New Heroes - Die Zeit der Superhelden
zu – jetzt wurden sie nur noch von Facade und dem anderen Soldaten bewacht. »Lauf!«, flüsterte Colin Danny zu. »Lauf! Ich versuche, sie aufzuhalten!«
Danny schüttelte den Kopf. »Geht nicht. Zu riskant.«
Doch dann hörte Colin seine Mutter flüstern. »Colin … kannst du mich hören?«
Colin nickte, nur ein einziges Mal, und hoffte, dass Facade es nicht bemerkte.
»Gut«, sagte seine Mutter. »Schau mal nach links.«
Colin blickte unauffällig nach links. Eine Gruppe von zwei Dutzend Jungen stand in der Nähe, alle ungefähr in seinem Alter. Vier gestresste Erwachsene gehörten ebenfalls dazu, wahrscheinlich die Lehrer. Die Jungen liefen durcheinander, riefen und plapperten aufgeregt, lieferten sich Rangeleien und sorgten allgemein für beträchtliches Chaos. Dann bemerkte Colin, dass gerade zwei weitere Jungen von ihren Eltern bei der Gruppe abgeliefert wurden; die Eltern schienen ziemlich erleichtert, die Jungen loszuwerden.
Colins Mutter flüsterte: »Schulaustausch vermutlich. Wir beobachten sie schon seit ein paar Minuten. Die Lehrer erlauben ihnen, zur Toilette zu gehen, aber immer in kleinen Gruppen von drei oder vier Leuten. Das könnte deine Chance sein. Folge ihnen auf die Toilette, vielleicht kannst du irgendwie mit einem von ihnen dein Sweatshirt tauschen.«
Colin nickte noch einmal und wandte sich an Facade. »Ich muss mal aufs Klo.«
»Kneif die Beine zusammen, bis wir im Flugzeug sind.«
Colin blickte sich um. Die Schlange war auch hinter ihnen weiter angewachsen. Er entschloss sich, es doch zu wagen. So laut, dass alle Umstehenden es hörten, sagte er: »Ich geh mal schnell aufs Klo, Dad. Halt den Platz für mich frei, okay?«
Er wartete die Antwort erst gar nicht ab, sondern setzte sich sofort in Richtung der Schulgruppe in Bewegung. Gleichzeitig horchte er aufmerksam.
»Verdammt«, hörte er Facade murmeln. »Folge ihm, Davison!«
Colin hörte den harten Schritt des Soldaten hinter sich; der Mann trug schwere Armeestiefel.
Er ging mitten durch die Jungenschar hindurch und entdeckte eine der Lehrerinnen, eine freundlich wirkende Frau mittleren Alters. Colin holte tief Luft und ging direkt auf sie zu. »Könnten Sie mir bitte helfen? Ich suche meine Eltern.« Er gab sich Mühe, so auszusehen, als würde er jeden Augenblick in Tränen ausbrechen.
Die Frau lächelte ihn freundlich an. »Weißt du, welches Flugzeug sie nehmen wollen?«
»Nein.«
»Na gut – wohin wollt ihr denn reisen?«
Eine Sekunde lang setzte Colins Verstand regelrecht aus, sodass ihm keine einzige amerikanische Stadt einfiel. »Äh … New York.«
»JFK oder La Guardia?«
Colin hatte keine Ahnung, was das bedeutete, deshalb sagte er: »JFK.«
Und dann legte sich auch schon eine schwere Hand auf seine Schulter. »Da bist du ja, Colin! Ich hab dich schon überall gesucht!«
Er wandte sich um. Der Soldat – Davison – stand hinter ihm und lächelte die Lehrerin an.
»Danke«, sagte er zu ihr. »Wir hatten schon Angst, wir müssten ohne ihn wegfliegen!«
Höchste Zeit für Trick Nummer zwei, dachte Colin. Laut sagte er zu der Frau: »Ich kenne den Mann überhaupt nicht!«
Davison drückte Colins Schulter, was wahrscheinlich wie eine väterliche Geste aussah, aber höllisch schmerzte. »Ach komm, hör endlich mit deinen Spielchen auf! War schon letztes Mal nicht besonders komisch, Colin.«
Die Frau blickte unsicher zwischen beiden hin und her.
»Tut mir leid«, sagte Davison, »er hat manchmal einen ziemlich bizarren Sinn für Humor.«
Einer der anderen Lehrer kam herbei, ein groß gewachsener, athletisch gebauter Mann um die dreißig. Colin wusste sofort, dass er der Sportlehrer sein musste. »Gibt’s hier ein Problem, Mrs Bergin?«
Dabei betrachtete er Davison abschätzig von oben bis unten.
Davisons Grinsen wurde noch breiter; er zog Colin eng an sich und Colin spürte das kalte Metall einer Pistole im Rücken.
»Nein, alles klar«, antwortete Davison. »Mein Sohn spielt wieder mal eines seiner Spielchen.« Und mit gesenkter Stimme fügte er hinzu: »Er denkt eben manchmal nicht sehr schnell, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Colin schluckte und stieß hervor: »Er hat eine Pistole. Steckt im Gürtel.«
Davison winkte den Lehrer ein wenig näher und sprach noch leiser. »Hören Sie … Mein Junge hat eine total übersteigerte Einbildungskraft. Schuld ist seine Mutter. Sie lässt ihn jeden James-Bond-Film anschauen.«
Inzwischen waren auch die Schüler und die anderen Lehrer
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