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Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
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gegangen, um nach der Truhe zu sehen, die mir die Marquise für ihre Tochter mitgeschickt hatte, und um meine eigene kleine Reisetasche ins Haus bringen zu lassen. Ich war es nicht gewohnt, einen Raum zu betreten, in dem die einzige weitere Person außer mir von Adel war. Ich zögerte.
    Bei meinen Vorbereitungen für die Reise hatte ich Bridget gefragt, wie lange Lady Jane jetzt schon von ihren Eltern getrennt lebe, denn als meine Lehrzeit bei Bridget begonnen hatte, war Lady Jane bereits nicht mehr in Bradgate gewesen. In Wirklichkeit wollte ich aber wissen, warum Lady Jane nicht in Bradgate wohnte. Sie war erst elf Jahre alt, also nur ein Jahr älter als meine Schwester Cecily, die zurzeit zu Hause bei meinen Eltern in Haversfield in Devonshire lebte und jetzt Wolle auskämmte und im nächsten Augenblick Schmetterlinge jagte. Ich war überzeugt, dass Lady Jane schon seit vielen Jahren keine Schmetterlinge mehr gejagt hatte – vielleicht noch nie. Ich war bisher nur in einem weiteren Adelshaushalt angestellt gewesen, und dort blieben die Kinder zu Hause, bis sie verheiratet wurden. Auch sie hatten keine Schmetterlinge gejagt, aber sie waren auch nicht plötzlich in andere Haushalte gegeben worden. Bridget hatte mir jedenfalls gesagt, es ginge mich nichts an, warum Lady Jane Bradgate verlassen hatte, um Lord Admiral Seymours Mündel zu werden.
    Dann hatte mir Bridget noch mit auf den Weg gegeben, dass es für einen Adeligen wie unseren hochverehrten Marquis von Dorset – den Vater der Lady und meinen Arbeitgeber – viel zu bedenken gäbe, wenn Gott ihm Töchter schenke, dass ich während meines Aufenthaltes in Sudeley nicht auf Bedienstetenklatsch hören solle und dass sie mich, sollte ihr so etwas zu Ohren kommen, auf der Stelle entlassen würde. Dabei hatte sie mir jedoch ein ganz klein wenig zugezwinkert.
    Der Grund, weshalb Lady Jane von zu Hause fortgeschickt worden war, um bei Lord Seymour zu leben, war also der, dass sie ein Mädchen war. Die Tatsache, dass sie ein Mädchen war, dessen Heirat ein Politikum war, hatte es mit sich gebracht, dass sie in einem Schloss lebte, welches mehr als eine Tagesreise von ihrem elterlichen Zuhause entfernt war.
    Auf der langen Fahrt hierher hatte ich mich gefragt, wie der Lord Admiral wohl in Erfahrung gebracht hatte, welche Heiratspläne der Marquis für seine älteste Tochter hatte. Der Lord Admiral selbst war bei Janes Ankunft in Sudeley verheiratet gewesen. Er hatte der verwitweten Königin Katherine den Hof gemacht und nur skandalös kurze vier Monate nach dem Tod von König Heinrich ihr Jawort bekommen. Und Söhne hatte der Lord Admiral nicht. Ich kannte ihn nicht persönlich, aber ich wusste, dass er der Bruder des Lordprotektors war, des Mannes, der sich um die Angelegenheiten des jungen Königs – Edward, Heinrichs einzigem noch lebenden Erben – kümmerte.
    Bridget vermutete, dass der Marquis seine Tochter dem Lord als Mündel anvertraut hatte, weil dessen Bruder diese unmittelbare und enge Verbindung zum König hatte und dadurch ihre Aussichten auf eine gute Partie verbessern konnte. König Eduard war fast elf Jahre alt, genau wie Jane, und er war noch nicht verlobt, ebenfalls genauso wie Jane.
    Es wäre nicht das erste Mal gewesen, dass ein Monarch seine Base heiratete, und Bridget hatte mir außerdem erzählt, dass Lady Jane selbst an vierter Stelle der Thronfolge stand, denn ihre Mutter, die Marquise, war eine Nichte von König Heinrich.
    Während die Kutsche so dahinrollte, hatte ich mir vorzustellen versucht, wie es wohl war, erst elf Jahre alt zu sein – was nicht besonders schwierig war, denn ich war auch erst fünfzehn. Und wie es war, in geheimen Eheverhandlungen wie ein Wertgegenstand hin und her geschoben zu werden, um dann mit einem Mann verheiratet zu werden, den ich vielleicht gar nicht mochte, dazu gezwungen zu sein, das Bett mit ihm zu teilen und ihm Kinder zu gebären, alles nur um des Erfolges und Wohlergehens des jungen Erben willen, den ich hervorzubringen hatte.
    Ich fuhr mit dem Finger über die zarte Perlenstickerei in den Bergen von schwarzem Organza und schwarzer Seide auf meinem Schoß und fragte mich, wie es wohl sein mochte, ein Kleid zu tragen, das mit Perlen und Edelsteinen besetzt war und so teuer, dass die Familie auf einem kleinen Bauernhof einen ganzen Winter lang davon hätte leben können. Ich hätte davon meinem Vater Medizin kaufen und den Arzt bezahlen können, der ihn behandelte. Zurzeit arbeiteten meine Mutter und ich

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