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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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ging er in sein Zimmer, wo Cherry dem Typ gerade mit einem Schwamm und weißen Wegwerfhandschuhen die Brust wusch.
    Sie hatte den Butankocher aus dem Zimmer, in dem sie das Essen zubereiteten, hochgetragen und in einer Edelstahlschüssel Wasser heiß gemacht.
    Er zwang sich, in das verhärmte Gesicht zu blicken, dessen schlaffe Lippen gerade so weit offenstanden, dass man gelbe Raucherzähne erkennen konnte. Es war ein Gesicht von der Straße, ein Gesicht aus der Masse, ein Gesicht, wie man es in jeder Bar sehen konnte.
    Sie blickte zu Slick auf.
    Er setzte sich auf den Rand des Bettes, auf dem sie seinen offenen Schlafsack wie eine Decke ausgebreitet hatte. Das zerrissene Ende hatte sie unter die Schaumstoffmatratze gesteckt.
    »Wir müssen uns mal unterhalten, Cherry. Ich will wissen, was hier läuft, ja?«
    Sie drückte den Schwamm über der Schüssel aus.
    »Wie bist du an Kid Afrika geraten?«
    Sie steckte den Schwamm in einen Zipper-Beutel und verstaute diesen in der schwarzen Nylontasche aus Kids Hover. Er beobachtete sie und sah, dass sie keine unnötige Bewegung machte und bei ihren Verrichtungen offenbar nicht zu überlegen brauchte. »Kennst du einen Laden namens Moby Jane’s?«

    »Nein.«
    »Ist’n Rasthaus in der Nähe vom Interstate. Der Manager war’n Freund von mir, hatte den Job ungefähr vier Wochen, als ich zu ihm gezogen bin. Moby Jane ist’n Monstrum; hockt hinterm Lokal in einem Wassertank mit’nem Freebase-Tropf im Arm, absolut widerlich. Also, wie gesagt, ich zieh zu meinem Freund Spencer, dem neuen Manager, weil ich in Cleveland Ärger mit meinem Wisch hatte und nicht arbeiten konnte.«
    »Was für Ärger?«
    »Das Übliche eben, okay? Willst du die Geschichte jetzt hören oder nicht? Spencer weiht mich also in den fürchterlichen Zustand der Besitzerin ein. Ich bin bloß froh, dass keiner weiß, dass ich MTA bin, sonst müsste ich nämlich draußen die Filter an ihrem Tank wechseln und die zweihundert halluzinierenden Psychotikerkilo mit Freebase vollpumpen. Also lassen sie mich bedienen, Bier zapfen. Ist okay. Gute Musik in dem Laden. Eher raues Klima da, aber das ist okay, weil alle wissen, dass ich die Freundin von Spencer bin. Bis ich eines Tages aufwache und Spencer weg ist. Wie sich rausstellt, ist er mit’nem Batzen Geld durchgebrannt.« Während sie erzählte, trocknete sie die Brust des Schlafenden mit einem dicken Bausch eines saugfähigen weißen Materials ab. »Also haben sie mich ein bisschen rumgeschubst.« Sie sah achselzuckend zu ihm auf. »Aber dann sagen sie mir, was sie mit mir vorhaben. Sie werden mir die Hände auf den Rücken fesseln, mich zu Moby Jane in den Tank stecken, ihren Tropf ordentlich aufdrehen und ihr sagen, dass mein Lover sie beklaut hat …« Sie warf den feuchten Bausch in die Schüssel. »Dann haben sie mich in so ein Zimmerchen gesperrt, damit ich mir die Sache nochmal durch den Kopf gehen lassen könnte, bevor sie’s täten. Aber als die Tür aufgeht, steht Kid Afrika davor. Den hatte ich vorher noch nie gesehen. ›Miss Chesterfield‹, sagt er,
›wenn ich mich nicht irre, sind Sie bis vor kurzem noch MTA gewesen.‹«
    »Also hat er dir ein Angebot gemacht.«
    »Ein Angebot? Dass ich nicht lache. Er hat bloß meine Papiere angeschaut und mich gleich mitgenommen. War kein Mensch da, obwohl es Samstagnachmittag war. Er hat mich auf den Parkplatz rausgebracht, und da stand das Hover mit lauter Totenköpfen vorne dran und zwei schwarzen Schränken, die auf uns warteten. Und mir war’s recht, solange ich bloß von dem Tank wegkam.«
    »Und unser Freund war schon hinten drin?«
    »Nein.« Sie streifte die Handschuhe ab. »Ich musste ihn nach Cleveland zurückfahren, in so’nen Vorort. Große alte Häuser, aber mit ungemähten, struppigen Vorgärten. In eins davon sind wir reingegangen. War aufwendig gesichert. Ist wohl seins gewesen. Der da«, und sie zog dem Mann den blauen Schlafsack bis zum Kinn hoch, »lag in einem Schlafzimmer. Ich musste sofort anfangen. Kid hat gesagt, er bezahlt mich gut.«
    »Und du wusstest, dass er dich hier raus nach Solitude bringen würde?«
    »Nein. Er selber, glaube ich, auch nicht. Irgendwas ist passiert. Er kam am nächsten Tag an und sagte, wir verschwinden von hier. Er hatte vor irgendwas Angst, glaube ich. In dem Moment hat er ihn so genannt: den Count. Weil er sauer war und vielleicht auch Schiss hatte. ›Der Count und sein verdammtes LF‹, hat er gesagt.«
    »Sein was?«
    »›LF.‹«
    »Was ist

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