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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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Jeans, einer ausgebeulten Lederjacke, einem schwarzen T-Shirt und Armeestiefeln. Nach den vielen Monaten im Gefängnis war seine Haut blass und pickelig. Das sandfarbene Haar war so kurz geschoren, dass seine graue Kopfhaut durchschimmerte und er aussah wie weit über dreißig. Er stand auf der Türschwelle, seine großen Fischaugen anklagend auf Sonnschein gerichtet, der sofort aufsprang und mit einem breiten Grinsen die Arme ausbreitete.
    »Mahn! Der berüchtigte Jones! Ist wieder draußen, wieder unter uns. Und stürzt sich gleich in die Arme von seinem alten Freund. Jones, wie geht’s? Komm her, du alter Hurensohn!«
    Sonnschein trat vor, wickelte seine Arme um den blassen Mann und klopfte ihm so kräftig auf den Rücken, dass man hätte denken können, er hätte nach langer Zeit seinen Bruder wiedergefunden. Aber Jones empfand das offensichtlich nicht so. Während Sonnschein fröhlich plapperte, machte Jones ein finsteres Gesicht. Eiskalt ließ er seinen Blick durch die Küche wandern, verweilte kurz bei Davey und dann bei den dampfenden Bechern auf dem Tisch. Da blitzten seine Augen auf und er schaute zu der Tür, hinter der sich Nick und Red versteckten. Red trat zurück, als hätte sie der Blick getroffen. Für einen Moment schien es wirklich, als könnte Jones durchs Holz gucken.
    »Du Gruselmonster«, flüsterte Red und lehnte sich wieder zur Tür vor, um zu lauschen.
    Sonnschein trat zurück. Jones blickte ihn zum ersten Mal an.
    »Also! Wie lange ist das her?«, fragte Sonnschein und setzte sich, immer noch breit grinsend.
    Jonesy trat in die Mitte des Raumes und warf seinen Rucksack auf den Tisch. Sonnschein blickte ihn misstrauisch an.
    »So ’n Jahr ungefähr, würd ich sagen, danke, Sonnschein. Gibt ’ne Menge nachzuholen.«
    »Die haben dich jede Minute absitzen lassen«, sagte Sonnschein.
    »Hab noch was draufgekriegt wegen schlechter Führung«, sagte Jonesy. »Kennst mich doch, Sonnschein. Ich lass mir nix gefallen. Jetz muss ich nur den Arsch finden, wo mich verpfiffen hat, und wenn ich den finde, wird der dafür büßen, egal, ob mich das ’n paar Jahre kostet.«
    Jones hielt inne und blickte Sonnschein an, der die Hände ausbreitete.
    »Ich hoffe, du hast nich mich im Verdacht, Jones«, sagte er leise.
    »Ich hab alle im Verdacht«, sagte Jones. »Hey, was is mit deiner Gastfreundschaft? Was glaubste wohl, was ich für’n Durst hab nach zwölf trockenen Monaten.«
    »Du hast noch nicht mal Zeit gehabt, einen zu trinken?«, fragte Sonnschein ungläubig.
    »Ich hab nicht gesagt, dass ich noch nichts getrunken hab, sondern nur, dass ich mächtig Durst hab.«
    Sonnschein bedeutete Davey, Bier aus dem Kühlschrank zu holen, zog seine Blechdose aus der Tasche und drehte dem unerwünschten Gast einen Joint.
    Davey gab sich große Mühe, das Bier möglichst unauffällig auf den Tisch zu stellen, aber Jonesy blickte ihn von oben bis unten an, hob eine Augenbraue und wartete darauf, dass Davey etwas sagte.
    »Bitte sehr, Jonesy«, sagte Davey. »Schön, dass du wieder da bist.«
    »Ach ja?« Jones wandte sich zu Sonnschein. »Für die Kids biste immer noch der King, was, Sonnschein?« Er nahm einen großen Schluck Bier. »Ich schätze es überhaupt nicht, wenn man mich vor der Tür warten lässt«, sagte er, plötzlich wieder drohend.
    »Ein Mann hat das Recht, seine Tür nicht zu öffnen«, sagte Sonnschein. »Das hat nichts mit dir zu tun, versteh das nicht falsch. Es regnet, es ist Dienstag. Winter. Da will man seine Ruhe.«
    »Du kennst meine Stimme, du kennst mich. Früher hast du mir immer aufgemacht, Sonnschein, und ich will, dass das auch so bleibt. Soll ich etwa mit ’nem Sack Ware draußen im Regen stehen bleiben? Nicht dein Ernst, oder? Verdammte Scheiße, das kann nicht dein Ernst sein!« Er rutschte auf seinem Stuhl vor und reckte wütend sein Kinn Richtung Sonnschein, der die Hände zu einer friedlichen Geste hob.
    »Die Sprechanlage is noch schlechter geworden, für mich klingen alle Stimmen gleich, Jonesy, ich schwör’s! Komm schon, sei doch nich so – schön, du bist wieder da! Prost!« Sonnschein hob seine Bierdose und Jones tat es ihm zögerlich nach. Die beiden Männer saßen eine Weile schweigend und tranken ihr Bier, dann zündete Sonnschein den Joint an, nahm einen Zug und ließ widerstrebend den Blick auf den Rucksack fallen, der zwischen ihnen auf dem Tisch lag.
    »Tja«, sagte Jones.
    »Wie lange biste draußen?«
    »Vierundzwanzig Stunden.«
    »Du bist aber schnell.

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