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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dem Spielbrett anordnete.
    »Ich kenne dieses Spiel leider nicht«, sagte Spink fröhlich lächelnd, als sie jedem von uns eine Farbe zutei l te.
    »Ah, machen Sie sich da mal keine Gedanken. Sie werden es ganz schnell begreifen«, prophezeite mein Onkel mit einem schiefen Grinsen.
    »Es macht ungeheuren Spaß, und es ist furchtbar leicht zu lernen«, versicherte Epiny ihm ernst.
    Das stimmte in der Tat. Trotz all seiner glänzenden und eleganten Figuren war das Spiel geradezu idiotisch einfach. Man musste zueinander passende Farben und Symbole zusammenbringen und verschiedene Worte r u fen, wenn man ein passendes Paar beieinander hatte. Beide Mädchen sprangen ständig auf und führten kleine Freudentänze auf, wenn sie gleichfarbige Paare erwischt hatten. Ich verlor rasch den Spaß daran, aufzuspringen und zu verkünden, dass ich einen Punkt gewonnen h atte. Epiny bestand jedoch darauf, dass das Aufspringen Teil der Spielregeln sei und dass ich mich den Regeln fügen müsse. An dieser Stelle wies mein Onkel zum ersten Mal ihren Eigensinn in die Schranken und bestimmte, dass weder Spink noch ich aufspringen müssten, sondern l e diglich die Hand zu heben bräuchten. Epiny schmollte daraufhin eine Zeitlang, aber das öde kleine Spiel ging trotzdem weiter. Kann man sich etwas Langweiligeres vorstellen als einen sinnlosen Zeitvertreib?
    Mein Onkel schaffte es, sich der Tortur mit der En t schuldigung zu entziehen, die kleine Purissa dürfe nicht so lange aufbleiben. Ihr Kindermädchen war in der Tür erschienen, um sie abzuholen, und er hätte das Kind g e wiss mit ihr fortschicken können. Ich glaube, Onkel S e fert bestand nur deshalb darauf, sie zu begleiten, weil ihm das eine Chance zur Flucht bot.
    Mit zwei Spielern weniger wurden die einzelnen Part i en noch kürzer, weil das Element der Ungewissheit, wer welche Karten hatte, dadurch deutlich reduziert war. Wir spielten noch zwei weitere Partien, wobei Spink höflich so tat, als vergnüge er sich bestens, bis ich es schließlich nicht mehr aushielt. »Genug!«, rief ich und hob die Hä n de zum Zeichen der Kapitulation. Ich versuchte zu l ä cheln, als ich erklärte: »Dein Spiel hat mich erschöpft, Epiny. Sollen wir nicht eine kleine Erholungspause ei n legen?«
    »Du machst aber schnell schlapp! Wie willst du jemals Kavallaoffizier werden, wenn du es nicht einmal schaffst, ein simples Brettspiel zu Ende zu spielen, ohne müde zu werden?«, fragte sie mich patzig. Lächelnd wandte sie sich Spink zu. »Du bist doch noch nicht müde, oder?«, fragte sie ihn.
    Er lächelte tapfer zurück. »Och, ein oder zwei Partien könnte ich schon noch spielen.«
    »Ausgezeichnet! Dann machen wir das!«
    Ich hatte erwartet, dass Spink sich solidarisch mit mir zeigen würde. Meines Verbündeten beraubt, willigte ich mit einem Seufzer ein, und wir spielten noch drei Partien. Während der zweiten Partie steckte mein Onkel den Kopf zur Tür herein. Epiny begrüßte ihn sofort enthusiastisch und forderte ihn auf, bei der nächsten Partie mitzuspi e len, aber er blieb standhaft und sagte, er habe noch zu arbeiten. Bevor er wieder ging, erinnerte er uns daran, dass der nächste Tag der Sechsttag war und dass wir alle früh genug zu Bett gehen sollten, um am Morgen zeitig zum Frühgottesdienst aus den Federn zu kommen.
    »Wir spielen nur noch ein paar wenige Partien«, vers i cherte ihm Epiny zu meinem Entsetzen, denn ich war mehr als gewillt, mich von ihr und ihrem Spiel zurückz u ziehen und ins Bett zu gehen. Mein Onkel ging, und ich musste noch eine Partie des todlangweiligen Spiels über mich ergehen lassen. Als Epiny die Steine einsammelte, um sie erneut auszugeben, fragte sie uns: »Hat einer von euch schon einmal an einer Seance teilgenommen?«
    Spink schaute sie verdutzt an. »Also, ich nicht. Aber Nevare vielleicht …«
    Ich schüttelte den Kopf und musste ebenfalls meine mangelnde Erfahrung in dieser Hinsicht eingestehen.
    Epiny fuhr fort, die Karten für die nächste Partie zu verteilen. Dabei schielte sie verstohlen zu uns herüber, um unsere Reaktion einzuschätzen. »Eine Seance, ein Herbeirufen von Geistern, oft durch ein Medium. Wie mich zum Beispiel.«
    »Ein Medium?«, fragte ich ungläubig.
    »Ich bin ein Medium. Jedenfalls glaube ich das, denn als ein solches hat mich das Medium der Königin b e zeichnet, als ich letztens an der Seite meiner Mutter einer Seance beiwohnte. Ich habe in den letzten vier Monaten erst damit begonnen, mein Talent dafür zu erforschen.

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