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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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sie, »das hat uns gerade noch gefehlt.«
    »Ein wahres Wort.«
    »Kaum lass ich dich für zwei Stunden aus den Augen, holst du dir Dope.« Sie schüttelte den Kopf. »Hoffentlich bist du wieder auf dem Damm bis zu unserem großen Dinner mit Armitage heut Abend. In diesem 20.-Jahrhundert-Laden. Dann werden wir ja auch sehen, wie Riviera seine Nummer rüberbringt.«
    »Ja«, sagte Case und streckte sich. Sein Mund war zu einem verzückten Grinsen erstarrt. »Wunderbar.«
    »Mann«, sagte sie, »falls das Zeug, das du dir reingezogen hast, durch die Sperre kommt, die sie dir in Chiba eingebaut haben, wirste mächtig durchhängen, wenn die Wirkung nachlässt.«
    »Motz, motz, motz«, sagte er und schnallte seinen Gürtel auf. »Gemoser und Gemecker. Ständig und die ganze Zeit.« Er zog seine Jeans aus, das Hemd, die Unterhose. »Ich finde, du solltest so vernünftig sein, meinen unnatürlichen Zustand auszunützen.« Er blickte an sich hinab. »Sieh dir den unnatürlichen Zustand doch bloß mal an!«
    Sie lachte. »Der hält sich nicht lange.«
    »Und ob«, sagte er und kletterte auf den sandfarbenen Temperschaum, »das ist ja das Unnatürliche dran.«

11
    »Was ist mit dir, Case?«, fragte Armitage, als der Kellner sie an seinem Tisch im Vingtième Siècle platzierte. Es war das kleinste und teuerste von mehreren schwimmenden Restaurants auf einem kleinen See in der Nähe des Intercontinental.
    Case fröstelte. Von Nachwirkungen hatte Bruce nichts gesagt. Er versuchte, ein Glas Eiswasser zu heben, aber seine Hände zitterten zu stark. »Hab vielleicht was Falsches gegessen.«
    »Ich möchte, dass du dich von einem Arzt untersuchen lässt«, sagte Armitage.
    »Nur so’ne Histaminreaktion«, log Case. »Krieg ich manchmal auf Reisen. Andere Küche und so.«
    Armitage trug einen dunklen Anzug, der zu förmlich für den Laden wirkte, und ein weißes Seidenhemd. Sein Goldarmband klimperte, als er sein Weinglas hob und trank. »Ich habe schon für euch bestellt«, sagte er.
    Molly und Armitage aßen schweigend, während Case zittrig an seinem Steak herumsägte und es in mundgerechte Bissen zerlegte, die er nicht aß, sondern in der dicken Sauce hin und her schob; schließlich stieß er den Teller weg.
    »Herrje«, sagte Molly, die alles aufgegessen hatte, »her damit. Weißt du eigentlich, was das kostet?« Sie nahm seinen Teller. »Müssen ein ganzes Tier jahrelang mästen und dann schlachten. Ist kein Laborzeug.« Sie spießte einen Bissen auf die Gabel und kaute.
    »Keinen Hunger«, brachte Case mit Mühe hervor. Sein Hirn war tiefgefroren. Nein, befand er, es war in eine Friteuse gesteckt und dringelassen worden, bis das heiße Fett abgekühlt war und eine dicke, wächserne Schicht um die runzligen Lappen gebildet hatte, durch die grünlich rote, schmerzende Blitze zuckten.

    »Du siehst zum Kotzen aus«, erklärte Molly fröhlich.
    Case probierte den Wein. Das Betaphenäthylamin bewirkte, dass er wie Jodtinktur schmeckte.
    Die Beleuchtung wurde gedimmt.
    »Le Restaurant Vingtième Siècle freut sich«, verkündete eine körperlose Stimme mit ausgeprägtem Sprawlakzent, »Ihnen das holografische Cabaret von Mr. Peter Riviera präsentieren zu können.« Vereinzelter Applaus von den anderen Tischen. Ein Kellner zündete eine Kerze an, stellte sie mitten auf ihren Tisch und begann, das Geschirr abzuräumen. Bald flackerte auf jedem der Dutzend Tische im Restaurant eine Kerze. Die Gläser wurden nachgefüllt.
    »Was kommt denn jetzt?«, fragte Case Armitage, der keine Antwort gab.
    Molly stocherte mit einem burgunderroten Fingernagel in ihren Zähnen herum.
    »Guten Abend«, sagte Riviera, der auf einer kleinen Bühne am anderen Ende des Restaurants erschien. Case blinzelte. In seinem Elend war ihm die Bühne gar nicht aufgefallen. Er hatte nicht gesehen, woher Riviera gekommen war. Sein Unbehagen wuchs.
    Zunächst glaubte er, der Mann würde von einem Punktscheinwerfer angestrahlt.
    Riviera leuchtete. Das Licht umgab ihn wie eine Haut und erhellte den dunklen Vorhang hinter der Bühne. Er projizierte.
    Riviera lächelte. Er trug eine weiße Smokingjacke. Auf dem Revers glühten blaue Kohlen im Schlund einer schwarzen Nelke. Seine Fingernägel blitzten, als er die Hände zum Gruß erhob, sein Publikum symbolisch umarmte. Case hörte das seichte Wasser an die Wand des schwimmenden Restaurants plätschern.
    »Heute Abend«, sagte Riviera mit leuchtenden Augen, »möchte ich Ihnen ein längeres Stück darbieten. Ein neues

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