Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
zu sehen und zu erfahren, wie sehr du uns geholfen hast, indem du uns gemeldet hast, dass du einen verletzten Kadetten gefu n den hast. Danke, Caulder. Bitte richte deinem Vater me i ne Grüße aus.«
    Caulder blieb noch einen Moment störrisch stehen, aber da wir alle schwiegen und es vermieden, ihn anz u schauen, begriff er bald, dass er nichts davon haben wü r de, wenn er blieb. »Guten Abend, Herr Doktor. Ich we r de Oberst Stiet Ihre Grüße ausrichten.« Das »Oberst Stiet« sprach er in besonders spitzem Tonfall aus, als könnten wir womöglich vergessen haben, dass sein Vater der Kommandant der Akademie war. Dann machte er zackig kehrt und verließ das kleine Zimmer. Wir hörten zu, wie das Geräusch seiner Schritte leiser wurde, und dann schloss sich die Tür hinter ihm. Erst da schaute der Arzt uns an.
    Er war ein hagerer alter Mann mit einem Kranz kurz geschnittenen grauen Haares um den kahlen Schädel. Er hatte eine randlose Brille auf der Nase und trug einen weißen Kittel über seinem Uniformhemd. Verblichene Blutspritzer auf seinem Kittel zeigten, dass er ihn schon sehr lange trug. Die Hand, die er uns entgegenstreckte, war blaugeädert und mit Altersflecken übersät, aber krä f tig. »Doktor Amicas«, stellte er sich vor. Er roch stark nach Pfeifentabak und nickte fast ständig mit dem Kopf. Während er sprach, schaute er uns mehr über den Rand seiner Brille hinweg an als durch ihre Gläser. »Caulder kam vor einer knappen Stunde hier hereingerannt und erzählte, dass er einen neuadligen Kadetten gefunden habe, der versuche, nach Haus Carneston zurückzukri e chen.« Der Doktor bewegte seinen Mund einen M o ment, als vermisse er seine Pfeife. Er wählte seine Wo r te sehr sorgfältig. »Caulder schien mir eine Spur zu viel über diesen Kadetten zu wissen für jemanden, der ger a de eben zufällig über ihn gestolpert war. Natürlich hat Ihr Freund dort nichts gesagt, was Caulders Geschichte widerspr o chen hätte, also muss ich sie für bare Münze nehmen.« Er deutete auf Gord, w ährend er sprach, aber Gord blickte immer noch nicht zu uns auf. Seit wir das Zimmer betr e ten hatten, hatte er noch keinen Laut von sich gegeben.
    »Was ist ihm zugestoßen, Sir?«, fragte Spink den Arzt, fast so, als säße Gord gar nicht dort.
    »Er sagt, er sei auf der Treppe der Bibliothek ausg e rutscht und hinuntergefallen, und dann habe er versucht, zum Wohnheim zurück zu kriechen.« Der Doktor gab seinem Verlangen nach und zog eine Pfeife aus einer H o sentasche und einen Tabaksbeutel aus der anderen. Bevor er fortfuhr zu sprechen, stopfte er seine Pfeife sehr sor g fältig und zündete sie an. Sein Ton war jetzt nüchtern. »Für mich sieht es indes so aus, als wäre er von mehreren Männern angegriffen und festgehalten worden, während jemand auf ihn einschlug. Mehrmals, aber nicht ins G e sicht.« Der Doktor nahm seine Brille ab und rieb sich müde den Nasenrücken. »Leider bin ich während meiner langen Jahre hier zu einem Experten für diese Sorte von Prellungen geworden. Ich bin dieser Dinge so überdrü s sig«, fügte er hinzu.
    »Caulder hat uns gesagt, dass Gord geschlagen wu r de«, sagte ich. Auf meine Worte hin hob Gord den Kopf und warf mir einen Blick zu, den ich nicht zu deuten vermochte.
    »Ich vermute, dass er Zeuge des Vorfalls war«, sagte der Doktor. »Caulder ist oft der Erste, der angerannt kommt und mir von Treppenstürzen und ähnlichen U n fällen von Erstjährlern erzählt. Erst neulich hat er mir von mehreren ›Unfällen‹ berichtet, die neuadligen Kade t ten zugestoßen seien und bei denen er Zeuge gewesen sein will. Die Erstjährler von Haus Skeltzin scheinen e i nen besonderen Hang dazu zu haben, Treppen hinunte r zufallen oder gegen Türen zu rennen. Es bedrückt mich zu sehen, dass diese Ungeschicklichkeit jetzt auch auf Haus Carneston überzugreifen scheint.« Der Doktor set z te sich seine Brille wieder fest auf die Nase und ve r schränkte die Hände vor seiner Brust. »Aber nie wide r spricht jemand dem, was diese kleine Klatschbase e r zählt. Daher habe ich keine Basis, aufgrund derer ich versuchen könnte, diesen ›Unfällen‹ ein Ende zu setzen.« Er richtete den Blick auf Gord, aber der beleibte Kadett war mit seinen Knöpfen beschäftigt und wich dem Blick des Arztes aus. Gords Knöchel waren wund und aufg e schrammt. Ich presste die Lippen zusammen und dachte, dass er selbst ein paar Schläge gelandet haben musste, bevor er zu Boden gegangen war.
    »Die Söhne

Weitere Kostenlose Bücher