Neulandexpedition (German Edition)
verkraftet“, meinte ich und stand auf.
„Haha“, knurrte Achim hinter mir her, während ich den Flur hinunter ging und ins Bad lugte. Bjorn stand vor dem Spiegel und putzte sich gerade die Zähne. Er trug nichts weiter als seine Shorts. Mann, ich bekam von diesem Anblick nicht genug!
„Mein Bruder ist hier. Willst du ihn kennenlernen?“, fragte ich und riss mich zusammen, um dem Drang zu widerstehen, mich hinter ihn zu stellen und seinen Rücken zu küssen. Da gab es so eine kleine weiche Stelle, die mich immer regelrecht anflehte, sie zu liebkosen. Und man(n) tat schließlich, was man kann.
Überrascht blickte er auf, nickte aber nach einem kurzen Zögern.
„'kay, zieh mir nur was an“, nuschelte er, und musterte mich forschend. „Will er mich kastrieren oder so?“
„Nein“, grinste ich, auch wenn ich mir da nicht wirklich sicher war. Allerdings konnte Bjorn Karate, zumindest hatte er das einmal behauptet. Wie ich ihn kannte, hatte er mal eine Probestunde genommen und mehr nicht. Aber besser als nix. „Er ist auf Friedensmission hier.“ Ganz überzeugt schien er nicht und das konnte ich ihm kaum verübeln, denn mir ging es da genauso.
„Er ist noch eben im Bad“, erklärte ich Achim, während ich zur Kaffeemaschine ging und sie anwarf.
„Muss ja nett sein, wenn du ihn so ... magst.“ Es klang gequetscht. Er gab sich zwar Mühe es zu überspielen, aber er war schon immer ein miserabler Schauspieler gewesen.
Ich kam um eine Antwort herum, weil Bjorn eintrat. Er trug nun Jeans und ein Shirt. Unsere Blicke trafen sich, und ein kleines Lächeln erschien um seinen Mund, bevor er sich Achim zuwandte und ihm die Hand reichte. Dieser zögerte einen Moment, ergriff sie dann aber doch, kurz verzog er das Gesicht. Diesmal vor Überraschung und wohl auch wegen eines leichten Schmerzes. Bjorn und sein Händedrucktick.
In dem Fall war ich allerdings sogar recht froh darüber. Auf diese Weise zeigte er Achim ganz klar, dass er kein Schwächling war, für den ihn mein Bruder zweifelsfrei hielt. Schwuchteln waren doch verweichlicht und leichte Beute. Bjorn sicherlich nicht. Er war zwar nicht so bullig wie Achim, hatte aber durchaus Muskeln.
Bei den Bildern, die sogleich durch meinen Kopf huschten, wurde mir noch mulmiger. Eine Klopperei zwischen den beiden war das Letzte, das ich gebrauchen konnte. Wie die beiden sich aber jetzt taxierten gar nicht so abwegig.
„Hi, ich bin Bjorn“, unterbrach dieser das Schweigen.
„Achim“, murmelte mein Bruder und bewegte sacht die Finger der malträtierten Hand.
Es entstand erneut eine unangenehme Pause, doch Bjorn ließ sich davon nichts anmerken; Achim schon. Ich rechnete es meinem Freund hoch an, dass er unter dem Blick meines Bruders derart ruhig blieb. Einen Moment dachte ich wirklich über Bjorns Worte aus dem Bad nach.
„Mein Bruder hat mir schon viel von dir erzählt“, meinte Achim schließlich, als ich jedem einen Kaffeebecher hinstellte. Vorsichtig nippte Bjorn auch gleich an dem heißen Getränk.
„So?“, war alles, was er sagte.
„Japp, er hat mir erzählt, wie sehr du ihm damals geholfen hast sich zurechtzufinden, als er neu hier war. Ist das deine Masche?“, fragte Achim nun scheinheilig.
„Meine Masche?“, hakte Bjorn nach und runzelte die Stirn.
„Ja, naive Jungs anzumachen.“
Ich wollte bereits etwas sagen, ihm wegen dieser Unverschämtheit in seine Schranken weisen, aber da erwiderte Bjorn schon:
„Nein. Wäre auch kontraproduktiv, weil ich auf den Typ überhaupt nicht steh. Ich mag selbstbewusste, intelligente Männer.“ Mir wurde warm, als er so nicht nur sich selbst, sondern auch mich verteidigte. Achim sah ihn einen Moment sprachlos an. „Bist du jetzt fertig mit deinen Beleidigungen und Unterstellungen oder kommt da noch mehr?“, wollte Bjorn ruhig wissen und nippte weiter an seinem Kaffee. Mann, ich bewunderte ihn wirklich für dieses Pokerface!
„Du miese kleine-“
„Achim, es reicht!“, unterbrach ich ihn harsch und zum ersten Mal seit Bjorn die Küche betreten hatte, sah mein Bruder mich an. Sein Blick traf mich hart, obwohl ich insgeheim damit gerechnet hatte. Seit Jahren damit rechnete. Verachtung und auch leichter Ekel lagen erneut in seinem Blick.
„Du kannst doch nicht allen ernstes-“
„Doch!“, unterbrach ich ihn, „und wenn du das nicht akzeptieren und respektieren kannst, tut es mir leid, aber es ändert nichts. Ich habe es satt mich wegen dir zu verstellen. Ein Mensch zu sein, der ich
Weitere Kostenlose Bücher