Nicholas' Geheimnis (German Edition)
lächelte in ihr Glas.
Das endlose Verhör ging weiter. Alex kehrte zurück, und Liz ging hinaus. Die Zurückgebliebenen sprachen nur hin und wieder miteinander und wenn, dann gedämpft und mit bedeutungsvollem Unterton. Als Andrew den Raum verließ, trat Nick zu Melanie ans Fenster.
»Ich muss mit dir reden.« Ganz bewusst steckte er die Hände in die Hosentaschen. Melanie war noch immer sehr blass. Der Brandy hatte sie zwar beruhigt, aber nicht die Farbe in ihre Wangen zurückgebracht. »Es ist wichtig, Melanie. Im Augenblick lässt es sich nicht machen. Später.«
»Ich will nichts hören.«
»Wenn Tripolos hier fertig ist, werden wir wegfahren. Du brauchst Abstand von all dem hier.«
»Mit dir fahre ich nirgendwohin. Seit wann interessiert dich, was ich brauche?« Sie sprach mit zusammengebissenen Zähnen. »Vorhin, als ich dich gebraucht hätte, hast du mich im Stich gelassen.«
»Herrgott, Melanie!« Nick hatte nur geflüstert, aber Melanie schien es, als hätte er sie angeschrien. Starr blickte sie in den Garten hinaus.
Nicks Hände in den Hosentaschen ballten sich zu Fäusten. »Glaubst du, ich wüsste das nicht? Denkst du, ich …« Er unterbrach sich, ehe er die Beherrschung verlor. »Ich konnte dir nicht geben, was du brauchtest. Jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht. Mach es mir nicht noch schwerer, als es schon ist.«
Melanie drehte sich zu ihm um und sah ihn kalt an. »Das ist nicht meine Absicht.« Sie sprach genauso leise wie Nick, aber im Gegensatz zu ihm völlig unbewegt. »Jetzt brauche ich deine Hilfe nicht mehr, das ist alles. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.«
»Melanie …« Irgendetwas in Nicks Augen durchdrang fast Melanies Schutzmauer. Ein Flehen um Verständnis, Abbitte, Reue – Regungen, die sie von Nick nicht erwartet hätte. »Bitte, Melanie, ich will …«
»Was du willst, interessiert mich nicht«, erklärte sie rasch, ehe er sie ins Wanken bringen konnte. »Lass mich in Frieden. Ich will nichts mehr mit dir zu tun haben.«
»Heute Abend …«, begann er noch einmal, aber Melanies eisiger Blick hielt ihn auf.
»Lass mich in Ruhe, Nick«, sagte Melanie kalt.
Sie ließ ihn stehen, durchquerte den Salon und setzte sich neben Dorian.
Nick schossen mörderische Gedanken durch den Kopf. Er bedauerte zutiefst, dass er sie nicht auf der Stelle in die Tat umsetzen konnte.
6. K APITEL
Melanie warf einen ungläubigen Blick auf die Uhr. Sie war überhaupt nicht müde gewesen, als Alex und Liz darauf bestanden hatten, sie möge sich hinlegen. Gehorcht hatte sie nur, weil der Wortwechsel mit Nick ihr die letzten Kräfte geraubt hatte. Jetzt war sie wach und stellte fest, dass die Mittagszeit schon vorüber war. Sie hatte zwei Stunden geschlafen.
Erfrischt war sie dennoch nicht. Mit halb geschlossenen Augen ging sie ins Badezimmer und ließ kaltes Wasser über ihr Gesicht laufen. Der Schock war von Scham verdrängt worden. Melanie schämte sich, weil sie in panischer Angst vor einer Leiche geflohen war und weil sie sich Hilfe suchend an Nick geklammert hatte und abgewiesen worden war. Sie spürte jetzt noch dieses Gefühl der Hilflosigkeit und der Verzweiflung, als Nick sie kalt von sich stieß.
Nie wieder, schwor sich Melanie. Sie hätte ihrem Verstand vertrauen sollen und nicht ihrem Herzen.
Sie hätte wissen müssen, dass man einen Mann wie Nick um nichts bat und nichts von ihm erwarten durfte. Ein Mann wie er hatte nichts zu geben. Aber dennoch …
Aber dennoch war es Nick, den sie in jenem Moment gebraucht und dem sie vertraut hatte. In seinen Armen hatten sie sich geborgen gefühlt.
Melanie schaute in den Spiegel. Ihr Gesicht zeigte noch immer die Spuren des Schocks, aber sie spürte, dass ihre Kräfte langsam zurückkehrten.
Ich brauche ihn nicht, dachte sie. Er bedeutet mir nichts. Das passiert mir nie wieder, schwor sich Melanie. Weil ich nicht mehr zu ihm gehe. Weil ich ihn nie wieder um etwas bitten werde.
Melanie kehrte ihrem Spiegelbild den Rücken und ging die Treppe hinunter.
Als sie die große Halle betrat, hörte sie hinter sich eine Tür zuschlagen und Schritte auf sich zukommen. Sie warf einen Blick über die Schulter und sah Dorian.
»Nun, fühlst du dich besser?« Dorian trat zu Melanie und ergriff ihre Hand. In dieser Geste lag aller Trost und alles Mitgefühl, das sie sich nur wünschen konnte.
»Ja. Ich komme mir wie eine Närrin vor.« Auf Dorians fragenden Blick hin fuhr sie fort: »Andrew hat mich praktisch nach Hause tragen
Weitere Kostenlose Bücher