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Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity

Titel: Neugier ist ein schneller Tod - Neugier ist ein schneller Tod - A Mortal Curiosity Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ann Granger
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anders. Uns gegenüber saßen zwei Landfrauen und beobachteten ihn mit etwas, das Entsetzen ziemlich nahekam. Eine der beiden beugte sich zu ihrer Freundin vor, strich mit einem dicken Zeigefinger über ihr Kinn und formte mit den Lippen die Worte: »Das Kinn hochgebunden wie bei einem Toten!«
    Es dauerte eine gute halbe Stunde bis zur anderen Seite, und ich genoss meine erste Seereise sehr. Im Kanal herrschte reger Verkehr; zahlreiche kleine Fahrzeuge waren unterwegs. Die größeren, Postschiffe und Passagierfähren und Handelsklipper, lagen vor Anker und warteten auf Hochwasser. Schließlich wurden die Schaufelräder langsamer, und eine weitere Glocke läutete, die das Ende unserer Überfahrt ankündigte. Ich bedauerte, dass die Schiffsreise zu Ende ging. Noch mehr bedauerte ich unsere Ankunft, als ich diese Anlegestelle erblickte. Auf der Seite von Southampton hatte es wenigstens einen Pier und eine Landebrücke gegeben. Auf der Seite von Hythe sah ich lediglich eine weit in das streng riechende Gewässer hinausragende aufgeschüttete Landzunge mit einem Pfad darauf. Am Kopfende der Landzunge war das Wasser auch bei Ebbe tief genug für unser Fährschiff zum Anlegen. Ein Seemann stand dort und wartete auf uns.
    Es half alles nichts, wir mussten irgendwie auf den unsicheren Pfad hinunter und, beladen mit unserem Gepäck, einen Weg auf Terra firme finden. Es sah gefährlich aus, und man muss mir meine Bestürzung angesehen haben, denn ein älterer, rotgesichtiger Landbewohner, der neben mir stand und wartete, unternahm einen Versuch, mich aufzumuntern.
    »’s ist nicht so schlimm, wie’s aussieht, Ma’am«, sagte er. »Ich hab noch nie jemanden reinfallen sehn, bis auf zwei Mal, und einer davon war bis zum Kragen voll mit Alkohol. Hier, mein Junge wird Ihnen mit Ihrem Gepäck helfen. Obadiah, nimm den Koffer der Lady!«
    »Wir sind Ihnen sehr verbunden«, sagte Dr. Lefebre.
    Unser Informant beugte sich vor und sagte in vertraulichem Ton: »Wir brauchen einen Beschluss vom Parlament, Sir.« Er sprach jede einzelne Silbe überdeutlich aus.
    Selbst Lefebre sah ihn erstaunt an. »Tatsächlich?«
    »Ja, Sir. Wir brauchen einen richtigen Pier, wie sie ihn auf der Seite von Southampton haben. Dann könnte die Fähre hübsch ordentlich festmachen, und wir bräuchten die Landzunge nicht mehr. Wir wartenschon seit Jahren darauf, dass wir einen kriegen, aber wir brauchen einen Beschluss vom Parlament, damit er gebaut wird. Man hat uns versprochen, dass wir ihn kriegen, sobald die Gentlemen im Parlament genügend Zeit finden, um über unser Problem nachzudenken. Wir haben große Hoffnung, Sir.«
    Unser Kapitän manövrierte den tapferen kleinen Dampfer längsseits neben die Landzunge. Albert erschien und mühte sich ab, den Laufsteg loszubinden, um ihn sodann durch das geöffnete Tor in der Reling zu schieben, bis er von dem Seemann an Land in Empfang genommen und in den Schotter gerammt wurde. Die ersten, erfahreneren Passagiere stiegen wenige Sekunden später über den Laufsteg nach unten. Wir folgten ihnen, einer nach dem anderen, während Albert uns über die Planke in die Arme des am Ufer wartenden Mannes schob. Er fing uns auf und versetzte uns einen weiteren entschlossenen Schubs in Richtung des Ufers. Irgendwie kamen wir alle heil unten auf dem Schotter an. Ich hielt meine wehenden Röcke mit beiden Händen. Nasser Schotter knirschte unter meinen Füßen. Vor mir wankte eine kräftige Frau mit einem Weidenkorb im Arm, hinter mir kam Dr. Lefebre, der mich mit aufmunternden Worten zu ermutigen trachtete. So stolperte ich wenig elegant über den Schotterpfad und verspürte größte Erleichterung, als ich endlich den gemauerten Kai erreicht hatte.
    Reisende von New Forest nach Southampton hatten sich dort versammelt und warteten, dass die Aussteigenden an Land gingen. Sobald die schmale Landzunge frei geworden war, strömten sie geschäftig nach unten in der Absicht, unser Fährschiff zu besteigen. Bald schon würde es ablegen und zu einem immer kleineren schwarzen Fleck werden, bis es sich ganz der Sicht entzog. Plötzlich kam mir der Gedanke, dass ich zwar von vielen Menschen umgeben war, mich nichtsdestotrotz aber fühlte wie Robinson Crusoe an einem fremden Ufer. Ich kannte niemanden hier mit Ausnahme meines merkwürdigen Reisebegleiters.
    Unser Gepäck wurde an Land gebracht, und Dr. Lefebre bedankte sich mit einem Sixpence bei Obadiah. Dessen Vater protestierte, dass dies nicht erforderlich wäre, doch Obadiah

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