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Nicholas Dane (German Edition)

Nicholas Dane (German Edition)

Titel: Nicholas Dane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melvin Burgess
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Morris-Brüdern, dass sie heute Abend eine längere Verabredung mit Mr Harvey haben.«
    Er wandte sich ab und verließ den Hof, Nick humpelte mit Unterstützung von zwei Jungen hinter ihm her, hinein ins große Haus. Im Korridor wurde Nick auf einen Stuhl gesetzt, die anderen beiden Jungen durften gehen. Der Mann setzte sich neben Nick und stellte sich vor: Tony Creal, stellvertretender Leiter von Meadow Hill. Sobald Nick etwas sicherer auf den Beinen war, ließ Creal ihn aufstehen und führte ihn über die breite Treppe hinauf in den ersten Stock.

7
  Tony Creal
     
    Meadow Hill war einst ein vornehmes Haus gewesen. Die Treppe, die so breit war wie ein durchschnittliches Wohnzimmer, wand sich elegant hinauf in den ersten Stock. Früher waren die Stufen gebeizt und gebohnert und mit Läufern bedeckt gewesen, an den Wänden hingen Tapeten und schöne Gemälde. Heute war der lange Korridor, den Mr Creal Nick entlangführte, schmuddelig und roch nach Kohl und Staub. Auf dem Boden lag dunkelbraunes Linoleum, die Wände waren etwa hüfthoch in einem stumpfen Grün und von dort bis zur Decke in einem schmutzigen, glänzenden Beigeton gestrichen. Mr Creal und Nick bogen um mehrere Ecken, bis sie vor einer billig aussehenden, modernen Tür standen.
    Mr Creal zog ein Schlüsselbund aus der Tasche und drehte sich zu Nick um.
    »Nicholas Dane«, sagte er und verzog das Gesicht zu einem kleinen Lächeln. »Mrs Batts hat mir von dir erzählt.«
    Nick nickte.
    »Batty Batts«, sagte Mr Creal. Nick guckte ihn an, antwortete aber nicht. Das klang freundlich, aber woher sollte er wissen, dass es keine Falle war?
    Mr Creal schüttelte den Kopf und lächelte breit. »Also, Dane«, sagte er. »Hier sind wir in Meadow Hill, einem Heim für schwer erziehbare Jungen. Hinter der Tür befindet sich meine Wohnung. Auf dieser Seite«, sagte er und deutete mit dem Kopf auf den Flur, »bin ich Mr Creal oder Sir, und du bist Dane. Weder Nicholas noch Nick – einfach Dane. Aber!« Er reckte einen Finger in die Luft und zog die Augenbrauen hoch. »Hinter der Tür, zwei Schritte von hier, wirst du wieder der alte Nick sein. Und wer ich bin, sage ich dir, sobald wir drin sind. Einverstanden?«
    »Ja, Sir«, sagte Nick vorsichtig.
    Mr Creal lächelte wieder, steckte den Schlüssel ins Schloss und ging Nick voran durch die Tür.
    Es war eine Wohnung, ein Heim – so wie es sein sollte. Teppich auf dem Boden, ein Sofa, Sessel, Bücher, ein Fernseher. Nach einer Woche in staatlicher Obhut fiel Nick am meisten auf, dass hier so viele Dinge mit Stoff bezogen oder bedeckt waren. Die Stühle, der Boden, die Lampen. Nick stand da und staunte. Total abgefahren. So … normal.
    Der große Mann streckte seine Hand aus. »Tony Creal. Ich freue mich, dich kennenzulernen«, sagte er. Nick, der voller Blut und Rotz war, starrte auf die ausgestreckte Hand. Mr Creal zog erneut die Augenbrauen hoch und nickte. »Na los«, sagte er aufmunternd. »Das ist keine Falle. Versprochen.«
    Nick nahm die Hand und schüttelte sie. »Nick Dane«, sagte er.
    »Wunderbar! Also«, Mr Creal breitete die Arme aus. »Da sind wir. Mach’s dir bequem. Was kann ich dir anbieten, Nick? Tee, Kakao? Kaffee, Cola? Na?«
    »Cola? Sehr gern, Sir, vielen Dank«, brachte Nick heraus, der sich immer noch nicht sicher war, ob er nicht doch gerade in eine fürchterliche Falle tappte.
    Mr Creal hob einen Finger. »Hier drinnen bin ich Tony. Einfach Tony. Denk dran! Ja?«
    Nick musterte den Mann mit dem strahlenden Lächeln, den hellen Augen, der munteren Art. Er sah nett aus, aber Nick war sich nicht sicher, ob er das Wort Tony über die Lippen bringen würde.
    Mr Creal lachte. »Du wirst dich dran gewöhnen. Na, dann guck dich doch einfach mal um, während ich Kaffee mache.« Er begab sich zur Küche, hielt aber an der Tür inne. »Mach doch ein bisschen Musik an«, sagte er. »Die Kassetten sind da drüben.« Er deutete mit dem Kopf in eine Ecke und ging in die Küche.
    Nick blickte sich um. Alles um ihn herum war sauber, nur er selbst war dreckig, blutverschmiert, hässlich. Er humpelte hinüber zur Musikanlage. Auf einem Regal standen jede Menge Schallplatten und Kassetten, alle alphabetisch geordnet. Auf dem Abspielgerät stapelten sich Kassetten, die Nick bekannt vorkamen. Er nahm eine und drehte sie um. Es war seine. Das waren alles seine Kassetten. Der ganze Stapel.
    Mr Creal kam mit einem dampfenden Becher und einem Glas Cola zurück. »Mrs Batts hat mich gebeten, deine Kassetten an

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