Nicholas' Geheimnis (German Edition)
Hause gehen. Marsch ins Bett, Melanie! Du schwankst bedenklich.«
»Selber!« gab sie schnell noch zurück, ehe sie die Tür vorsichtig hinter sich schloss.
Melanie bewältigte die Treppe mit äußerster Vorsicht. Auf gar keinen Fall wollte sie jemanden im Haus aufwecken und in eine Unterhaltung verwickelt werden. Einmal blieb sie stehen, weil sie nicht aufhören konnte zu kichern und sich den Mund zuhalten musste.
Ach, war das schön, nicht nachdenken zu müssen! Jetzt brauchte sie nur noch in ihrem Zimmer zu verschwinden, bevor jemand sie erwischte.
Ohne Zwischenfälle brachte Melanie es fertig, die erste Etage zu erreichen, aber dann musste sie erst einmal überlegen, wo sich ihr Zimmer befand. Natürlich – links. Sie schüttelte den Kopf. Schön und gut, aber wo war links? Auch das Problem löste sich nach einer Weile. Sie drehte den Türknauf, wartete, bis die Tür zu schwanken aufhörte, und stieß sie dann auf.
»Geschafft!« lobte sie sich selbst, und dann verdarb sie fast ihren Triumph, indem sie über den Teppich stolperte. Sie schloss die Tür hinter sich und lehnte sich dagegen. So, jetzt brauchte sie nur noch das Bett zu finden.
Wie durch ein Wunder flammte plötzlich das Licht auf. Es wurde hell im Zimmer. Melanie lächelte abwesend in Nicks Gesicht.
» Jiàssou «, grüßte sie lässig. »Du scheinst hier schon zum Mobiliar zu gehören.«
Nicks wütender Blick durchdrang den Nebel, der ihren Geist umgab. »Was, zum Teufel, hast du dir dabei gedacht? Es ist fast drei Uhr früh!«
Melanie streifte ihre Sandalen von den Füßen. »Nein, wie ungezogen von mir! Ich hätte dich anrufen und dir sagen sollen, dass ich mich verspäte.«
»Lass den Unsinn! Danach ist mir nicht zu Mute.« Nick trat zu Melanie und packte sie bei den Armen. »Die halbe Nacht habe ich auf dich gewartet. Melanie, ich …« Er unterbrach sich und schaute sie genauer an. In seinen Augen spiegelten sich Zorn, Besorgnis und Belustigung. »Du bist blau!«
»Dunkelblau«, bestätigte sie und musste tief durchatmen, um nicht wieder in Gekicher auszubrechen. »Was für ein scharfer Beobachter du bist, Nick!« Sie strich mit der Hand über seine Brust.
Nick wurde sofort wieder ernst. »Wie soll ich vernünftig mit einer Frau reden, die alles doppelt sieht?«
»Dreifach!« berichtigte Melanie stolz. »Andrew sah nur doppelt, aber ich habe ihn übertrumpft.« Sie spielte an einem seiner Hemdknöpfe. »Weißt du eigentlich, dass du schöne Augen hast? So dunkle Augen habe ich noch nie gesehen. Andrews sind blau. Und küssen tut er auch nicht so wie du. Warum küsst du mich nicht, Nick?«
Nicks Hand umschloss Melanies Arm einen Moment lang noch fester. Dann ließ er sie los. »So, du warst also mit dem kleinen Andrew aus.« Nick ging im Zimmer auf und ab. Melanie schwankte und schaute ihm nach.
»Der ›kleine Andrew‹ und ich hätten dich natürlich um deine Gesellschaft bitten sollen. Leider haben wir nicht daran gedacht. Entschuldige. Im Übrigen kannst du ziemlich langweilig sein, wenn du dich höflich und charmant benimmst.« Eine so lange Rede ermüdete Melanie. Sie gähnte. »Müssen wir noch sehr viel länger reden? Ich glaube, meine Zunge macht das nicht mehr lange mit.«
»Du hast Recht. Eigentlich war ich lange genug höflich und charmant.« Nick nahm Melanies Parfümflasche in die Hand und stellte sie gleich wieder an ihren Platz zurück. »Es hat seinen Zweck erfüllt.«
»Aber du kannst das gut«, lobte Melanie und kämpfte unterdessen mit ihrem Reißverschluss. »Darin bist du fast perfekt.«
»Fast?« Nick drehte sich interessiert um und sah, wie Melanie den Reißverschluss herunterzerrte. »Um Gottes willen, Melanie, ich …«
»Jawohl, fast. Denn hin und wieder leistest du dir einen Ausrutscher. Dann guckst du so seltsam, oder du bewegst dich so merkwürdig. Vielleicht bin ich die Einzige, die es bemerkt hat. Oder die anderen kennen das schon an dir und reagieren nicht mehr darauf. Küsst du mich jetzt oder nicht?«
Melanies Kleid glitt zu Boden, und sie stand nur mit einem seidenen Hemdhöschen bekleidet vor Nick.
Der Anblick verschlug ihm die Sprache, sein Mund wurde trocken. Verlangen flammte in ihm auf. Er brauchte seine ganze Willensstärke, um sich auf das zu konzentrieren, was Melanie eben gesagt hatte. »Was hast du bemerkt?«
Melanie machte zwei Versuche, ihr Kleid vom Boden aufzuheben. Die Träger des Hemdhöschens glitten von den Schultern. Hastig richtete sie sich auf und verhüllte ihren
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