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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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breit, und über seinem Kopf sah ich die Schatten eines Geweihs. Er ging den verbrannten, kohlschwarzen Hang hinauf. Überall schwangen Männer in grober Arbeit s kleidung ihre Äxte, ohne uns weiter Beachtung zu sche n ken. Sie flachsten gutgelaunt miteinander und schwitzten trotz der Kälte. Als ein Hornsignal erscholl, stiegen sie alle den Hang herunter, um gemeinsam ein Mittagsmahl aus Suppe und Brot einzunehmen. Schließlich wandte ich mich meinem Gefährten zu und beantwortete seine u n ausgesprochene Frage.
    »Du wirst hier keine Antwort finden. Sie wissen nicht, warum sie das tun. Sie erhalten den Befehl dazu von a n deren, die ihnen Geld dafür geben. Sie haben niemals hier gelebt oder gejagt. Sie sind nur hierhergekommen, um diese Arbeit zu verrichten. Und wenn sie getan ist, werden sie weggehen und keinen Blick zurück werfen. Dieses Land hat ihnen nie gehört, und deshalb ist das, was sie zerstören, kein Verlust für sie.«
    Ich sah, wie der Schatten des geweihbewehrten Ko p fes bedächtig nickte, mein Begleiter sprach nicht, aber ich hörte eine Frauenstimme sagen: »Das, was sie hier machen, werden sie an jedem anderen Ort machen, zu dem sie gehen. Es ist schlimmer, als ich befürchtet habe. Du siehst, dass ich Recht habe. Wir müssen sie zur U m kehr bewegen.«
    Erneut wachte ich auf, schweißgebadet, wie im Fieber. Tiefe Trauer ergriff mich, als ich mich an die schwarzen Stümpfe erinnerte, und die alte Narbe auf meinem Kopf pochte. Ich litt am Kummer eines anderen. Es dauerte einen Moment, bis ich meine eigenen Sorgen wegen der Keilerei auf dem Paradeplatz wiederfand. Sie erschienen mir auf einmal fremd und unbedeutend. Als ich versuc h te, mich wieder auf sie zu konzentrieren, fiel ich abe r mals in einen unruhigen Schlaf.
    Ich stand in Uniform vor einem Tribunal stramm. Ich durfte nicht sprechen. Durch ein Deckenfenster fiel Licht auf mich. Es stach mir in die Augen und blendete mich. Der Rest des Raumes lag im Schatten. Ich spürte kalten Stein unter meinen Füßen. Ich konnte nichts tun, außer in kalter Angst dazustehen und zuzuhören, wie Stimmen von oben über mein Schicksal befanden. Die Stimmen hallten so sehr, dass ich keine einzelnen Worte auszum a chen vermochte, aber ich wusste, dass sie über mich zu Gericht saßen. Kalte Furcht erfüllte mich.
    Plötzlich hörte ich eine Stimme klar heraus. »Sold a tenjunge.«
    Die Stimme hatte weiblich geklungen. Ich war ve r wirrt. »Ja, Madam?«
    Die Stimme war ernst und gewichtig. »Soldatenjunge. Es war dir gegeben, sie zur Umkehr zu bewegen. Hast du es getan?«
    Ich hob den Blick zu meinen Richtern und versuchte, die Dunkelheit zu durchdringen, konnte aber nichts e r kennen. »Ich habe mich vom Schwung des Augenblicks davontragen lassen, Sir. Als sie uns riefen, rannte ich mit den anderen hinaus und stürzte mich in den Kampf. Es tut mir Leid, Sir. Ich habe es versäumt, für mich selbst zu denken. Ich habe es an Führungsqualitäten fehlen la s sen.« Tiefe Scham packte mich.
    Während ich dastand und verzweifelt versuchte, mein Handeln zu verteidigen, hörte ich in der Ferne eine Trommel schlagen. Als ich mich umdrehte, um zu sehen, woher das Trommeln kam, stürzte ich und erwachte auf den kalten Fußbodensteinen meiner Stube. Es war die Trommel, die zum Morgenappell rief. Ich rappelte mich auf und fühlte mich dabei, als hätte ich die ganze Nacht kein Auge zugetan. Jede Prellung, jede Schramme an meinem Körper schmerzte, eine unerbittliche Erinnerung an mein törichtes Verhalten vom Tag zuvor.
    Mir schwirrten noch immer böse Vorahnungen aus meinem Traum durch den Kopf. Die anderen erhoben sich genauso langsam aus dem Bett wie ich. Ich war u n schlüssig: Waren wir noch immer in die Kaserne ve r bannt? Mein Magen machte sich mit lautem Knurren bemerkbar. Ob i n Ungnade gefallen oder nicht, ich hatte Hunger. Ich kleidete mich an und rasierte mich trotz der Schwellungen in meinem Gesicht. Es war schließlich Spink, der unsere Frage laut aussprach: »Meint ihr, wir sollen einfach zum Frühstück runtergehen, als ob nichts passiert wäre, oder sollen wir lieber hier oben warten, bis wir gerufen werden?«
    Die Antwort ließ nicht lange auf sich warten. Ein ziemlich zerknautscht aussehender Unteroffizier Dent kam die Treppe heraufgepoltert und herrschte uns an, wir sollten sofort unten auf dem Platz antreten. Es war früher als normal, aber wir schafften es dennoch, einigermaßen anständig angezogen unten zu erscheinen, sogar Jared und Trent.

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