Nicholas Flamel Bd. 3 Die mächtige Zauberin
Aufnahmen dazu ins Netz gestellt, die sie mit dem Fotohandy geschossen hatten.
In Dutzenden von Beiträgen waren die Videos und Schnappschüsse als Fälschungen hingestellt und mit Bildern von Sasquatch und dem Ungeheuer von Loch Ness verglichen worden, die sich alle als manipuliert herausgestellt hätten. Erst jetzt kam Sophie der Gedanke, dass diese Wesen wahrscheinlich auch existierten. Sie beeilte sich, zu Flamel und ihrem Bruder aufzuschließen.
»Bleib immer dicht bei uns, Sophie«, sagte der Alchemyst. »Du hast keine Ahnung, in welcher Gefahr wir uns befinden.«
»Das sagst du dauernd«, murmelte sie, wobei sie sich im Moment allerdings nicht vorstellen konnte, wie es noch schlimmer kommen sollte.
»Ist es noch weit?«, fragte Josh. Ihm war immer noch schwindelig von dem Adrenalinstoß und jetzt bekam er auch noch weiche Knie.
»Nur noch ein Stück die Straße hinunter«, antwortete Flamel und wies mit dem Kinn auf eine weiße Kirche auf der linken Straßenseite.
Sophie hatte ihren Bruder eingeholt, und ihr fiel auf, wie blass er war und dass seine Stirn glänzte vor Schweiß. Sie drückte leicht seinen Arm. »Wie geht’s?« Sie wusste, was er durchmachte: Die Gerüche und Geräusche, das ganze Tohuwabohu der Stadt waren zu viel für seine frisch geschärften Sinne. Als Hekate ihre eigenen Kräfte erweckt hatte, hatte auch Sophie diese Überlastung der Sinne erlebt. Nur dass die Hexe von Endor und Johanna ihr geholfen hatten, mit dem Strom von Empfindungen und Eindrücken fertig zu werden. Josh dagegen hatte niemanden, der ihm helfen konnte.
»Gut, danke«, antwortete Josh rasch, fügte aber einen Augenblick später, als er sah, dass seine Schwester ihn skeptisch anschaute, hinzu: »Okay, nicht so doll. Es ist nur alles …« Er suchte nach den richtigen Worten.
»Es ist einfach zu viel«, vollendete sie den Satz für ihn.
Josh nickte. »Du sagst es. Ich kann sogar die Auspuffgase der Autos schmecken.«
»Es reguliert sich alles«, versprach sie, »und es wird leichter. Oder vielleicht gewöhnt man sich einfach daran.«
»Ich glaube nicht, dass ich mich je daran gewöhnen kann«, sagte er, senkte den Kopf und blinzelte wegen der hellen Sonnenstrahlen, die durch die blauschwarzen Wolken drangen. Das Sonnenlicht, das sich glitzernd auf den nassen Straßen brach, war wie Nadelstiche in seinen Augen. »Ich brauche eine Sonnenbrille.«
»Gute Idee.« Sophie joggte ein paar Schritte voraus. »Nicholas, warte!«, rief sie.
Flamel schaute sich zwar um, blieb aber nicht stehen. »Wir dürfen nicht herumtrödeln«, sagte er barsch und ging zügig weiter.
Sophie blieb mitten auf dem Bürgersteig stehen und hielt Josh am Arm fest, sodass er ebenfalls anhalten musste. Der Alchemyst war bereits ein halbes Dutzend Schritte gegangen, bevor er merkte, dass die Zwillinge nicht mehr hinter ihm waren. Er blieb stehen, drehte sich um und winkte sie zu sich. Sie ignorierten ihn, und als er zu ihnen zurückkam, hatte seine Miene etwas Dunkles, Hässliches. »Ich habe keine Zeit für solchen Unsinn.«
»Wir müssen für Josh eine Sonnenbrille kaufen und für mich auch«, sagte Sophie. »Und Wasser.«
»Später.«
»Wir brauchen das aber jetzt«, sagte sie bestimmt.
Flamel öffnete den Mund, um unfreundlich zu widersprechen, doch Josh trat einen Schritt vor und stellte sich dicht vor den Alchemysten. »Wir brauchen das jetzt.« In seiner Stimme schwang eine Spur Arroganz mit. Als er in Paris vor der Kathedrale auf dem Kirchplatz gestanden und gespürt hatte, wie rohe Kraft ihn durchströmte, als er gesehen hatte, wie die zum Leben erweckten steinernen Wasserspeier zu Staub zerfallen waren, war ihm erst richtig klar geworden, welche Kräfte er und seine Schwester besaßen. Im Moment brauchten sie Flamel vielleicht, aber er brauchte sie genauso.
Flamel blickte in die blauen Augen des Jungen, und was immer er darin sah, veranlasste ihn, sich umzudrehen und zu einer Ladenzeile zu gehen. »Wasser und Sonnenbrillen«, sagte er und fügte sarkastisch hinzu: »Sollen die Sonnenbrillen eine bestimmte Farbe haben?«
»Schwarz«, antworteten die Zwillinge wie aus einem Mund.
Sophie wartete mit Josh vor dem Laden. Sie war hundemüde, aber sie wusste, dass es Josh noch dreckiger ging. Jetzt, da die Regenwolken sich verzogen hatten, füllten die Straßen sich langsam. Menschen der unterschiedlichsten Nationalitäten gingen vorbei und unterhielten sich in ihrer jeweiligen Sprache.
Plötzlich neigte Sophie den Kopf auf die
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