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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Triumph angesichts dessen, was wir angerichtet hatten. Und wie aus dem Nichts tauchte plötzlich auch Oberst Stiet höchstpersö n lich auf und brüllte uns an, wir sollten gefälligst in Reih und Glied antreten.
    Die Euphorie, die wir eben noch angesichts unseres glorreichen Sieges empfunden hatten, zerstob schlaga r tig. Wir stellten uns in zwei schiefen Linien einander g e genüber auf. Meine Nase blutete, meine Knöchel waren wund, und ein Ärmel meines Hemds war halb abgerissen. Trent h ielt sich den rechten Arm vor der Brust, Jareds Gesicht war blutüberströmt von einer Wunde an seinem Kopf. Mein einziger Trost war, dass die Bringham-Kadetten noch weit übler zugerichtet waren als wir. Einer von ihnen musste von zwei Kameraden gestützt werden. Sein Blick ging in die Ferne, seine Kinnlade hing heru n ter. Einer hatte im Kampfgetümmel sein Hemd verloren, und seine Brust und seine Oberarme waren von Prellu n gen und Schürfwunden übersät. In der Mitte des Parad e platzes lag die Fahne von Haus Bringham im Staub.
    Ich hatte keine Zeit, mir mehr als das anzusehen. Ein Corps von Drittjährlern schritt zu Fuß unsere Reihe ab und bugsierte uns unsanft in eine geradere Linie. Serg e ant Rufet folgte ihnen, um zu schauen, welche seiner Schützlinge ernsthafte Verletzungen davongetragen ha t ten. Trent und Jared wurden zum Lazarett abgeführt, j e der eskortiert von zwei Drittjährlern, als wären sie Ve r brecher unter Arrest. Trotz des Zorns und der tiefen Angst, die wir in den Augen derer sahen, die uns muste r ten, war Rory guter Dinge. Seine Kampfeslust war sich t lich ungebrochen, trotz einer blutigen Schürfwunde an seiner Wange. Er knuffte mich fröhlich mit dem Elle n bogen in die schmerzenden Rippen und zeigte stolz auf die fünf Kadetten von Haus Bringham, die ins Lazarett verfrachtet wurden, einer von ihnen auf einer Trage. Der Rest von uns musste stehend die Verkündigung des Strafmaßes über sich ergehen lassen.
    Stiet verschonte nicht einen von uns. Er erklärte uns alle für verantwortlich, nicht bloß die Kadetten, die direkt bei der Keilerei mitgemischt hatten, sondern auch die Zweitjährler, die uns dazu provoziert hatten, die Drit t jährler, die die Zweitjährler nicht davon abgehalten ha t ten, und die Sergeanten der Häuser, die dem drohenden Unheil keine Beachtung geschenkt hatten. Er kündigte ernste Folgen an, bevor er uns mit dem strikten Befehl abtreten ließ, bis auf Weiteres in unseren Unterkünften zu bleiben.
    Wir lösten nicht unsere Formation auf, um auf unsere Zimmer zurückzukehren, sondern mussten den ganzen Weg zu unseren Unterkünften marschieren. Oben erwa r tete uns ein wutentbrannter Unteroffizier Dent, der uns in unsere jeweiligen Stuben schickte. Sobald seine Schritte verhallt waren, versammelten wir uns alle an den Türen unserer Stuben, um uns leise über den schmalen Flur hinweg zu unterhalten.
    »Denen haben wir’s gegeben!«, rief Rory in heiserem Flüsterton und mit leuchtenden Augen.
    »Ob wir rausgeschmissen werden?«, fragte Oron in weit gedämpfterem Tonfall.
    »Nee!«, sagte Rory im Brustton der Überzeugung. »Das ist so was wie eine Tradition. Jedes Jahr vermöbeln sich die neuen Kadetten ein bisschen unten auf dem E x erzierplatz. Ich bin bloß überrascht, dass es nur zwei Häuser waren und nicht alle vier. Wir werden eine Me n ge Strafrunden drehen und eine Menge zusätzlicher Dienste übernehmen müssen. Bereitet euch schon mal seelisch darauf vor, die Mistgabeln zu schwingen, Mä n ner! Aber keine Sorge, danach werden sich die Wogen schnell wieder glätten und wir werden für den Rest des Jahres unseren normalen Dienst schieben.« Er fasste sich vorsichtig an seine aufgeschrammte Wange, verzog das Gesicht und betrachtete philosophisch das Blut an seinen Fingerspitzen. »Ihr werdet sehen.«
    »Ich bin mir da nicht so sicher«, sagte Trist leise. »E i ner von denen sah ziemlich übel aus. Wenn es wirklich was Ernstes ist, wird jemand dafür bezahlen müssen. Keine alte Adelsfamilie schickt ihren Jungen auf die Akademie und schweigt dann höflich, wenn er als Inval i de nach Hause zurückkommt. Es kann gut sein, dass schwere Zeiten auf uns zukommen.«
    »Da könnt ihr Gift drauf nehmen«, sagte Gord leise. »Da könnt ihr Gift drauf nehmen. Was ist denn da bloß in uns gefahren? Ich habe mich in meinem ganzen Leben noch nie richtig geprügelt. Ich hätte es besser wissen müssen; ich hätte wissen müssen, dass sie uns mit A b sicht da hineingetrieben

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