Nicht alles Kraut ist grün
verzog sich in sein Hausboot. Daraus ist er nicht wieder zum Vorschein gekommen.«
»Warum nicht?« fragte ich.
»Weil ihm jemand eine Kugel verpaßt hat«, sagte Sellers. »Vermutlich Kaliber .38.«
»Wann ist die Leiche gefunden worden?«
»Heute früh gegen sieben.«
»Wie lange war er da schon tot?«
Sellers zuckte die Schultern. »Vielleicht drei Stunden, vielleicht aber auch schon sieben.«
»Und weshalb erzählen Sie uns das alles?«
»Weil ich glaube, daß Sie uns weiterhelfen können. Falls ich mich irre, sollen Sie zumindest die Fakten kennen, damit Sie
wissen, daß es sich um ein Verbrechen handelt. Wenn Sie dann auf irgend etwas Wichtiges stoßen — na, Sie wissen ja, was die Zurückhaltung von Beweismaterial für Folgen haben kann.«
Sellers zog eine Zigarre aus der Tasche, biß die Spitze ab, schob sich den Glimmstengel in den Mund, zündete ihn aber nicht an. Er betrachtete uns mit spöttisch funkelnden Augen.
»Und jetzt mache ich mit euch beiden eine kleine Spazierfahrt.«
»Streng dienstlich?« fragte ich.
»Wenn Ihnen das lieber ist...«
Ich stand auf. »Kommen Sie«, sagte ich zu Calhoun.
»Wohin?« fragte Calhoun.
»Zum Parkplatz des Polizeireviers«, sagte Sellers.
»Wozu?«
»Ich möchte, daß Sie sich den Schauplatz des Verbrechens mal ansehen.«
»Vielleicht kann ich Ihnen helfen, Sergeant«, sagte ich.
Sellers nahm die Zigarre aus dem Mund, betrachtete das feuchte Ende und griente. »Ich hab’ mir doch gleich gedacht, daß Sie sich erweichen lassen, Donald.«
»Es hat nichts mit dem Grund meines Hierseins zu tun«, sagte ich.
»Nein?«
»Nein.«
»Da bin ich aber neugierig.« Sellers steckte die Zigarre in den rechten Mundwinkel und rollte sie gekonnt mit der Zunge in den linken Mundwinkel hinüber.
»Ich bin gestern abend zu Fuß durch den Kontrollpunkt gekommen. Dabei habe ich den Wagen gesehen — oder jedenfalls einen Wagen, der Ihrer Beschreibung entspricht: ein Kombi, dahinter auf einem Anhänger ein kleines Hausboot auf Pontons.«
»Um welche Zeit?« fragte Sellers.
»Die Zeit kann ich leider auch nicht genauer fixieren als Sie es schon getan haben. Ich würde sagen, daß es zwischen neun Uhr fünfundvierzig und zehn Uhr fünfzehn gewesen sein muß. Zum letztenmal habe ich den Wagen gegen zehn gesehen.«
»Noch etwas?« fragte Sellers.
»Der Mann, der am Steuer des Kombi saß, hatte seine Kutsche in der Nähe des Monte Carlo Café geparkt, ging hinein und sah sich nach jemandem um, mit dem er verabredet war.«
»Mich laust der Affe«, sagte Sellers.
Ich nickte.
»Woher wissen Sie das?«
»Ich saß im Café und habe es mit angehört.«
»Noch was?«
»Ja. Der Bursche war nicht allein.«
»Als er ins Monte Carlo Café kam?«
»Nein — aber als er mit dem Kombi die Grenze passierte, saß jemand neben ihm.«
Sellers kniff die Augen zusammen. Er biß ein paarmal auf seine Zigarre und nagte gedankenverloren darauf herum, während er diese Neuigkeit verdaute.
»Beschreiben Sie den Mann«, verlangte er.
»Bedaure — da muß ich passen.«
»Wieso?«
»Es war dunkel, als ich über die Grenze kam. Der Kombi stand in der Schlange der wartenden Autos. Den Fahrer habe ich mir gut angesehen, aber der Beifahrer saß im Schatten.«
»Irgendeine Idee, wie groß, wie alt, wie schwer er war?«
»Ich würde sagen, Mitte Dreißig, aber das ist nur eine sehr vage Vermutung, nach den Schultern und seiner Kopfhaltung zu urteilen. Im Sitzen wirkte er durchschnittlich groß.«
»Na, dann kommen Sie mal mit, Sportsfreunde«, sagte Sellers. »Ich möchte Ihnen was zeigen.«
Wir folgten ihm nach draußen zu einem Streifenwagen. Er brachte uns zu einem Parkplatz neben dem Polizeirevier.
»Ist das die Kutsche?« fragte Sellers. Wir standen vor einem Hausboot auf einem Anhänger, vor das ein Ford-Kombi gespannt war.
»Ja, das ist sie.«
»Hinein können Sie nicht«, sagte Sellers. »Wir suchen gerade die Inneneinrichtung nach Abdrücken und anderen Spuren ab.
Aber ich möchte Ihnen etwas anderes zeigen.«
Er führte uns zum hinteren Teil der Pontons.
Dort hatte man bereits die Spuren gesichert. In der weißen Puderschicht zeichneten sich einige sehr deutliche Fingerabdrücke ab, die sicherlich bereits auf Film gebannt waren.
»Moment«, sagte Sellers. Er griff sich zwei Korkenöffner, die auf einem Hocker neben dem Anhänger lagen, setzte sie an einem kleinen Vorsprung der Pontons an und hebelte.
Eine Kappe lockerte sich.
Sellers gebrauchte sein Taschentuch,
Weitere Kostenlose Bücher