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Nexus

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Titel: Nexus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Miller
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Soldaten, marschieret wie in den Krieg .. . Ein Hurra den Karamasows! Was für eine fröhliche Wissenschaft! Encore un petit effort, si vous voulez etre republicains!
    Die Mitte der Straße hinab. Schreite zimperlich einher, um in keinen Pferdedreck zu treten. Durch welchen Schmutz und Humbug müssen wir waten! O Harry, Harry! Harry Haller, Harry Heller, Harry Smith, Harry Miller, Harry Harried. Komme schon, Asmodeus, komme schon. Auf zwei Stöcken wie ein verkrüppelter Satan, mit Orden beladen. Und was für Orden! Das Eiserne Kreuz, das Victoria-Kreuz, La Croix de Guerre ... In Gold, Silber, Bronze, Eisen, Zink, Holz und Blech ... Bitte, wählen Sie!
    Und der arme Jesus mußte sein Kreuz selber tragen!
    Die Luft wird prickelnder. Chatham.Square. Gute alte Chinatown. Unter dem Pflaster ein kleiner Laden neben dem anderen, die reinste Bienenwabe. Opiumhöhlen. Lotosland. Nirwana. Ruhe in Frieden, die Arbeiter der Welt arbeiten. Wir arbeiten alle - um feierlich in die Ewigkeit einzuziehen.
    Nun schwingt die Brooklyn-Brücke wie eine Lyra zwischen den Wolkenkratzern und Brooklyn Heights. Wieder einmal wendet sich der müde Wanderer mit leeren Taschen, leerem Magen und leerem Herzen heimwärts. Gorganozola humpelt auf zwei verbrannten Stümpfen vorüber. Unten der Fluß, oben die Möwen. Und über den Möwen die unsichtbaren Sterne. Was für ein herrlicher Tag! An einem solchen Spaziergang hätte selbst Pomander seine Freude gehabt. Oder Anaxagoras. Oder der Schiedsrichter des verderbten Geschmacks: Petronius.
    Der Winter des Lebens beginnt, wie jemand gesagt haben soll, mit der Geburt. Die härtesten Jahre sind von eins bis neunzig. Danach geht alles glatt.
    Heimwärts fliegen die Schwalben. Jede trägt ein Krümchen, einen kahlen Zweig, ein Fünkchen Hoffnung im Schnabel. E pluribus unum .
    Das Orchester erhebt sich, alle vierundsechzig Musiker in fleckenloses Weiß gekleidet. Darüber beginnen die Sterne durch das mitternächtliche Blau der gewölbten Decke zu schimmern. Die «Größte Schau der Welt» beginnt jetzt, komplett mit dressierten Seehunden, Bauchrednern und Luftakrobaten. Der Zeremonienmeister ist Onkel Sam selbst, der lange dürre, zebragestreifte Humorist, der seine Baron-Münchhausen-Beine über die Welt spreizt, und ob es stürmt, hagelt, schneit, friert oder taut, immer bereit ist, kikeriki! zu schreien.
19
    Als ich an einem hellen lieblichen Morgen aus dem Hause segle, um meinen Spaziergang zu machen, sehe ich Mac Gregor draußen auf mich warten.
    «Haha!» sagt er, und sein Gesicht leuchtet grinsend auf. «Du bist es, in Fleisch und Blut? Endlich habe ich dich erwischt, was?» Er streckte die Hand aus. «Hen, warum muß ich so nach dir auf der Lauer liegen? Kannst du nicht gelegentlich ein paar Minuten für einen alten Freund erübrigen? Vor was reißt du denn aus? Wie geht es dir überhaupt? Macht das Buch Fortschritte? Hast du etwas dagegen, wenn ich eine Strecke mit dir gehe?»
    «Die Wirtin wird dir wohl gesagt haben, daß ich nicht zu Hause bin?»
    «Wie hast du das erraten?»
    Ich schritt aus, er ebenfalls, wir gingen in Reih und Glied, als machten wir einen Parademarsch.
    «Hen, ich glaube, du wirst dich nie ändern.» (Das klang erschreckend nach meiner Mutter.) «Früher konnte ich zu jeder Tages- und Nachtzeit zu dir kommen, du warst immer für mich zu sprechen. Jetzt bist du Schriftsteller... eine wichtige Persönlichkeit und hast keine Zeit mehr für einen alten Freund.»
    «Geh», sagte ich, «rede keinen Unsinn. Du weißt, daß es nicht so ist.»
    «Wie ist es denn?»
    «So ... Ich habe es satt, Zeit zu verschwenden. Die Probleme, die du hast, kann ich nicht lösen. Niemand kann das außer dir selbst. Du bist nicht der erste Mann, der einen Korb bekommen hat.»
    «Und du? Hast du vergessen, wie du mich die ganze Nacht wachhieltest und mir die Ohren mit deiner Una Gifford vollsummtest?»
    «Damals waren wir einundzwanzig.»
    «Man ist nie zu alt, sich zu verlieben. In unserem Alter ist es eher noch schlimmer. Ich kann es mir nicht leisten , sie zu verlieren.»
    «Was soll das heißen, kann es mir nicht leisten?»
    «Es drückt mein Selbstbewußtsein nieder. Man verliebt sich nicht mehr so oft und so leicht. Ich will aber nicht ohne Liebe sein, das wäre schrecklich. Ich sage nicht, daß sie mich unbedingt heiraten soll. Aber ich muß wissen, daß sie da ist — erreichbar ist. Ich kann sie aus der Entfernung lieben, wenn es sein muß.»
    Ich lachte. «Komisch, daß du so etwas sagst.

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