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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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da, und so zwang ich mich denn, das zu tun, was zu tun ich mir geschworen hatte, falls ich je die Gelegenheit dazu bekommen sollte. Ich würde Caulder mit seiner dreisten Lüge konfrontieren. Dem Diener, der die Tür öffnete, zeigte ich den Brief, den Caulder mir geschrieben hatte. Der Mann bekundete höfliches Erstaunen und sagte mir, er müsse erst die E r laubnis der Mutter des Jungen einholen. Sie habe ang e ordnet, dass er nichts tun dürfe, was ihn auf irgendeine Weise aufregen könne. Seine Gesundheit sei immer noch viel zu stark angegriffen.
    Und so musste ich eine Weile in einem edel eingeric h teten Salon warten. Ich schaute mir die teuren Drucke an den Wänden an, setzte mich aber nicht in einen der üppig gepolsterten Sessel. Mit einem Gefühl von Bitterkeit dachte ich daran, dass ich während meiner Zeit als Kadett unter dem Oberst nie für würdig befunden worden war, einmal in sein Haus eingeladen zu werden.
    Eigentlich hatte ich damit gerechnet, dass Caulders Mutter kommen würde, um zu sehen, wer ihren Sohn da sprechen wollte. Aber nicht sie, sondern der Diener kam zurück, mit der schlichten Bitte seiner Mutter, ich solle ihren Sohn nicht überanstrengen und auch nicht zu lange bleiben. Ich versicherte dem Mann, dass ich nicht bea b sichtigte, über Gebühr zu verweilen, und folgte ihm nach oben in ein sonnendurchflutetes Wohnzimmer.
    Caulder wartete bereits auf mich. Er saß auf einer Chaiselongue und hatte sich eine Steppdecke über die Beine gelegt. Er sah noch schlimmer aus als Spink. Seine Arme waren dürr und knochig, seine Handgelenke und Ellenbogen wirkten unnatürlich groß. Ein Nachttisch mit einem Krug Wasser, einem Glas und den anderen Utens i lien eines Krankenzimmers stand in seiner Reichweite. Seine Knie zeichneten sich spitz unter der Steppdecke ab und bildeten zwei Berge, auf denen er mehrere Bleisold a ten aufgestellt hatte. Aber er spielte nicht mit ihnen, so n dern starrte sie nur an. Der Diener klopfte leise an den Rahmen der offenen Tür. Caulder fuhr zusammen, und zwei Soldaten fielen zu Boden. »Entschuldigung, Sir. Sie haben einen Gast«, sagte der Mann zu ihm und ging rasch zu den Soldaten, um sie aufzuheben und Caulder zurückzugeben.
    Der Junge nahm sie geistesabwesend entgegen und sagte kein Wort, bis der Mann den Raum verlassen hatte.
    Caulder starrte mich eine Weile an und sagte dann mit heiserer Stimme: »Du siehst nicht so aus, als wärst du überhaupt krank gewesen.« Es klang erstaunt.
    »Doch, ich war krank.« Ich starrte den Jungen an, der mir so ungeheures Unrecht zugefügt hatte, der solchen Hass in mir hervorgerufen hatte, und fühlte doch nur Kä l te in mir. Ich hatte befürchtet, ich würde die Fassung ve r lieren und ihn anschreien. Doch nun, als ich ihn da so sitzen sah, ein Häufchen Elend mit dünnen Ärmchen und blutunterlaufenen Augen, wollte ich nur noch eins: mö g lichst weit weg von ihm sein. Ich kam sofort zur Sache: »Du hast mir geschrieben. Du wolltest mich sehen. Du schriebst, du habest etwas für mich.«
    »Ja, ich habe etwas für dich.« Er hatte es tatsächlich geschafft, noch blasser zu werden, als er es ohnehin schon war. Er wandte sich zu seinem Tisch und kramte in den Sachen herum, die darauf verstreut standen und l a gen. »Ich habe deinen Stein mitgenommen. Es tut mir leid. Hier ist er. Ich möchte ihn dir zurückgeben.« Er hielt ihn mir hin. Mit drei Schritten durchquerte ich den Raum. Er duckte sich beinahe ängstlich vor mir weg, als ich ihm den Stein aus der Hand nahm. »Ich weiß, dass es falsch war, ihn mitzunehmen. Aber ich hatte einen so l chen Stein noch nie gesehen. Ich wollte ihn nur meinem Onkel zeigen. Er beschäftigt sich mit Steinen und Pfla n zen.«
    Ich schaute den rauen Stein mit seiner groben Kr i stallmaserung an und erinnerte mich nur allzu gut daran, unter welchen Umständen ich an ihn gekommen war. Wollte ich wirklich noch irgendetwas besitzen, das mich daran erinnerte? Ein leiser Schauer lief mir über den Rücken, als ich an die Baumfrau und ihre Welt dachte. Damit war ich jetzt fertig. Epiny hatte das gesagt, und obwohl ich ihr auch sonst nichts glauben wollte, was in irgendeiner Form mit ihren Seancen und Geistern zu tun hatte, das wollte ich nur zu gern glauben. Der Schatten der Baumfrau hing nicht länger über mir. Ich war frei von ihr. Mit einem lauten »klack« legte ich den Stein auf den Tisch zurück. »Du kannst ihn behalten. Ich will ihn nicht mehr haben. War das der einzige Grund, weshalb ich

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