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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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sprochen, auf sie aufzupassen. Ich öffnete die Kiste, um einen letzten Blick auf all die Geschosse zu werfen, die ich überlebt hatte. Als ich den Deckel aufklappte, funke l te mir der Stein entgegen, den ich Dewaras Stein getauft hatte der aus meinem Stiefel. Einen Moment lang b e trachtete ich alle Steine, überlegte und nahm dann Dew a ras Stein heraus, um ihn mitzunehmen. Ich steckte ihn in meine Jackentasche, als Mahnung, dass ich mich immer nur einen Atemzug diesseits des Todes befand. Eigen t lich war das ein Gedanke, der einen jungen Mann dazu hätte anregen sollen, sein Leben in beide Hände zu ne h men und es in vollen Zügen zu genießen. Doch als ich die Tür zu meinem Zimmer hinter mir ins Schloss zog, war mir, als würde ich den Widerhall des einrastenden Schnäppers direkt in meinem Herzen spüren.
    Mein Vater und Sergeant Duril begleiteten mich auf der ersten Etappe meiner Reise. Mein Schrankkoffer mit den schönen neuen Uniformen wurde auf einen Mau l tierkarren geladen, zusammen mit einem kleineren Ko f fer, der die Reisegarderobe meines Vaters enthielt. Ich trug ein weißes Hemd und eine blaue Hose sowie eine dazu passende blaue Jacke und fand, dass ich darin sehr gut aussah. Mein Vater und ich trugen unsere hohen H ü te. Ich hatte meinen bis dahin erst zwei Mal getragen, das eine Mal bei Oberst Kempsons Jubiläumsball in seinem Hause, das andere Mal anlässlich der Beerdigung einer der Freundinnen meiner Mutter. Sergeant Duril war so schmucklos wie immer gekleidet, weil er uns ohnehin nur bis zum Boot begleiten würde.
    Von meiner Mutter und meinen Schwestern hatte ich mich bereits am Abend zuvor verabschiedet. Ich hatte versucht, mit Yaril unter vier Augen zu sprechen, aber ich hatte das Gefühl, dass sie es vermied, mir die Gel e genheit dafür zu geben. Wenn Remwars Vater mit me i nem gesprochen hatte, dann hatte ich jedenfalls nichts davon mitbekommen, und ich wagte auch nicht, meinen Vater danach zu fragen, aus Angst, Yaril könnte womö g lich bei ihm in Ungnade fallen. Ich hatte nicht erwartet, dass der Rest der Familie mit den Hühnern aufstehen würde, um mir Lebewohl zu sagen. Doch meine Mutter kam im Morgenmantel herunter, um mir einen A b schiedskuss und ihren Segen zu geben, bevor ich mich auf den Weg machte. Fast wünschte ich mir, sie hätte es nicht getan, denn ich spürte sofort einen dicken Kloß im Hals. Ich wollte mein Elternhaus nicht mit kindlichen Tränen auf den Wangen verlassen und schaffte es auch nur ganz knapp, sie zurückzuhalten.
    Noch hatten die winterlichen Regenfälle den Fluss nicht anschwellen lassen. Ich war froh, dass wir die Reise nicht antraten, wenn die Strömung heftig und reißend war und nur die schweren Lastkähne auf dem Fluss ve r kehren konnten. Jetzt war noch die Zeit, während der die Flachboote die Familien zurück nach Westen brachten, wo sie ihre Verwandten besuchten und modische Kle i dung für die bevorstehende Wintersaison kauften. Ich muss gestehen, dass ich hoffte, auf unserem Flachboot würden ein paar von den jungen Damen vom Oberlauf des Flusses mitreisen, denn mir war die Vorstellung a n genehm, mich ihnen in meinen feinen neuen Kleidern zu präsentieren. Aber das Flachboot, auf das Sergeant Duril unser Gepäck schaffte, war ein einfaches Schiff mit nur vier Kajüten für Passagiere; der größte Teil des Decks war für Fracht vorgesehen. Der Kapitän und seine beiden Matrosen bauten schnell die behelfsmäßigen Ställe auf, die fast alle Flachboote an Bord hatten, und Sirlofty und Stahlschenkel, der graue Wallach meines Vaters, fanden Seite an Seite in geräumigen Boxen auf dem Deck Platz. Die Besatzungen der Flachboote waren sehr vertraut mit Kavallamännern und dem, was sie benötigten, wenn sie auf dem Fluss reisten. Manche von ihnen neigten durch den ständigen Kontakt fast schon zu plumper Vertra u lichkeit, aber ich sah zu meiner Freude, dass sie meinem Vater, obwohl er im Ruhestand war, den Respekt entg e genbrachten, der seinem einstigen militärischen Rang gebührte, und mehr noch, ihn mit der besonderen Hö f lichkeit behandelten, die einem »Kriegsherrn« zukam, wie die neueren Angehörigen der Nobilität des Königs manchmal fast liebevoll genannt wurden. Zwei der M a trosen waren Flachländer. Ich hatte dergleichen noch nie zuvor gesehen, und ich glaube, dass Kapitän Rhosher wusste, dass mein Vater das missbilligte, denn er nahm sich eigens die Zeit, darauf hinzuweisen, dass beide dü n ne Eisenketten um den Hals trugen,

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