Neuigkeiten aus dem Paradies: Ansichten eines Sizilianers
noch nie einen Orgasmus gehabt, sprich, sie empfinden bei dieser Matratzenübung (oder Übung auf sonst einer Unterlage oder im Stehen) keine Lust. Nach einem Schlag ins Gesicht kann man bekanntlich schlecht diskutieren; man kann höchstens zurückhauen. Doch ich als Sizilianer (also von jenem Menschenschlag, der ein Haar in acht Teile spalten kann, wie seinerzeit schon Cicero feststellte) und als Enkel des schönen Antonio von der einen Seite, Paolos des Heißblütigen von der anderen, versuche darüber nachzudenken.
Zunächst eine Bemerkung zu den Zahlen. Den 53 Prozent unbefriedigter Frauen entsprechen logischerweise 47 Prozent Frauen, die sich voller Lust mit dem Liebsten ergötzen (um mit Boccaccio zu sprechen). Ich fühle mich ermutigt, das ist ein guter Prozentsatz. Versuchen Sie mal, die Zahlen so zu lesen, wie wir es von unseren Politikern gelernt haben: Die Mehrheit ist knapp, es reicht, wenn ein paar wenigen Frauen auf dem Liebeslager (wie man früher zu sagen pflegte) ein »Mein Gott« oder ein »Ja! Ja!« entfährt, und schon haben wir den typisch italienischen Umschwung. Ich fordere die Männer auf, dies dann unverzüglich an die zuständigen Stellen weiterzuleiten, damit die Agenturen es melden können.
Ich höre schon den ewigen Besserwisser protestieren: »Liebe hat doch nichts mit Demokratie zu tun!« Und ob! Demokratie, Gleichberechtigung unter der Bettdecke (und ohne Bettdecke) ist die Grundlage der Lust: Die rücksichtslose Diktatur oder die Minderheit, die sich nicht in ihre Rolle fügt, erzeugt dieses Ungleichgewicht in der Beziehung, das zu mangelnder Befriedigung führt. Wohlgemerkt auf beiden Seiten: Denn worin soll das Vergnügen für einen Mann bestehen, ’wenn die Frau nicht mittut und vielleicht die Fliegen an der Decke zählt?
Aber zurück zu den 53 Prozent unbefriedigter Frauen. Ich würde gern mit jeder einzelnen von ihnen reden, meinetwegen durch ein Gitter wie im Beichtstuhl. Nur um ein paar Fragen zu stellen. Zum Beispiel: Wie halten Sie es mit Stoßgebeten? Oh ja, denn jahrhundertelang mussten die Frauen, die ihre ehelichen Pflichten erfüllten, nachdem sie sämtliche Lichter gelöscht hatten, geloben: »Ich tue es nicht zu meinem eigenen Vergnügen, sondern um Gott ein Kind zu schenken.« Natürlich haben sich die Zeiten geändert, was man auch daran sieht, dass keine Kinder mehr geboren werden, aber könnte das ein paar Jahrhunderte lang wiederholte Gebet bei den Italienerinnen nicht zu einem Hauptbestandteil der DNA geworden sein?
Und dann: Signora, wissen Sie eigentlich, was genau ein Orgasmus ist? Ihr Frauen habt oft eine so lebhafte Phantasie und stellt euch weiß Gott was darunter vor. Ich kann ausschließen, dass es etwas Ähnliches ist wie der Ausbruch des Vesuvs, bei dem Herkulaneum und Pompeji zerstört wurden. Auf der Mercalli-Skala wird ein Orgasmus zum Glück nicht registriert. Und dann: Haben Sie, Signora, schon mal überlegt, dass manchen Frauen ein halbes Glas Wein (das ist jetzt metaphorisch gemeint) reicht, um sich zu betrinken, und andere brauchen drei Liter und dem Wirt ist möglicherweise gerade der Vorrat ausgegangen? Und dann: Signora, wenn Sie ein Medikament oder ein Küchengerät kaufen, finden Sie in der Packung doch normalerweise eine Gebrauchsanweisung. Sind Sie noch nie auf die Idee gekommen, einem Mann eine solche Gebrauchsanweisung zu geben, damit er was lernt?
Und schließlich: Signora, warum schreiben Sie es sich nicht selbst zu, wenn Sie keinen Orgasmus haben? Was für einen Schlappschwanz haben Sie sich denn ausgesucht? Jetzt, wo ich meine Pflicht bei den 53 Prozent unbefriedigter Frauen erfüllt habe, würde ich gern mit den übrigen 43 Prozent reden. Ohne Gitter.
8. MÄRZ ODER DER FALSCHE LIEBREIZ DER MIMOSEN
Wenn ich ganz ehrlich sein soll, muss ich zugeben, dass mir der Weltfrauentag am 8. März immer fremd war. Wie mir auch der Muttertag und der Vatertag fremd sind. Bei Letzterem kann ich eigentlich nur lachen: Sind wir Väter so sicher, dass unsere Nachkommen unsere leiblichen Sprösslinge sind? Über jeden Zweifel erhaben, wie die Amerikaner sagen? Einige Gesetze der alten Römer beweisen, dass man sich schon damals so seine Gedanken dazu machte. Aber lassen wir das, das Thema ist ziemlich heikel.
Nun bin ich begeistert bei jedem Feiertag dabei, der im Kalender steht, erlahme aber sofort, wenn man von mir erwartet, einen bestimmten Tag zu feiern. Zwischen den beiden Feiersorten besteht nämlich ein himmelweiter
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