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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Blick. »Ja, Mutter«, sagte er, wandte sich um und marschierte würdevoll zum Haus zurück. Gut.
    Mittlerweile waren auch ihre Töchter abgesessen und standen jetzt hinter ihr. Tilde und die kleine Catherine, sittsam und gehorsam. Verstohlene Blicke schossen unter den Kapuzen hervor: Seht uns an. Erwachsene Frauen, die einen Ehemann finden müssen.
    »Und, Henning, geht es Euch gut?« fragte die Witwe. »Kommt in fünf Minuten in mein Arbeitszimmer.« Sie ließ sich Zeit. Ließ den Blick über all ihre Arbeiter, all ihre Dienstboten schweifen und erwiderte deren Verbeugungen und Knickse, ehe sie sich langsam zu ihrem Konsulenten umwandte. »Und der gute Meester Julius. Ob Ihr wohl später ein wenig Zeit für mich erübrigen könnt?«
    »Wann immer Ihr es wünscht, gnädige Frau«, bejahte er und deutete eine Verbeugung an.
    »Und Euer unbotsamer Lehrling?« erkundigte sie sich.
    »Claes ist drinnen, Demoiselle«, erklärte Henning. »Die Magistrate haben verlangt, daß er bis zu Eurem Eintreffen im Haus bleibt.«
    »Zweifellos«, meinte die Witwe Charetty. »Aber war es nötig, die gleiche Ansicht wie sie zu vertreten? Es sei denn, die Stadt entschädigt mich für den Arbeitsausfall. Oder war dies Teil Eurer Vereinbarung, Meester Julius?«
    Er sah sie offen an. »Ich fürchte, die Magistrate würden einen Einspruch kaum gelten lassen. Wenn es Euch genehm ist, werde ich das im Verlauf unserer Unterredung erklären.«
    »Das sollt Ihr«, erwiderte Marian de Charetty. »Und der Lehrling Claes ebenfalls.« Mit diesen Worten nickte sie ihm zu, öffnete die Spange ihres Umhangs und ging, gefolgt von ihren Töchtern, auf die Tür ihres Zimmers zu.
    Ihr Verwalter kam atemlos, aber gerade noch rechtzeitig, um sie ihr zu öffnen.
    Felix ging in die Dachkammer hinauf, in der Claes, in der Hand ein Messer und umgeben von unzähligen Hobelspänen, auf seinem Strohsack saß.
    »Mutter ist da. Henning und Julius sind zuerst dran«, berichtete Felix.
    »Warm oder kalt?« fragte Claes und drehte das Kästchen um, das er gerade schnitzte. Claes begann ständig irgendein Spiel, und andere machten es kaputt.
    »Eisig«, verkündete Felix aus vollem Herzen, Ein wenig blaß war er »Das wird ein wahres Schauspiel für unsere Leute«, sagte Claes leichthin. Er begutachtete das Kästchen von der Seite, nahm das Messer und glättete eine Unebenheit. »Sag die Wahrheit und verlaß dich nicht auf Julius. Er kann nicht immer alles vertuschen. Außerdem muß Henning, um seine eigene Haut zu retten, ohnehin damit herausrücken.« Er stellte das Kästchen auf den Boden und stöberte herum, bis er eine kleine Holzkugel fand.
    »Du hast leicht reden«, erwiderte Felix. »Du bist nicht ihr Sohn und Erbe. Mußt nicht dem Andenken deines Vaters Ehre machen. Verkörperst nicht die Zukunft seiner geliebten Färberei. Mußt dich nicht um das Wohlwollen der Kunden und die Achtung derer bemühen, die eines Tages für dich arbeiten werden. - Das gilt dir. Lach nicht, zum Teufel. - Verhältst dich nicht rücksichtslos dem guten Konsulenten Julius gegenüber, der das Beste aus einer verfahrenen Situation macht. Vergeudest nicht Hennings Zeit. Vergeudest nicht die Zeit deines Lehrmeisters in Löwen. Besudelst nicht das Ansehen, das Flandern in den Augen der Welt genießt…«
    »Kostest nicht Unsummen Geldes«, ergänzte Claes. Er ließ die Kugel behutsam in eine Aushöhlung gleiten, und plötzlich geriet in dem roh geschnitzten Kästchen alles mögliche in Bewegung, scheinbar ganz von selbst.
    Mürrisch betrachtete Felix das Spielzeug. »Das spielt ja nicht mal ein Lied«, meinte er verächtlich. »Das letzte hatte Glöckchen und einen Trommelschlegel. Sie könnte einiges sparen, wenn sie mich von der Universität nähme.«
    »Naja, das Leben ist nun mal kein Glockenspiel. Arbeit muß auch sein«, bemerkte Claes.
    »Aber an der Universität habe ich doch gearbeitet!« verteidigte sich Felix entrüstet. Als Claes nicht antwortete, nicht einmal aufsah, nahm Felix das Kästchen, ließ es zu Boden fallen und funkelte Claes wütend an. Im ganzen Raum waren Drahtstückchen und Holzsplitter verstreut.
    Claes blickte auf. Nicht gekränkt, nicht verärgert. Einfach fügsam, dachte Felix zornig. Claes begann ständig irgendein Spiel, und andere machten es kaputt.
    Aus dem gleichen Grund, aus dem sie ihn prügelten. Es machte ihm nichts aus.
    Ein Stockwerk tiefer verlief die Unterredung zwischen Julius und seiner Dienstherrin unangenehmer als erwartet. Er hatte sich in

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