Neulandexpedition (German Edition)
machte ich nur hier? Warum war ich nicht abgehauen, als es noch nicht derart nach Flucht ausgesehen hätte? Warum war ich nicht mit Alwin und Sandra verschwunden? Hatte ich das hier wirklich vor wenigen Minuten für eine gute Idee gehalten? Wo war da bloß mein Hirn gewesen!
Ich sollte langsam wissen, dass ich meine Spontanideen mit Vorsicht genießen sollte. Das letzte Mal hatte mich eine solche, in ein Minizelt zusammen mit Rony befördert, wo mich sein Schnarchen wahnsinnig gemacht und ich kein Auge zubekommen hatte. Das sollte eigentlich lehrreich genug gewesen sein.
„Das Wochenende war wirklich toll, oder?“, fuhr sie fort und rutschte näher; bald würde sie auf meinen Schoß hocken.
Ja toll, mein Rücken hatte sich noch immer nicht erholt. Von anderen Körperteilen, wie meinem Herzen, ganz zu schweigen.
„Ich glaub, campen ist nicht so mein Ding“, sagte ich laut und zuckte mit den Schulten, ihr Lächeln erlosch.
„Dann hat's dir nicht gefallen?“ Sie klang enttäuscht.
Schlaumeierin, schoss es mir durch den Kopf und ich fühlte mich gleich noch mieser. Gott, war ich ein Ekel. Ich räusperte mich.
„Na ja, vielleicht is' es auch eher so was wie Liebe auf den zweiten Blick“, lenkte ich ein. „Vielleicht gefällt's mir beim nächsten Mal schon besser.“ Wenn's nach mir ging, würde ich das allerdings nie testen.
Liebe auf den zweiten Blick war wohl sowieso nicht unbedingt meins. Okay, darüber würde ich jetzt nicht weiter nachdenken. Böse Falle.
„Bestimmt! Die Clique fährt zwar nur einmal im Jahr zusammen, aber vielleicht könnten wir ja nochmal wo anders hin. In den Ferien und es muss auch nicht unbedingt zelten sein?“, hoffnungsvoll sah sie mich an.
Das hatte ich jetzt davon. Es geschah mir recht. Natürlich machte sie sich Hoffnungen. Bjorn hatte mich gewarnt und inzwischen sah selbst ich Gefühlstrottel, was Sache war. Wie kam ich da bloß wieder raus?
„Sorry, aber da hab ich schon was geplant“, gab ich zurück. Was sogar stimmte. Ich wollte mit Bjorn nach Spanien. Zumindest vor....
Ich räusperte mich erneut.
„Ich muss jetzt los.“ Schnell stand ich auf, in diesem Moment war mir egal, wie auch immer es aussah. Ich musste hier weg, bevor es noch unangenehmer wurde.
Überrascht tat sie es mir nach und folgte mir schweigend in den kleinen Flur. An der Tür stoppte ich und drehte mich noch einmal zu ihr um. Einen Augenblick später bereute ich es, als ich ihr enttäuschtes Gesicht sah.
„Schade“, sie wirkte geknickt und mein schlechtes Gewissen regte sich. Was ich hier machte, war nicht fair. Ich benutzte sie, weil ich so ein elender Feigling war. So, wie ich es auch am Abend nach dem Kuss getan hatte, um Bjorn auf Abstand zu halten. Ich hatte allerdings nicht beabsichtigt, damit einen Graben in der Tiefe des Grand Canyon zwischen uns zu buddeln.
„Meike, ich ... tut mir leid, das war 'ne blöde Idee.“
„Was? Nein, aber warum denn?“ Sie war mir auf einmal nahe; zu nahe. Wie erstarrt sah ich in ihre grünblauen Augen.
Fehler, ich wusste es, dennoch konnte ich mich nicht rühren, als sie sich zu mir beugte. Erst im letzten Moment bevor sich unsere Lippen berührten drehte ich den Kopf, sodass ihr Mund auf meiner Wange landete.
Peinlich, für sie und für mich. Verlegen nuschelte ich irgendetwas und ergriff die Flucht. Diesmal hielt sie mich nicht auf.
Auf dem Nachhauseweg warf ich mir permanent vor, dass ich es überhaupt so weit hatte kommen lassen. Vielleicht hätte ich einfach zulassen sollen, dass sie mich küsste. Und sei es nur aus dem Grund, dass sie sich jetzt nicht so schlecht fühlte. Denn ich war mir ziemlich sicher, dass dies der Fall war.
Nur hätte es mir nichts bedeutet, ihr schon. Danach nochmal die Kurve zu bekommen wäre unmöglich gewesen. Sie hätte zurecht geglaubt, dass mehr aus uns werden würde. Was bisher zwischen uns passiert war, war bereits zu viel gewesen.
„Können Sie denn nicht aufpassen, junger Mann“, riss mich plötzlich die Stimme eines älteren Herrn aus den Gedanken. Verwundert blinzelte ich und stellte bestürzt fest, dass ich in diesen beinahe hineingelaufen wäre. Verlegen entschuldigte ich mich, er winkte nur wütend ab. Ich sah ihm nach, wie er kopfschüttelnd, und über die Jugend von heute schimpfend, die Straße hinunterging, um schließlich in der Dunkelheit zu verschwinden.
Erst da stutzte ich. Wo war ich hier eigentlich? Verwirrt sah ich mich um und wäre am liebsten mit dem Kopf vor die
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