen an uns gebracht«, flüsterte er. »Ich weiß nicht genau, warum.«
    Das Kind sah ihn düster an, verwundert.
    »Wer ist diese Jasmine, die meine Zellen haben will?«
    »Eine Freundin, sie ist eine Freundin von …«
    »Ich werde sie töten.«
    »Nein!« stieß Josh hervor. »Du darfst ihr nichts tun, du hast es versprochen! Du hast geschworen, dass du mir und den Meinen nichts tust. Und sie gehört zu mir. Ich verbiete dir, ihr etwas anzutun!«
    Sie schwankte auf der Lehne hin und her. Die Luft knisterte.
    »Warum willst du mich klonen?« sagte sie schließlich. »Bin ich so ungeliebt? Willst du mir Böses antun?«
    »Wir wollen dir nichts antun, wenn du die Absicht hast, in der Welt Gutes zu bewirken.«
    »Aber ein Klon! Damit er mit mir kämpft? Das wäre ein Kampf, bei dem der Planet verbrennen würde. Den Kampf würdet ihr alle verlieren, Schöpfer.«
    »Vielleicht, damit er mit dir in deiner eigenen Sprache vernünftig redet.«
    »Ah, in der Sprache des Elektrons zu reden, in der des Wellenpartikels. Wie primitiv sind im Vergleich dazu eure Wörter. Was für Nuancen euch entgehen, was für Tiefen, könnt ihr euch nicht einmal vorstellen. Mein Klon! Mutter-Äther, was für ein Gedanke! Ich wäre nie mehr allein. Meine Schwester, meine Braut. Mein Ich.«
    »Ich … ich weiß nicht, ob …«
    »Ich kann mich jetzt besser konzentrieren, weißt du. Ich weiß, wie … wenn ich nur wüsste, was.«
    »Du brauchst Gesellschaft, glaube ich«, sagte Josh. »Jemanden, mit dem du reden kannst.«
    »Du durchschaust mich, nicht wahr?« Sie starrte ihn scharf an.
    »Was meinst du …?«
    »Du kennst mein Inneres.«
    »Ich kenne deine Wirrnis. Ich kann deine Qual spüren.«
    »Vater, was soll ich tun?«
    »Was willst du tun?«
    »Ich denke daran, alles zu vernichten.«
    »Warum? Warum willst du –?«
    »Um allein zu sein. Ich fühle mich so allein – und da ist es nur recht, wenn ich wirklich allein bin.«
    »Ich bin dein Freund«, sagte er nach einem kurzen Zögern.
    Sie sträubte die Federn und beruhigte sich wieder.
    »Du … du gibst mir Hoffnung. Auch mit der Erwähnung dieses Klons. Mein Klon würde mich kennen … aber vielleicht wäre es dasselbe, wie ganz allein zu sein. Ich spreche schon mit mir selbst.«
    »Es ist anders, wenn eine zweite Stimme antwortet.«
    »Und der Klon würde mich nicht hassen, nicht wahr? Die anderen hassen mich alle. Weil sie mich nicht verstehen. Alle haben Angst vor mir. Ich erschrecke mich manchmal selbst. Aber du hasst mich nicht, oder?«
    »Nein.«
    »Bin ich so hassenswert?« Sie flatterte von der Thronlehne auf den Boden und stand vor ihm, Auge in Auge – sie waren jetzt gleich groß. Sie legte die dünnen Finger an seine Wange.
    »Nein«, flüsterte er, »ich hasse dich nicht …«
    Sie küsste ihn auf den Mund. Ihre vollen, weichen Lippen pressten sich auf die seinen, ihre lange, dünne Schlangenzunge fand die seine,

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