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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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eine Seance mit mir abhalten?«
    »Ich … natürlich nicht! Es ist … unanständig, es ist Sünde, es gehört sich nicht!« In Wirklichkeit platzte ich fast vor Neugier, wie eine Seance ablief und ob dabei tatsächlich irgendetwas passierte.
    »Unanständig? Sünde? Wieso?«
    »Weil, weil es alles bloß Gauklertricks sind.«
    »Hm. Nun, wenn es tatsächlich bloß Gaukle r trickstricks sind, dann kann es ja wohl kaum Sünde sein. Es sei denn natürlich …« Sie hielt inne und schaute mich ganz ernst an, beinahe erschrocken. »Glaubst du, was diese Gebärdenspieler machen, die die Leute auf dem Alten Platz ärgern, glaubst du, das ist Sünde? Sie tun immer so, als würden sie auf Leitern steigen oder sich an Wände lehnen, die gar nicht da sind. Sind die auch una n ständig?«
    Spink musste an sich halten, um nicht loszuprusten. Ich ignorierte ihn. »Seancen sind unanständig und sündig wegen dem, was ihr dort zu tun versucht oder zu tun vo r gebt, nicht bloß, weil sie ein einziger großer Schwindel sind. Und es gehört sich einfach nicht für eine junge D a me, bei so etwas mitzumachen.«
    »Wieso? Weil wir uns im Dunkeln an den Händen ha l ten? Das macht die Königin auch.«
    »Nevare, wenn es die Königin macht, dann kann es ja wohl kaum ungehörig sein.« Ausgerechnet Spink musste das sagen.
    Ich holte einmal tief Luft, fest entschlossen, ruhig und logisch zu bleiben. Es ärgerte mich ein bisschen, dass die beiden offenbar gegen mich zusammenhielten. Ich sprach ganz ruhig: »Seancen sind sündig und ungehörig, weil ihr dort versucht, die Macht eines Gottes an euch zu reißen und über andere auszuüben. Oder zumindest so tut, als könntet ihr das. Ich habe schon einiges von Seancen g e hört: dass dort Leute töricht im Dunkeln sitzen, sich bei den Händen halten und lauschen, ob sie seltsame Gerä u sche hören, wie Klopfen oder Flüstern. Was glaubst du wohl, warum solche Seancen im Dunkeln abgehalten werden, Epiny? Was glaubst du, warum nie irgendwas an ihnen klar oder eindeutig ist? All das ist nichts weiter als geheimnisvolles Getue. Wir sind Kinder des gütigen Go t tes, Epiny, und wir sollten den Aberglauben und die Gauklertricks und die Magie der alten Götter endlich hi n ter uns lassen. Wenn wir sie alle einfach ignorieren, we r den sie sich in Nichts auflösen, und ihre Magie wird ve r schwinden. Die Welt wird ein besserer und sichererer Ort sein, wenn die alten Götter endgültig fort sind.«
    »Ich verstehe. Und wieso macht ihr dann beide, s o wohl du als auch Spink, immer diesen kleinen Finge r zauber über euren Sattelgurten, wenn ihr auf eure Pferde steigt?«
    Ich starrte sie verblüfft an, sprachlos. Der »Bleib fest«-Zauber war etwas, das ich von Sergeant Duril g e lernt hatte, als ich zum ersten Mal allein mein Pferd g e sattelt hatte. Davor hatten er oder mein Vater den Zauber vollführt. Es war eine uralte Kavallatradition, ein kleines Überbleibsel von der alten Magie, das wir uns bewahrt hatten. Ich hatte den Sergeant einmal gefragt, woher di e se Tradition stammte, und er hatte auf Anhieb geantwo r tet, dass wir sie wahrscheinlich von den besiegten Flac h ländern übernommen hatten. Dann hatte er erwähnt, dass es da noch ein paar andere kleine Zauber gegeben hatte, einen Schnur-Zauber, um Wasser zu finden, und einen anderen, um einem lahmenden Pferd neue Kraft zu ve r leihen, aber dass diese Zauber nicht mehr so gut zu wi r ken schienen, wie sie es einmal getan hätten. Er vermut e te, dass es an all unserem vielen Eisen und Stahl lag, dass die Magie nicht mehr richtig wirkte. Und dann fügte er hinzu, dass es wahrscheinlich nicht klug sei von einem Kavallareiter, zu viel von der Magie zu benutzen, die wir von unseren Feinden gelernt hätten. Ein Mann, der das täte, würde am Ende n och »zum Eingeborenen werden«. Damals war ich noch zu jung, um voll und ganz zu ve r stehen, was mit dieser Redensart gemeint war, außer, dass es etwas sehr Schlechtes sein musste. Dass Epiny mich so plötzlich auf diese Magie ansprach, machte mich äußerst verlegen und erfüllte mich mit Scham. Ich fühlte mich dadurch bloßgestellt. »Das ist meine Privatsache!«, rief ich entrüstet und schaute zu Spink, weil ich erwart e te, dass er meine Empörung teilen würde.
    Stattdessen sagte er nachdenklich: »Da hat sie wohl nicht ganz Unrecht.«
    »Hat sie nicht!«, schnauzte ich. »Antworte ganz eh r lich, Epiny. Findest du nicht, dass Seancen ein Affront gegen den gütigen Gott sind?«
    »Warum?

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