Nevare 01 - Die Schamanenbrücke
»Feldbeförd e rung hat Oberst Rebin das genannt. Er sagt, das passiert, wenn man einer von den paar ist, die noch auf den Be i nen stehen, wenn sich der Pulverdampf nach der Schlacht verzogen hat. Er hat eine ganze Reihe von uns befördert. Meinte, wenn wir uns bewähren würden, könnten wir die Streifen behalten. Jetzt ärgerst du dich bestimmt, dass du nicht auch ein paar Tage früher zurückgekommen bist.«
»Überhaupt nicht«, sagte ich wie aus der Pistole g e schossen. »Für mich klingt das erst einmal so, als wäre es für euch bloß mit mehr Arbeit verbunden. Den Streifen kannst du gerne behalten, Obergefreiter Hart. Und hie r mit grüße ich zum ersten Mal den Herrn Obergefreiten!« Die Geste, die ich machte, war nicht die militärisch ko r rekte, aber Rory lachte und erwiderte den wenig feinen Gruß.
Ich war noch nie zuvor in Haus Bringham gewesen. Entsprechend kam ich mir wie ein Eindringling vor, als ich über den blankgebohnerten Steinboden zur Anme l dung ging. Ein alter Sergeant, den ich noch nie gesehen hatte, trug mich in eine Liste ein, ließ mich unterschre i ben und drückte mir sodann eine Liste mit den Aufgaben in die Hand, die ich an dem Tag zu erledigen hatte. Als Erstes holte ich mein Bettzeug ab. Es war so sauber, dass es noch nach Seife roch. Ich stieg eine Treppe hinauf, die unter meinen Schritten weder knarrte noch wackelte. Der Geruch von Seifenlauge war allgegenwärtig. Mein Qua r tier befand sich im dritten Stock. Zwei Kadetten schrub b ten auf Händen und Knien den großen Studiersaal, der den gesamten zweiten Stock einnahm. Ich zog eine Gr i masse. Ein Blick auf meine Dienstliste zeigte mir, dass ich mich ihnen gleich würde anschließen müssen. Andere Kadetten staubten Bücher ab und stellten sie ordentlich in ihre Regale zurück. Ich hatte nicht einmal gewusst, dass Haus Bringham über eine eigene kleine Handbibliothek verfügte. Kein Wunder, dass die Kadetten von altem Adel uns in den geisteswissenschaftlichen Fächern stets übertroffen hatten. Der gesamte dritte Stock war eine offene Kaserne, mit einer Reihe von Waschbecken an einem Ende, die flankiert waren von Wasserklosetts. Es erschien mir wie der Gipfel allen Luxus.
Mein Bett war nicht schwer zu finden. Ein sauber b e schriftetes Schild an seinem Fuß trug meinen Namen. Und auf der aufgerollten Matratze l agen fünf Briefe für mich. Einer war von Epiny und Spink. Herr und Frau Spinrek Kester, hatte sie in großen Lettern auf den U m schlag geschrieben. Ich musste schmunzeln. Das Schmunzeln verging mir, als ich sah, dass der nächste Brief von Carsinas Vater war. Und der dritte war von Carsina selbst, sorgfältig adressiert an den Kadetten N e vare Burvelle. Ein dünner vierter Brief enthielt wah r scheinlich einen Brief von Yaril, in dem sie mich au s schalt. Sie hatte solch große Hoffnungen auf Carsina und mich gesetzt. Der fünfte Brief war von meinem Vater. Ich legte sie alle erst einmal beiseite und begann, meine Sachen einzuräumen. Ich fragte mich, was in den Briefen wohl stand, aber mir fiel nichts ein.
Zunächst stellte ich meine Bücher ins Regal und hän g te meine Sachen in meinen Spind. Meinen Koffer dep o nierte ich am Fuß des Bettes. Ich ging langsam und b e dächtig vor, während ich alles an seinen Platz stellte. D a nach bezog ich mein Bett mit dem frischen Bettzeug. Und die ganze Zeit über kreisten meine Gedanken um jede mögliche Antwort, mit der ich mich in den Briefen vielleicht konfrontiert sehen würde.
Als sich schließlich eine strammgezogene Decke über meinem Bett spannte, hockte ich mich auf die Ecke und öffnete als erstes Epinys Brief, weil er mir als der am wenigsten bedrohliche erschien. Er war unterwegs g e schrieben und auf einer Poststation aufgegeben worden. Alles, was sie sah und tat, war wunderbar und aufregend und faszinierend. Einmal hatten sie während eines R e gengusses unter dem Wagen geschlafen, als der schlechte Zustand der Straße sie daran gehindert hatte, rechtzeitig die nächste Stadt zu erreichen. Es war, so Epiny, ausg e sprochen »kuschelig« gewesen, wie in einem Kani n chenbau, und in der Ferne hatte sie wilde Hunde heulen gehört. Sie hatte eine Herde Rehe gesehen, die sie vom Hang eines Hügels aus beobachtet hatten. Über einem Feuer in einem offenen Kessel hatte sie Haferbrei g e kocht. Spink wurde mit jedem Tag kräftiger. Er hatte ihr versprochen, sie Schießen zu lehren, sobald er wieder ausreichend genesen war, um zu jagen. Sie hatte g e glaubt,
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