Nevare 01 - Die Schamanenbrücke
beigebracht hat. Genauso, wie wir dazu erzogen werden, etwas gegen sie zu haben. Ang e fangen hat es wahrscheinlich als ein Weg, das Beste aus uns herauszuholen, so, wie sie jedes Haus und jede Tru p pe dazu ermuntern, untereinander in Wettbewerb zu tr e ten. Aber die Politik unserer Väter hat das Ganze infiziert und es in etwas Hässliches verwandelt.«
»Aber warum? Warum sollte irgendjemand wollen, dass wir uns hassen?« Oron hielt sich die Wangen und schrie die Worte regelrecht hinaus.
Gord biss für einen Moment die Zähne aufeinander und seufzte dann. »Ich habe nicht gesagt, dass irgendj e mand uns ernsthaft aufeinandergehetzt hat. Ich sage, dass das, was die Akademie als einen gesunden Wettb e werb zwischen uns angestoßen hat, sich aufgrund der polit i schen Situation auf den Straßen in etwas Unheilvo l leres, Bedrohlicheres verwandelt hat. Dass es sogar i n nerhalb unserer Mauern außer Kontrolle geraten und zu etwas weitaus Schlimmerem ausarten kann, als unsere Vorg e setzten je beabsichtigt haben. Es liegt im besten Interesse des Königs, dass unter seinen Kavallaoffizieren eine s o lide Kameradschaft herrscht. Das liegt ganz sicher auch im besten Interesse der Kavalla und damit auch der Ak a demie. Aber es wird trotzdem welche geben, alte wie neue Adelige, die meinen, wir sollten einander verachten, weil unsere Väter im Rat der Herren gegeneinander g e stimmt haben. Und wenn jemand bewusst die Macht der neuen Edelleute schmälern wollte, wenn jemand einen Weg finden wollte, das Bündnis unserer Väter zu schw ä chen, würde er einen Weg finden, uns gegeneinander aufzuhetzen. Das ist noch nicht geschehen, aber es wird sehr interessant sein zu sehen, was für Druckmittel sie gegen uns anwenden werden. Das ist alles, was ich s a ge.«
»Oh, das war sehr erhellend«, sagte Trist. Er hatte bis dahin geschwiegen, obwohl ich zweimal gesehen hatte, wie er während Gords Vortrag die Augen verdreht hatte. »Glaubst du wirklich, es gibt auch nur einen hier im Raum, der nicht längst gesehen hat, was da vor sich geht, und sich Gedanken darüber gemacht hat?«
Sofort nickte jeder Kadett am Tisch, obgleich ich stark bezweifelte, dass auch nur einer von uns so gründlich nachgedacht hatte wie Gord.
»Nicht jeder von uns muss erst Prügel beziehen, um zu begreifen, wie die Dinge an der Akademie laufen«, fügte Trist hinzu und stellte damit den Vorfall um Gord so hin, als sei der es selbst schuld, dass er angegriffen worden war.
Ich holte tief Luft, um etwas dazu zu sagen, machte den Mund aber wieder zu, als ich eine nur allzu vertraute Stimme sagen hörte: »Vielleicht solltet ihr für eine Tracht Prügel nicht die Politik verantwortlich machen. Einige eurer Kameraden denken, ein fettes Schwein in ihrer Mitte zu haben ist schlecht für die Akademie.«
Ich fragte mich, wie lange Caulder schon unbemerkt an der Tür gestanden hatte, bevor er sich entschlossen hatte hereinzukommen.
»Was willst du hier?«, fragte Spink ihn gereizt.
Caulder lachte hässlich. »Dich, ausgerechnet. Nicht, dass ich mich um deine Gegenwart reißen würde; ganz im Gegenteil! Aber aus irgendeinem Grund wünscht mein Vater dich zu sehen. Du sollst dich in seinem Büro in der Verwaltung melden.« Sein Blick wanderte von Spink zu Trist. Ich glaubte, eine Spur von Schmerz in seinen Augen zu sehen, und er klang fast ein wenig wie ein verschmähter Liebhaber, als er sagte: »Na, Trist, lachst du immer noch über den tollen Streich, den du mir gespielt hast? Wie dumm von mir, jemandem wie dir zu trauen und zu glauben, du könntest Wert auf meine Freundschaft legen.«
Trist hätte besser Schauspieler statt Soldat werden so l len. Er sah Caulder verwirrt an. »Einen Streich, Caulder? Ich kann mich an keinen Streich erinnern, den ich dir gespielt hätte.«
»Du hast mich vergiftet. Mit Kautabak. Du wusstest genau, wie schlecht mir davon werden würde. Bestimmt habt ihr alle hinterher hier gesessen und euch vor Lachen ausgeschüttet.«
Das hatten wir in der Tat. Ich versuchte, nicht schul d bewusst auszusehen. Trist beherrschte das weit besser als ich. Er öffnete die Hände, als wolle er zeigen, dass er keine Waffen hatte. »Wie könnte ich das getan haben, Caulder? Vielleicht erinnerst du dich, dass ich bei dir war. Ich habe dich hinterher nach Hause gebracht.«
»Du hast mich mit voller Absicht zum Kotzen g e bracht. Vor aller Augen. Um mich zu verspotten.« Cau l ders Stimme klang gepresst, und ich empfand einen A n flug von Mitleid. Er
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