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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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den Raum. Wir lauschten dem regelmäßigen Rhythmus der Stiefel, die die Treppe hinunterstapften. Plötzlich hörten wir, wie ein Stiefelpaar aus dem gleichbleibenden Rhythmus ausscherte und in größter Hast die Treppe hi n untertrappelte. Als Nächstes drang ein beeindruckendes Rülps-, Würg- und Kotzgeräusch an unsere Ohren, g e folgt von einem wütenden Aufschrei der Entrüstung von Sergeant Rufet. Beides ging unter in dem johlenden G e lächter und grausamen Applaus von Caulders Zuhöre r schaft. Kort kam zurück und berichtete tief beeindruckt: »Er hat zwei Treppenabsätze runtergekotzt. Ich hab noch nie einen Priem Kautabak so weit fliegen sehen!« Wir alle brachen in schallendes Lachen aus. Spink hob den Blick v on seinen Büchern und sagte kopfschüttelnd. »Auf einem kleinen Jungen herumhacken. Ihr seid mir wirklich echte Helden.«
    »Ach, und du warst vorher ja so freundlich zu ihm«, wies Gord ihn gutmütig zurecht.
    Ein Lächeln kräuselte einen von Spinks Mundwinkeln. »So streng war ich gar nicht. Ich habe so mit ihm ger e det, wie ich mit meinem kleinen Bruder geredet hätte. Nein, falsch, sogar noch ein bisschen freundlicher. Wenn Devlin so hier reingekommen wäre wie Caulder und die Klappe so aufgerissen hätte, dann hätte ich ihm den Kopf ger a degerückt. Es ist die Pflicht eines älteren Bruders, seinen jüngeren Bruder Demut und Bescheidenheit zu le h ren.« Er gestattete sich ein Grinsen. »Und ich habe jede Menge Bescheidenheit von meinen älteren Brüdern g e lernt, so dass ich ein gerüttelt Maß davon weitergeben kann.«
    »Also, dem Lärm nach zu urteilen hat er bereits eine mehr als reichliche Lektion von Trist bekommen. Wie kann ein Junge in seinem Alter auch nur so dumm sein, Kautabak runterzuschlucken?«
    Rory kam zurück ins Zimmer. »Sergeant Rufet hat ihm befohlen, seine Kotze wegzuwischen. Caulder hat sich geweigert und ist heulend nach draußen gerannt. Rufet ist nicht so ein harter Knochen, wie er immer tut. Er hat Trist hinter ihm hergeschickt, damit er sich um den Jungen kümmert. Den anderen hat er Eimer und Wischlappen in die Hand gedrückt. Ich hab mich im Hi n tergrund gehalten und den Unschuldigen gespielt.« Er grinste breit, stolz auf seinen Streich und darauf, dass er sich um die Strafe herumgedrückt hatte.
    »Ich hätte Trist davon abhalten sollen«, sagte Spink ruhig, und ich stimmte ihm insgeheim zu. Ich fand ebe n falls, dass Trist es eine Spur zu weit getrieben hatte, und obwohl ich Caulder für eine unerträgliche Nervensäge hielt, tat er mir doch auch ein bisschen Leid. Ich hatte mein eigenes schlimmes Erlebnis mit Kautabak gehabt, als ich gerade mal sieben gewesen war. Die Erinnerung daran war nie verblasst. Caulder war aus Haus Carneston geflüchtet, aber ich bezweifelte, dass er nach Hause g e gangen war. Wahrscheinlich hatte er sich irgendwo ein ruhiges Plätzchen gesucht, an dem er sich ungestört die Seele aus dem Leib kotzen konnte.
    Mehrere Stunden vergingen, ehe Trist zurückkehrte. Die meisten anderen Kadetten hatten sich aus dem G e meinschaftsraum verzogen, aber Spink und Gord saßen immer noch über Spinks Mathehausaufgaben, u nd Rory und ich hingen faul auf unseren Stühlen und unterhielten uns über unser Zuhause und die Mädchen, die dort auf uns warteten. Trist kam kurz vor dem Beginn der Nachtruhe hereingeschlendert, ein Liedchen pfeifend. Er sah so selbstzufrieden aus, dass ich es mir einfach nicht verkneifen konnte, ihn zu fragen, was geschehen war.
    »Ich bin zum Abendessen im Haus des Kommanda n ten eingeladen«, sagte er fröhlich.
    »Was?«, rief Rory verblüfft und fragte dann grinsend nach: »Wie hast du das denn angestellt, nachdem du se i nen Sohn erst mit Kautabak vergiftet hast?«
    »Ich soll Caulder vergiftet haben?« Trist machte ein entsetztes Gesicht und schlug sich mit der Hand an die Brust. Dann ließ er sich auf einen Stuhl fallen, streckte seine langen Beine von sich und legte einen Stiefel über den anderen. Er grinste. »Wer ist denn hinter dem armen Kerl hergerannt und hat ihm die Kotze abgewischt? Wer war erstaunt über seine Reaktion auf den Tabak und hat gesagt, es müsse sich um eine Allergie handeln, weil er nämlich noch nie jemanden gesehen hätte, der von Ka u tabak kotzen musste? Wer hatte Mitleid mit ihm und nahm ihn vor all den Grobianen in Schutz, die ihn au s lachten und hänselten, als er kotzen musste? Und wer gab ihm Pfefferminz, damit sich der Magen wieder beruhigte und der schlechte Geschmack im

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