Neverwake
in der Tetsuo einen Waffensatelliten auf einen Flugzeugträger herunterstürzen läßt.
Von dem Flugzeugträger steigen Kampfflugzeuge senkrecht nach oben auf, um das Unheil abzuwehren. Sie schießen Raketen in den Himmel, wir sehen die gebogenen Rauchspuren der Raketenflugbahnen auf einen glosenden Zenit hinstreben. Das Glosen wird konkret, wird zu einer kleinen Sonne. Einer der Piloten meldet Sichtkontakt. Wir sehen den massiven Satelliten, glühend vom Atmosphäreneintritt, genau auf uns herunterstürzen, von den Raketen bereits getroffen und ze r mürbt, aber in seiner kritischen Masse keinesfalls beeinträc h tigt. Einer der Piloten schreit »Feuer!«, seine Welt steht bereits kopf, und immer noch beschleunigt er gen Himmel. Der fallende Satellit löst seine Waffensysteme aus, als würde er den Feuerbefehl des Piloten befolgen. Unten auf der Meeresobe r fläche wird eines der den Flugzeugträger begleitenden Krieg s schiffe von einem Strahl getroffen und verendet. Die Raketen der Flugzeuge prallen von einem telekinetischen Schutzschild ab, der den Satelliten umgibt. Die Piloten passieren das Ung e tüm fassungslos und wenden wieder abwärts in gravitätischen Kondensbahnen. »Was war das?« fragt einer der Piloten, und »Was hast du?«, und ein anderer antwortet: »Ich dachte, ich hätte da jemanden gesehen … !« Und dann sehen auch wir ihn genauer. Tetsuo, das zornige Kind, der eigentliche Held der Erzählung Akira. Er reitet den Satelliten zur Erde. Er ist der Vater der Glut. Wir sehen ihm direkt in die Augen. Dann, für einen kurzen, unbezahlbaren Augenblick, sehen wir mit seinen Augen. Der Flugzeugträger liegt genau unter uns, im Nadir der Welt. Die Perspektive ist schwindelerregend und berauschend zugleich. Auf dieses Schiff werden wir stürzen, und wir wissen – denn wir vertrauen Katsuhiro Otomo und seinem Vollstr e cke r Tetsuo schon längst –, die Verwüstung wird unbeschrei b bar sein und unbeschreibbar schön. Dieses Wissen war die Essenz dessen, was es bedeutet, ein Virt zu sein.
Als sein Kumpel Smugglerboy wieder zu ihm stieß, war es Suicider gelungen, zwei der drei Zanzibars, die Smugglerboy ihm überlassen hatte, zu zerstören und sogar ab und zu noch eine Salve auf den Rumpf des Everest abzugeben, der dadurch womöglich schon etwas angebohrt war. Der vierte und letzte Zanzibar jedoch war noch topfit und versuchte immer wieder, Suicider in die sich kreuzenden Breitseiten des Everest zu locken, aber bislang war Suicider jedem Tod um Haaresbreite ausgewichen. Seine Schilde waren längst unten, sein Rumpfz u stand wurde von einer gleichgültig klingenden Frauenstimme wiederholt als »kritisch« bezeichnet.
»Wir haben keine Zeit mehr für den Zanzibar !« schrie Smug g lerboy, als er ins Kampfgeschehen zurücktoste. »Alle Feue r kraft auf den Everest, sonst kriegen wir ihn nicht rechtzeitig klein!«
Sie gingen auf Entfernung und stachen die unbeirrt vorwärt s drängende Titaniumkathedrale mit allem, was wehtun konnte. In der Abkühlphase zweier wegen Überhitzung kurzfristig nicht einsetzbarer Strahler löste Smugglerboy sogar einen seismischen Disruptor aus, der normalerweise dazu diente, zur Mineraliengewinnung Meteoriten zu sprengen.
Der Everest feuerte mit unterschiedlichst formatierten G e schützen zurück. Dazwischen nervte immer wieder der Zanz i bar mit flammenspeienden Sturzflugattacken. Auch Smug g lerboy wurde von dem Jäger zweimal erwischt und durchgerü t telt und mußte sich von seinen Schutzschilden verabschieden. Doch der Everest knickte nicht ein. Er hatte die fetteste Rumpfhülle, mit der die beiden Spieler es je zu tun bekommen hatten. Ein sensorischer Abtaster meldete, daß der Everest mit dem Aufladen seiner Torpedorohre begann. Damit würde er die beiden Satelliten killen und die gesamte Mission gleich mit.
Suicider und Smugglerboy gingen näher ran, um ihre Strah l kraft zu verstärken. Das Spiel war jetzt schweißtreibend, ein lupenreiner, zermürbender Kampf gegen die Uhr, in dem ein einziger Fehler für jeden von ihnen das Aus bedeuten würde.
Endlich geriet der Everest in die Schußreichweite der beiden umprogrammierten Abwehrsatelliten. Stoisch begannen die beiden Debris -Konstruktionen damit, den Bug des Berges unter Feuer zu nehmen. Erste Metallfetzen platzten ab und trieben davon.
»Wir kriegen ihn! Wir kriegen ihn! Nicht nachlassen!« Smug g lerboys Worte waren undeutlich, weil er beim Reden jetzt die Zähne fest zusammengebissen ließ.
Der
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