Neue Zeit und Welt
Bescheid. Und jetzt …« Aber sein Satz ging in einem heftigen Hustenanfall unter, in dessen Schutz die beiden Freunde das Haus verließen. Unterwegs warfen sie einen Blick in einen großen Raum an der Rückseite des Hauses: Fünf Matten waren am Boden ausgebreitet. Auf einer schlief ein junger, weiblicher Zentaur friedlich, die Hinterbeine von Verbänden umwickelt; auf einer anderen warf sich ein Wolfsmensch hin und her, der Leib von Kopf bis Fuß mit einer bläulichen Salbe bestrichen.
»Seltsame Wesen«, sagte Beauty, als sie den Hafen erreichten. »Vertraust du auf seine … Fähigkeiten?«
»Oh, er kann etwas, er weiß, was er tut«, gab Aba zurück. »Ein bisschen verschrobener, als ich ihn in Erinnerung hatte …«
»Hm. Jetzt sind wir hier. Ich brauche etwas zu essen und ein Bett. Kennst du eine Unterkunft?«
Aba kannte eine Unterkunft. Es war ein zweistöckiges Gebäude, zurückgesetzt am Hafen – weniger laut als unmittelbar über den Docks; ein wenig Ruhe schien möglich zu sein. Sie fanden das Haus nicht gleich, erkundigten sich aber nach dem Weg – Aba hatte dort vor Jahren mit seinem Vater übernachtet und glaubte noch genau zu wissen, wie es aussah –, bis sie endlich zu einem Gebäude gewiesen wurden, das mehr oder weniger dem in Abas Kindheitserinnerung entsprach. Er war zufrieden.
Die Hausmeisterin war eine fröhliche orientalische Frau mit gespaltenen Hufen, die von Aba auf der Stelle begeistert zu sein schien. Sie zwinkerte ihm zu und fragte, ob er wünsche, dass man ihm einen Menschen aufs Zimmer schicke, um sein Blut zu wärmen. Als er ablehnte, schien sie verletzt zu sein, fasste sich aber bald wieder, nahm sein Geld, zwickte ihn ins Gesäß und machte sich auf den Weg, ihre Zimmer herzurichten.
»Aber du musst inzwischen doch hungrig sein«, sagte Beauty zu dem Vampir, als sie in der Diele standen und warteten.
»Ein bisschen«, gab Aba zu. »Aber ich würde in einer solchen Stadt von keinem trinken, wenn ich nicht am Verhungern wäre – hier hat fast jeder die Pocken oder die Gelbsucht.«
Beauty nickte bestätigend und schwieg. Die Hausmeisterin kam bald zurück und zeigte ihnen ihre Zimmer – klein, nebeneinander, am Hauptkorridor, mit Matten auf dem Boden. Neben jeder Matte standen eine Kerze und eine Flasche Wein.
»Das erste Getränk geht auf Kosten des Hauses«, sagte die Frau fröhlich, zwickte Aba noch einmal und ging.
Sie betraten Abas Zimmer. Der Vampir legte sich auf seine Matte und öffnete die Weinflasche.
»Ein Schluck davon kann nichts schaden – ich bin völlig verkrampft.« Er trank einen Schluck aus der Flasche und bot sie Beauty an.
Der Zentaur schüttelte den Kopf.
»Ich bin so müde, dass ich im Stehen schlafen könnte.« Er öffnete die Verbindungstür und betrat sein eigenes Zimmer. »Wir können uns am Nachmittag nach Mietbooten umsehen. Träum gut.« Er schloss die Tür.
»Geh guten Blutes«, rief ihm Aba nach, hörte Beauty noch sagen: »Auf bald«, war aber schon zu schläfrig, um mehr wahrzunehmen.
Es war Beauty, der nicht schlafen konnte. Er war zu erschöpft, lag in seinem Zimmer am Boden und starrte auf den zerfetzten Vorhang, der im Wind hin- und herwehte. Nach einer Stunde sah er ein, dass Bruder Schlaf heute schüchtern war, und wusste aus Erfahrung, dass es in solchen Augenblicken am besten war, nicht hinter ihm herzujagen.
Er stand auf, hängte sich den Langbogen über die Schulter und öffnete die Verbindungstür, um festzustellen, ob es Aba genauso erging wie ihm. Der Vampir lag aber in der Ecke und schlief fest. Beauty verließ leise den Raum und machte sich auf den Weg zu den Kais, auf der Suche nach Nahrung.
Im Hafen wimmelte es von Wesen aller Art. Die Geräusche ihrer Zusammenstöße und Vereinigungen wurden lauter und leiser, beinahe wie Musik, und zum ersten Mal in seinem Leben konnte Beauty verstehen, warum manche Geschöpfe das Leben in der Stadt jedem anderen vorzogen.
Er schlenderte den Kai hinunter und schnupperte an den Gerüchen der Straßenverkaufsstände: Hibachi-Echsenbissen, auf Spießen gebraten; geröstete Lichinüsse, Mandeln, Borokeime, Ksilinüsse; Plantanos in Tamari und braunem Zucker gedünstet; eingelegte Taubenköpfe; in Honig gebratene Dschungelkäfer. Jeder Verkäufer pries Beauty seine Waren an und behauptete die unübertroffene Köstlichkeit gerade seiner Delikatesse. Der Zentaur kaufte einen Echsenspieß und zwei Plantanos, dazu einen Becher Bambuswein, setzte sich hochzufrieden an einen Steg
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