Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nexus

Nexus

Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
Vom Netzwerk:
hatte, und dann studierte ich die Lebensgeschichte dieses Romanschriftstellers, nur um herauszufinden, was ihn veranlaßt hatte, sich so für Kanäle zu interessieren.
    Mittlerweile waren mir die «wilden und entfernten Gegenden unseres Landes» gleich zur Hand. Ich brauchte nur stehenzubleiben und ein Bündel Radieschen zu kaufen, um eine unheimliche Gestalt auszugraben. Sah ein italienisches Bestattungsgeschäft verlockend genug aus, ging ich hinein und erkundigte mich nach dem Preis eines Sarges. Alles, was jenseits der Grenze lag, interessierte mich. Einige meiner geliebtesten kosmokokkischen Bösewichte bewohnten, wie ich entdeckte, dieses trostlose Land. Patrick Garstin, der Ägyptologe, war einer von ihnen. (Er glich mit der Zeit mehr einem Goldgräber als einem Archäologen.) Auch Donato wohnte hier. Donato, der junge Sizilianer, der seinen Alten mit der Axt hatte erschlagen wollen, ihm aber glücklicherweise nur einen Arm abgetrennt hatte. Wie hoch er doch hinauswollte, diese Knospe eines Vatermörders! Mit siebzehn träumte er von einem Posten im Vatikan, um, wie er sagte, den heiligen Franziskus besser kennenzulernen.
    Von einem Alkalilager wanderte ich zum andern und brachte meine geographischen, ethnologischen, folkloristischen und meine Kenntnisse im Geschützwesen auf den neuesten Stand der Forschung. Die Architektur wimmelte von atavistischen Anomalien. Es gab Gebäude, die anscheinend von den Gestaden des Kaspischen Meeres hierher verpflanzt waren, Hütten aus Andersens Märchen, Läden aus den kühlen Labyrinthen von Fes, einzelne Wagenräder und zweirädrige Wagen ohne Deichsel, Vogelkäfige die Menge und immer leere Nachttöpfe, oft aus Majolika, und mit Stiefmütterchen und Sonnenblumen dekoriert, Korsetts, Krücken und die Griffe und Stangen von Regenschirmen ... ein endloses Durcheinander von allem möglichen Plunder, der aber immer die Handelsmarke «Hergestellt in Hagia Triada» trug. Und was für sonderbare Käuze! Einer, der angeblich nur Bulgarisch sprach — er stammte jedoch aus der Moldau -, wohnte in einem Hundezwinger hinter seiner Bretterbude. Er aß mit dem Hund - aus demselben Blechteller. Wenn er lächelte, sah man nur zwei Zähne, gewaltige Eckzähne, als wäre er tatsächlich ein Hund. Er konnte auch bellen oder schnüffeln und knurrte wie ein richtiger Köter.
    Nichts von alldem wagte ich in dem Roman unterzubringen. Nein, den Roman stattete ich wie ein Boudoir aus. Ohne Dreck . Es waren zwar nicht alle Gestalten achtbar oder von Sünden frei, o nein! Einige, die ich der farbigen Aufhellung wegen hineingezogen hatte, waren reine Schmucks (Vorhautlose). Der Held, der zugleich der Erzähler war und mit dem ich einige Ähnlichkeit besaß, sah wie ein trapezoider Gehirnakrobat aus. Er hatte die Aufgabe, das Karussell in Gang zu halten. Dann und wann leistete er sich eine Freifahrt.
    Dieser bizarre und ausländische Bestandteil setzte Pap in endloses Erstaunen. Er hatte sich schon gewundert — und das auch offen gesagt -, wie eine junge Frau - die Verfasserin - auf solche Gedanken und solche Bilder kam. Es war Mona nie eingefallen, die Ausrede zu gebrauchen: «Die stammen aus einer anderen Inkarnation.» Offen gestanden, ich hätte selbst kaum gewußt, was ich darauf sagen sollte. Einige der blödesten Schilderungen hatte ich aus Almanachen gestohlen, andere entstanden aus feuchten Träumen. Besondere Freude machte es anscheinend Pap, wenn gelegentlich ein Hund oder eine Katze auftraten. (Er konnte natürlich nicht wissen, daß ich tödliche Angst vor Hunden hatte und Katzen nicht mochte.) Aber ich konnte einen Hund zum Reden bringen. Er sprach dann wirklich wie ein Hund, was ich eigens betonen muß. Der eigentliche Grund, warum ich diese Geschöpfe einer niedrigen Ordnung in das Buch einführte, lag darin, daß sich gewisse Personen des Romans der Kontrolle entzogen hatten. Ein richtig angeleiteter Hund kann aus einer Königin eine Eselin machen. Wenn ich dazu eine mir verhaßte landläufige Idee lächerlich machen wollte, brauchte ich mich nur als Köter zu personifizieren, das Hinterbein zu heben und darauf zu pissen.
    Trotz all dieser Personen und dieses ganzen Humbugs "gelang es mir, eine gewisse antike Glasur zu schaffen. Ich wollte dem Ganzen eine solche Vollendung, eine solche Patina geben, daß jede Seite wie Sternenstaub glitzerte. Das war damals meine Auffassung von der Aufgabe eines Schriftstellers. Man lasse die Schlammpfützen, die sich gebildet haben, ruhig bestehen,

Weitere Kostenlose Bücher