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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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einem ehrenhaften Entlassung s zeugnis von hier weg. Sie brauchen nicht mit eing e klemmtem Schwanz nach Hause zu fahren. Sie könnten mit einer Versetzung zu einer der Zitadellen im Osten hier ausscheiden.« Er lehnte sich plötzlich zu mir herüber und versuchte ein Lächeln. »Schlafen Sie eine Nacht darüber. Kommen Sie morgen früh zu mir zurück und sagen Sie mir, dass Sie sich entschieden haben, doch Kundschafter werden zu wollen. Ich werde mich darum kümmern, dass Ihnen die entsprechenden Versetzung s papiere ausgestellt werden. Von einer Aussonderung wird darin nichts stehen.«
    Er wartete auf meine Antwort. Ich hätte mich bei ihm bedanken können. Ich hätte sagen können, dass ich noch Zeit brauchte, um es mir zu überlegen. Stattdessen sagte ich gar nichts.
    Hauptmann Maw sprach sehr leise. »Sie können we g treten, Kadett Burvelle.«
    Für mich klang es wie ein Urteilsspruch. Ich erhob mich, ohne irgendeine Reaktion auf seine Worte zu ze i gen, und ging aus seinem Büro, aus dem Mathe- und N a turkundegebäude und hinaus in die Kälte des Dunke l abends. Heute Nacht tanzten und tollten und zechten die Leute in Alt-Thares und feierten die längste Nacht des Jahres. Morgen würden sie zusammen frühstücken und sich alles Gute für den ersten längeren Tag des Jahres wünschen. Noch bevor die Woche vorüber war, würden Sirlofty und ich uns bereits auf dem Heimweg zu meiner Familie befinden. All die Jahre, all die Zeit, all die Ene r gie, all die Mittel, die mein Vater in meine Ausbildung investiert hatte, waren für die Katz’ gewesen. Die gold e ne Zukunft, die er mir versprochen hatte, lag in Scherben. Ich dachte an Carsina, und Tränen brannten mir in den Augen. Sie würde nicht meine Frau werden. Ihr Vater würde sie nie und nimmer an einen Kavallakundschafter weggeben. Jäh durchfuhr mich die Gewissheit, dass ich kinderlos sterben würde, dass die Soldatensohn-Tagebücher, die ich nach Hause an meinen Bruder schi c ken würde, eine Geschichte enthalten würden, die nicht mehr als eine kurze und unbedeutende Episode w ä re, eine Geschichte, die sich kläglich im Nichts der B e deutungslosigkeit verlor.

21. Karneval
     
    Haus Carneston war menschenleer. Ein unglücklicher Kadettenkorporal saß auf Sergeant Rufets Platz hinter seinem Pult. Bestimmt schob er Strafdienst. Ich vermut e te, dass man ihm die Nachtschicht zugeteilt hatte, damit auch unser mürrischer Sergeant an den Vergnügungen des Dunkelabends teilhaben konnte. Der Kadettenkorp o ral schaute mich trübsinnig an, als ich an ihm vorbe i stapfte. Ich brachte nicht die Energie auf, die Treppe schnell hinaufzugehen. Das ganze Haus war unnatürlich still.
    Meine Stube wies alle Anzeichen eines hastigen Au f bruchs auf. Niemand hatte auf mich gewartet. Sie waren allesamt losgestoben zu einer heißen Nacht in der Stadt, ohne auch nur einen Gedanken auf Nevare Burvelle zu verschwenden. Ich hätte darauf gewettet, dass am Droschkenstand keine einzige Mietkutsche mehr stand. Selbst wenn ich es mir doch noch anders überlegt hätte, ich hätte gar nicht mehr die Möglichkeit gehabt, in die Stadt zu kommen. Aber ich hatte Hunger. Ich beschloss, das Akademiegelände zu verlassen und zu einem Wirt s haus in der Nähe zu spazieren, auf ein Bier und eine Mahlzeit. Danach würde ich ins Wohnheim zurückke h ren und schlafen gehen. Wenn ich es denn konnte.
    Ich nahm meinen Mantel vom Haken, und als ich die Arme durch die Ärmel steckte, fiel ein zusammengefalt e ter Zettel heraus. Ich bückte mich und hob ihn vom B o den auf. Mein Name stand darauf, in Spinks Handschrift, leicht verschmiert, als hätte er ihn ganz hastig hingekri t zelt. Ich faltete den Zettel auf und starrte auf die entset z liche Nachricht, die mein Schicksal besiegelte. »Ich tre f fe mich mit Epiny. Es war nicht meine Idee, Nevare. Sie hat mir per Boten eine Botschaft geschickt, ich soll auf der Wiese am Großen Platz auf sie warten, damit wir den Dunkelabend gemeinsam feiern könnten. Ich weiß, dass es töricht von mir ist, zu ihr zu gehen; es wird die schlechte Meinung, die ihre Tante ohnedies schon von mir hat, nur bestätigen. Aber ich wage es nicht, sie allein zu lassen unter all den zwielichtigen Gestalten, die sich heute Nacht auf den Straßen herumtreiben werden.« U n terschrieben war die Nachricht mit einem geschwung e nen S.
    Ich knüllte den Zettel zusammen und steckte ihn in meine Manteltasche. Jetzt musste ich zum Dunkelabend, und wenn ich den ganzen Weg zum

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