Neumond: Kriminalroman (German Edition)
als der Bademantel …
Er spazierte noch an einer Boutique für Übergrößen, einem Restaurant, einem Sportshop, einer Postfiliale und einer Bäckerei vorbei und fand sich dann am Ausgang wieder. Das konnte doch nicht alles gewesen sein?! Er sah sich noch einmal um und entdeckte auf der rechten Seite ein kleines Geschäftchen, das mit dem Schriftzug ›Geschenkartikel‹ versehen war.
»Hallelujah!« Leander stürmte in den kleinen Laden, ohne sich vorher das Schaufenster anzusehen – und hielt völlig perplex inne. Hier drinnen sah es aus, als wäre eine Kitschbombe explodiert: Gehäkelte Engelchen, Schneekugeln, Porzellankätzchen, Plastikblumen, Keramikfrösche, glitzernde Herzen, Seifen und Kerzen in allen Formen und Farben waren in bunte Regale gepfercht worden.
»Grüß Gott.« Eine freudestrahlende Frau kam auf ihn zugelaufen. Wahrscheinlich hatte sie nicht oft Kundschaft. »Kann ich Ihnen helfen?«
»Nein … ich suche zwar ein Geschenk … aber ich glaube …« Er konnte vor lauter Kitsch und dem aufdringlichen Geruch von Räucherstäbchen gar nicht mehr klar denken, zumal ihn auch noch ihre Kleidung verstörte. Sie trug ein rosa Kleid mit aufgedruckten Kätzchen, und ihre blond-gefärbte Lockenpracht wurde von einem dazu passenden Haarreif im Zaum gehalten. Er schätzte sie auf Mitte 50 , und trotzdem war sie angezogen wie ein Kindergartenkind.
»Ein Geschenk? Da sind Sie bei mir genau richtig. Für wen soll es denn sein?«
»Meine Freundin, aber ich glaube nicht …«
»Ach wie entzückend. Junges Glück.« Ihr Strahlen wurde noch intensiver. »Keine Sorge, wir finden sicher etwas Passendes. Es ist nämlich meine Mission, für jeden Menschen das passende Geschenk zu finden.«
Leander bezweifelte das schwer, nickte aber. Was hatte er denn schon groß zu verlieren?
»Mag sie Katzen? Alle Frauen mögen Katzen.«
Leander schüttelte den Kopf. »Nicht wirklich.«
»Frösche?«
›Maximal zum Sezieren‹, wollte er sagen, hielt sich aber zurück und schüttelte nur den Kopf. »Sie ist kein wirklich großer Tierfan. Und auf Engel, Herzen und Blumen steht sie auch nicht«, sagte er präventiv.
»Aber Kerzen. Sie mag sicher Kerzen. Alle Frauen mögen Kerzen.«
Erneutes Kopfschütteln.
»Schmuck?« Sie deutete auf eine Schale voller bunter Ringe.
»Auch nicht.«
»Badesalz?«
»Sorry.«
»Clowns aus Porzellan?«
»Nicht ihr Ding.«
»Verstehe. Sie ist eher der geheimnisvolle Typ. Ich habe eine super Auswahl an esoterischen Sachen: Tarotkarten, Kristalle, Pendel oder vielleicht ein Göttinen-Orakel?«
Leander schüttelte den Kopf.
Die Frau schenkte ihm einen bedauernden Blick. »Na, das ist aber mal eine Komplizierte, Ihre Freundin.«
»Wie auch immer. Trotzdem vielen Dank!« Er wollte gehen, doch die Verkäuferin hielt ihn zurück.
»Ich sehe Ihre Freundin als Herausforderung an«, sagte sie trotzig. »Wie schon gesagt, es ist meine Gabe, für jeden das passende Geschenk zu finden. Wie sieht es mit Schals und Tüchern aus?«
»Schals und Tücher?« Er überlegte kurz, kam zu dem Schluss, dass das gar nicht mal so eine schlechte Idee war und nickte. »Möglicherweise.«
»Gut, dann besuchen wir doch meine Freundin Irmgard, die hat einen wundervollen kleinen Laden, gleich hier um die Ecke. Das wäre ja gelacht, wenn wir für Ihre Freundin nichts finden würden.« Sie tätschelte seinen Arm. »Kommen Sie, wir haben eine Mission!«
17
»Oh, wie schön Sie wiederzusehen, Frau Capelli. Ich hoffe, Sie hatten bereits Zeit, sich in St. Gröben zu akklimatisieren. Wenn Sie ein paar Tipps für Ihren Aufenthalt brauchen, müssen Sie es mir nur sagen. Ich stehe Ihnen gern zur Verfügung. Ich habe da nämlich ziemlich viele
connections
. Sie wissen schon, Familie und so. Da gibt es zum Beispiel das Café Ritter, das gehört meiner Tante, und da gibt es den besten Kuchen im ganzen Dorf. Vor allem die Bananentorte ist sehr zu empfehlen, oder aber auch die Linzertorte und gleich daneben ist der Adlerhof, wo es den besten Zwiebelrostbraten …«, setzte Oliver zu einem seiner atemlosen Redeschwalle an.
Nina war so aufgebracht, dass sie alle Höflichkeiten über Bord warf, den Jungen einfach ignorierte und direkt in Danzers Büro platzte.
»Ich bin überfallen worden. Mitten im Wald.« Sie schlug mit der flachen Hand auf den Schreibtisch.
Danzer, der es gerade noch geschafft hatte, sein Sudoku-Heft unter einem Stapel Papiere verschwinden zu lassen, war total überrumpelt. »Ein Überfall? Im
Weitere Kostenlose Bücher