NeuGier
beharrte sie und wollte sich von ihm lösen. »Lass uns einfach zum Strand gehen!«
Jackson gab ihre Hand nicht frei. Er löste das Tuch, das Kate über der Hüfte um ihre Tunika gebunden hatte und wollte es vor ihre Augen legen. Abermals wich sie zurück.
»Vertrau mir«, raunte er, also zwang sie sich, stillzuhalten.
Jackson verband ihr die Augen und nahm sie wieder bei der Hand. Kate, die geglaubt hatte, er wolle einen weiteren Versuch unternehmen, mit ihr auf der Straße zu tanzen, reagierte endgültig verunsichert, als er sie mit sich führte.
»Achtung, jetzt kommen Stufen«, hörte sie ihn sagen.
»Jackson, wohin gehen wir?«
»Tanzen.« Behutsam aber bestimmt zog er sie weiter.
»Jackson … Ich …«
»Vertrau mir einfach, Cherie. Sonst tust du es doch auch.«
Kate biss sich auf die Lippe und ließ sich von ihm weiterführen. Neben der lauter werdenden Musik vernahm sie Stimmen und das Klappern von Besteck auf Porzellan. Ihre Befürchtung bewahrheitete sich: Sie waren in diesem Restaurant, inmitten dieser noblen Gesellschaft. Ein Wunder, dass sie eingelassen wurden, so leger, wie sie gekleidet waren – und überhaupt … ihre Augen waren verbunden.
Jackson war plötzlich nicht mehr bei ihr. Kate verschränkte die Finger vor ihrem Bauch und fühlte sich absolut unwohl. Mit der Musik verstummten die Stimmen und das Geklapper. Schon wollte sie das Tuch abziehen, da spürte sie ihn hinter sich. Er umfasste ihre Seiten und küsste den Hals unterhalb ihres Ohres.
Die Violinen begannen zu spielen, zwei oder drei waren es. Zwischen ihren hellen Tönen vernahm Kate die dunklen eines Kontrabasses. Jackson ging um sie herum, legte eine Hand an ihren Rücken und ließ die andere über ihren Arm zur Hand wandern. Dann zog er sie an sich und fiel in einen Schritt, der leicht war und mehr ein Wiegen.
»Lass dich gehen!«, sagte er, und als sei das ein Zauberspruch, fiel alle Steifheit von Kate ab. Plötzlich war es ganz leicht, es ging wie von allein – und das, obwohl sie nichts sah.
Eben hatte sie sich an den sanften Rhythmus gewöhnt und träumte sich mit ihm fort, da setzte das Piano ein und die Stimmen der Geigen schlugen einen Ton an, der den Charakter des Stücks grundlegend veränderte. Jackson zog ihr Becken an seine Hüfte und beugte sie so rasch nach hinten, dass Kate einen leisen erschrockenen Laut äußerte. Doch schon stand sie wieder aufrecht und drehte sich mit ihm. Sie wusste nicht, was es war, das da von ihr Besitz ergriff, und konnte auch nicht sagen, ob es von der plötzlichen Dramatik des Stücks, das sie mittlerweile als Tango erkannte, ausgelöst worden war oder von Jacksons Nähe. Sie spürte ihn so intensiv wie nie zuvor, fühlte seinen Blick auf sich und die Wärme, die sein Körper ausstrahlte. Sein Duft berauschte sie und sein warmer Atem auf ihrer Stirn raubte ihr den Verstand.
Ich werde ihn nie wieder loslassen können, schoss es ihr durch den Kopf und sie meinte, zur gleichen Zeit lächeln und weinen zu müssen. Das Bewusstsein darüber, dass sie ins Bodenlose fallen würde, wenn Jackson sie gehen ließ, beschwor ein Ziehen in ihrer Brust. Sie wollte es wegatmen, doch bekam keine Luft.
So sachte der Tango begonnen hatte, so sachte endete er. Als die letzte Violine schwieg, küsste Jackson Kates Wange und löste das Tuch von ihren Augen. Er strahlte sie an und küsste sie abermals, auf den Mund diesmal.
Dass die Restaurantbesucher ihre Tanzeinlage mit Beifall belohnten, bemerkte Kate erst, als Jackson sie nach draußen führte. Hand in Hand eilten sie zum Strand. Inzwischen hatte sich ein Wind aufgemacht und der Himmel über dem Meer war beinahe nachtschwarz. In der Ferne zuckten Blitze über das Wasser.
Es war nicht das Wetter, das sie sich so beeilen ließ. Kichernd und albernd wie verliebte Teenager spurteten sie durch den nassen Sand. Immer wieder glitten Jacksons Hände über Kate und unter ihre Tunika. Immer wieder wand sie sich aus seinem Griff.
Rückwärts lief sie vor ihm her, ununterbrochen damit beschäftigt, seine Berührungen abzuwehren. »Du hast denen einfach gesagt, sie sollen einen Tango spielen?«
Er schüttelte den Kopf und unternahm einen neuen Versuch. »Ich haben denen einfach gesagt, sie sollen diesen Tango spielen.« Endlich bekam er sie wieder zu fassen.
»Hat er einen Namen, dieser Tango?«, murmelte Kate an seinen Mund.
Jackson knabberte an ihrer Unterlippe. »Por una cabresa«, erwiderte er.
Nicht länger war es das Klima, das Kate schlapp
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