Nicholas Flamel Bd. 5 Der schwarze Hexenmeister
auswichen. Die meisten Fußgänger in diesem Teil der Stadt wussten um den Ruf der Jugendlichen.
Die beiden Jungs hatten ihr Opfer inzwischen überholt. Sie blieben vor einem kleinen Schönheitssalon stehen, beobachteten, wie der Mann auf der anderen Straßenseite herankam, und schätzten den Wert ihrer Beute ab. Sie waren schon ziemlich lange in dem Geschäft und beklauten nur Leute, bei denen es sich auch lohnte. Alle anderen stellten ein unnötiges Risiko dar und waren Zeitverschwendung.
»Er ist groß«, gab Larry zu bedenken.
Mo nickte. »Sehr groß«, gab er zu. »Aber alt …«
»Coole Lederjacke für einen alten Knacker«, fuhr Larry fort. »Retro. Biker-Stil.«
»Echt cool. Dürfte einiges wert sein.«
»Die Stiefel sind auch okay. So gut wie neu.«
»Cooler Ledergürtel, geile Gürtelschnalle«, lobte Mo. »Sieht aus wie ein Helm. Die behalte ich für mich«, fügte er hinzu.
»He, das ist unfair. Du hast beim letzten Mal die Uhr von dem Typen behalten.«
»Und du hast die Ledertasche der Frau deiner Oma zum Geburtstag geschenkt. Wir sind quitt.«
Plötzlich drehte der Mann sich zur Straße um und torkelte, ohne sich um den Verkehr zu kümmern, direkt auf Larry und Mo zu. Die beiden Jungs wirbelten herum und blickten ins Schaufenster des Schönheitssalons, wo der Betrunkene sich spiegelte. So aus der Nähe bekamen sie eine klarere Vorstellung von seiner Größe. Er war ein Hüne und wirkte mit seiner locker sitzenden Kleidung noch größer. Zu Bluejeans trug er ein weites T-Shirt, das einmal weiß gewesen sein mochte, jetzt jedoch von einem undefinierbaren Grau war, und darüber eine schwarze XXL -Lederjacke mit Nieten im Motorradfahrer-Stil. Um die Stirn hatte er ein schwarz-weißes Tuch gebunden, das auf dem Hinterkopf verknotet war. Die Augen waren hinter einer dunklen Pilotenbrille verborgen.
»Ist das eine Ray-Bans?« Larry versuchte zu erkennen, ob auf dem rechten Glas der Sonnenbrille das unverkennbare Unterschriften-Logo prangte.
»Eine billige Kopie, jede Wette. Aber wir nehmen sie trotzdem mit. Vielleicht kriegen wir von irgendeinem Touristen ein paar Kröten dafür.«
Als der Mann mit steifen Beinen an ihnen vorbeigestolpert war, drehten sie sich wieder um. Die silbernen Nieten auf dem Rücken seiner Jacke zeigten einen Helm, dessen Design dem auf der Gürtelschnalle ähnelte. Eine rote und eine blaue Niete stellten Augen dar, die auf beiden Seiten des langen Nasenschutzes hervorlugten.
»Er ist Biker.« Larry schüttelte den Kopf. »Und Biker machen nur Ärger. Ich glaube, wir sollten ihn laufen lassen.«
»Und wo, bitte schön, ist seine Maschine?«, fragte Mo. »Wenn du mich fragst, ist er nichts weiter als ein dicker alter Knacker, der sich gern tough anzieht.«
»Könnte trotzdem ein Biker sein. Und selbst alte Biker sind noch tough.«
»Stimmt. Aber wir sind tougher.« Mo griff unter sein T-Shirt und legte die Hand auf das Bleirohr, das im Bund seiner Jeans steckte. »Und niemand ist tougher als unser kleiner bleierner Freund hier.«
Larry hatte seine Zweifel, aber er nickte. »Wir folgen ihm weiter, aber wir schnappen ihn uns nur, wenn wir ihm von hinten eins überziehen können. Einverstanden?«
»Einverstanden.«
Mit einer scharfen Drehung bog der Mann plötzlich nach rechts in die Turk Murphy Lane ein, eine schmale Gasse, die den Broadway mit der Vallejo Street verband.
»Mann o Mann, es gibt Leute, denen geschieht es nicht besser.« Mo grinste. »Heute ist unser Glückstag.« Er klatschte Larry ab, und sie liefen den Broadway hinunter, dem Mann in der Lederjacke nach. Sich über einen Plan zu verständigen, war nicht nötig. Sie würden den alten Herrn in der stillen Gasse überfallen, sich seine Jacke schnappen, die Stiefel und den Gürtel und sein Geld, falls er welches bei sich hatte, und dann die Gasse hinunterlaufen. Bevor sie auf die Valejo Street einbogen, würden sie allerdings zu einem lässigen Schlendern übergehen. Die Turk Murphy Lane stieß nämlich direkt gegenüber der Polizeistation auf die Valejo Street. Larry und Mo kannten sich in den Straßen in und um Chinatown herum aus wie in ihrer Westentasche, und bis jemand den Mann in der Gasse entdecken und Alarm schlagen würde, waren sie schon über alle Berge.
»Denk dran, die Gürtelschließe gehört mir«, erinnerte Mo seinen Kumpel.
»Okay, aber nächstes Mal darf ich mir zuerst was aussuchen …«
Doch als sie um die Ecke bogen, stand der hünenhafte Kerl breitbeinig mitten auf dem
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