Neuigkeiten aus dem Paradies: Ansichten eines Sizilianers
überleben können, wenn sie sich nicht selbst als Wölfe verkleiden? Man beachte das Verb, das ich hier benutze: verkleiden. Denn in Wirklichkeit und von nahem betrachtet ist der Detektiv längst nicht so hart, wie es scheint.
Vor allem befällt ihn häufig eine Art Melancholie, allerdings nicht nach einem Rausch, was normal wäre, sondern sobald die Sonne untergegangen ist, was Dante zufolge auch das Herz des Schiffers erweichte. Wenn diese Melancholie über sie kommt, verstecken sich die amerikanischen Detektive sofort, um nicht vom Wolfslieutenant zerfleischt zu werden, sie streichen Kindern übers Haar und weigern sich, mit ihren allzeit bereiten, bildhübschen Klientinnen ins Bett zu steigen.
Diese Geschichte mit den bildhübschen Klientinnen, die sich dem Privatdetektiv unweigerlich hingeben, ist, glaube ich, der eigentliche Grund, warum die Lieutenants, blass vor Neid, so gemein zu ihnen sind. Denn sie selbst sind ordentlich verheiratet mit Frauen, die sich stets am Rande des Nervenzusammenbruchs befinden und zu jedem, der ihnen über den Weg läuft, sagen: »Wie konnte ich bloß einen Polizisten heiraten?« Und die Kinnhaken, die Knüppel, die Kugeln hinterlassen am Körper eines Privatdetektivs ganz andere Spuren als bei einem Lieutenant. Es kommt vor, dass ein Privatdetektiv der Reihe nach eins aufs Maul, einen Baseballschläger in die Rippen, Fußtritte in den Unterleib und einen Streifschuss an die Seite kriegt. Gut: Zwei Stunden später hat er wilden Sex, natürlich mit einer blonden Schönheit. Ein Lieutenant dagegen schreit nach einer solchen Behandlung panisch, wenn er von einer Krankenschwester auch nur berührt wird.
Damit das klar ist: Amerikanische Privatdetektive sind auch strafrechtlich unterwegs, europäische Detektive nur in Zivilsachen. Und ich möchte mal einen europäischen Detektiv sehen, nur einen einzigen, der in so einem schmuddeligen Trenchcoat herumläuft wie einst Humphrey Bogart oder Robert Mitchum. Denken Sie nur an die Nummer eins unter den Privatdetektiven: Tom Ponzi. Der war vielleicht nicht ganz schlank, aber seine Anzüge waren immer sehr gepflegt und hervorragend geschnitten. Ein amerikanischer Privatdetektiv ist imstande, drei Tage nichts zu essen und nur Whiskey (eben amerikanischen) zu trinken, aber können Sie sich einen Detektiv wie Tom Ponzi vorstellen, der es drei Tage ohne Tagliatelle aushält? Und kann man sich Polizeikommissare, die Maigret, Derrick, De Luca oder gar Montalbano heißen, überhaupt als knallharte Typen vorstellen?
Der europäische Detektiv passt sich der Gesellschaft, in der er lebt, bestens an und begnügt sich mit dem, was ihm geboten wird. Er beschattet nicht nur Ehemänner und -frauen von zweifelhaftem Lebenswandel, oh nein: Die Palette reicht vom Schutz vor Werksspionage bis hin zur Suche nach Verschwundenen. All das kann man erledigen, auch ohne gleich die Pistole zu zücken. Und glauben Sie bloß nicht, die Beschattung treuloser Ehemänner sei ein Kinderspiel bei den Tonnen von Viagra, die heutzutage geschluckt werden.
SCALFARO, DER LEINWANDHELD IM NUDELKRIEG
Sie scherzen wohl! Sie fragen mich nach einer Idee für einen Film über unseren Staatspräsidenten, um den Amerikanern, die permanent Filme über ihre Präsidenten produzieren, etwas entgegenzusetzen? Sehen Sie denn nicht den Unterschied? Nennen Sie mir einen unserer Präsidenten, einen einzigen, der bei den Marines gekämpft hätte oder jeden Morgen, den der liebe Gott uns schenkt, in entsprechender Montur zum Joggen oder was auch immer ginge. Damit können wir zwei beliebte Kategorien schon mal streichen: Action (denn die amerikanischen Präsidenten wurden in der Kunst des Kriegführens unterwiesen) und Sportlich-Erotisches (bekanntermaßen pflegen amerikanische Präsidenten hartes körperliches Training mit häufigen amourösen Intermezzi zu unterbrechen). Doch angesichts des Schecks, den Sie mir in Aussicht stellen, habe ich in drei schlaflosen Nächten ein paar Ideen zu Papier gebracht.
Die Kindheit des Präsidenten (Film für jedes Alter, Genre: Heiligenlegende). Der Präsident ist zehn Jahre alt. Schauplatz ist ein Pfadfinder-Zeltlager in den Bergen. Nach einer Reihe mutiger Taten (unter anderem erschlägt er mit einem Stock ganz allein einen Adler, der einen kränklichen jüdischen Kameraden angegriffen hat) erfährt unser kleiner Held durch Rauchzeichen, dass oben auf dem Berg ein alter Mann wohnt, der beichten will, doch die Hütte ist unerreichbar, weil natürlich ein
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