Nicholas' Geheimnis (German Edition)
schießen lassen. »Danke für alles«, sagte sie leise.
Dorian lächelte und küsste auch Melanie flüchtig auf die Wange. Der Duft von Orangenblüten wehte sie an. »Seht euch die Rosenbeete an, das wird euch auf andere Gedanken bringen.«
Nachdem Dorian in der Halle verschwunden war, ging Liz zu der Tür, die in den Garten führte. »Soll ich uns Tee bringen lassen?«
»Für mich nicht, danke. Und hör auf, mich wie eine Kranke zu behandeln.«
»Du liebe Güte, tue ich das?«
»Ja. Seit ich …« Melanie sprach nicht weiter.
Liz warf ihr einen Blick zu und setzte sich seufzend auf eine Marmorbank. »Melanie, es tut mir so furchtbar Leid, dass es ausgerechnet dich treffen musste. Nein, nein, tu nicht so, als wär’s halb so schlimm. Wir kennen uns zu gut und zu lange. Ich weiß, wie dir heute Morgen zu Mute gewesen sein muss. Und wie du dich jetzt fühlst, weiß ich auch.«
»Ich fühle mich schon besser, Liz.« Melanie nahm in einer kleinen Sitzschaukel Platz und zog die Beine an. »Allerdings gebe ich zu, dass ich fürs Erste keine Muscheln mehr bewundern werde. Aber du und Alex dürft euch nicht die Schuld daran geben. Es war ein unglücklicher Zufall, dass ich ausgerechnet heute Morgen diese Höhle entdeckte. Ein Mann wurde umgebracht – irgendjemand musste ihn ja finden.«
»Aber nicht gerade du.«
»Jedenfalls seid ihr beide nicht dafür verantwortlich.«
Liz seufzte. »Als sachlich denkende Amerikanerin weiß ich das, aber …« Sie hob die Schultern und lächelte. »Ich glaube, ich werde langsam zur Griechin. Und du wohnst unter meinem Dach.« Liz zündete sich eine Zigarette an, stand auf, und ging ein paar Schritte auf und ab.
Eine schwarze Zigarette, stellte Melanie betroffen fest, eine teure, schwarze Zigarette. Aber natürlich, Liz hatte die Angewohnheit, sich hin und wieder aus Alex’ Beständen zu bedienen.
Melanie schaute in Liz’ schönes Gesicht und schloss die Augen. Ich muss verrückt sein, dachte sie, wenn ich es auch nur eine Sekunde lang für denkbar hielte, Liz könnte etwas mit Mord und Schmuggel zu tun haben. Ich kenne sie seit Jahren, ich habe mit ihr zusammen gewohnt. Vermutlich kenne ich sie besser als mich selbst. Aber wie weit würde Liz gehen, um den Mann zu decken, den sie liebte?
»Ich muss Iona ausnahmsweise Recht geben«, sagte Liz plötzlich. »Dieser Typ von der Polizei kann einen ganz schön verunsichern. Dieses Lächeln … die eiskalten Augen, die aalglatte Höflichkeit – ich muss sagen, die hart gesottenen New Yorker Cops sind mir lieber. Da weiß man wenigstens, woran man ist.«
»Ich verstehe, was du meinst«, sagte Melanie. Wenn sie doch nur ihre eigenen Gedanken abschalten könnte!
»Warum wollte er jeden von uns einzeln verhören? Was verspricht er sich davon?« Hastig führte Liz ihre Zigarette zum Mund. Die Brillanten auf ihrem Ehering blitzten kalt im Sonnenlicht.
»Routine, nehme ich an.« Melanie musste auf den Ring schauen. Bis dass der Tod euch scheidet, dachte sie.
»Du kannst sagen, was du willst«, widersprach Liz, »dieser Tripolos ist mir unheimlich. Was hat der Mord mit uns zu tun? Keiner von uns kannte den Mann. Ein Fischer namens Anthony Stevos!«
»Fischer?«
»Das ist jeder zweite männliche Dorfbewohner.«
Melanie schwieg. Sie versuchte sich an die Szene im Salon heute Morgen zu erinnern. Wie haben die einzelnen Anwesenden reagiert? Hätte sie selbst nicht unter Schockeinwirkung gestanden, wäre ihr dann irgendetwas aufgefallen? Es gab noch jemanden, der an diesem Morgen eine schwarze Zigarette geraucht hatte, fiel ihr plötzlich ein.
»Liz«, begann Melanie vorsichtig, »kannst du dir erklären, warum Iona plötzlich durchdrehte und wegen des Verhörs eine Szene machte?«
»Melodramatische Szenen sind bei Iona an der Tagesordnung.« Liz lachte spöttisch auf. »Hast du nicht gesehen, wie sie sich Nick an den Hals geworfen hat? Wie er das aushält, ist mir schleierhaft.«
»Es scheint ihn nicht zu stören.« Nein, rief sich Melanie zur Ordnung. Nicht an Nick denken. Nicht jetzt. »Iona ist schwer zu durchschauen«, fuhr sie fort. »Aber heute Morgen …« Und gestern auch, dachte Melanie. Gestern, als die Rede auf den Rauschgiftschmuggel kam. »Heute Morgen hatte sie Angst, panische Angst.«
»Ich glaube, Iona ist einer solchen Regung überhaupt nicht fähig«, sagte Liz bitter. »Ich wünschte, Alex würde jede Verbindung zu ihr abbrechen und sie ein für alle Mal abschreiben. Er ist viel zu rücksichtsvoll der
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