Nicht die Bohne!
verkneife mir ein Grinsen. Ich bin geneigt, ihn gut zu finden. Was ich mir natürlich nicht anmerken lasse. Leider gibt es auch an seiner Optik so einiges gut zu finden. Er trägt nämlich eine schrammelige schwarze Lederhose und ein ehemals weißes Shirt, was ihm einen sehr verwegenen Touch gibt.
Mein Hypothalamus muss gerade auf Hochtouren an einem verstärkten Östrogenausstoß arbeiten, denn ich finde das nicht nur gut, sondern ausgesprochen sexy. Ach du Schreck. Nun bin ich doch etwas erstaunt über mich selbst. Er ist nicht übermäßig muskulös, aber genau da, wo Männer meiner Meinung nach Muskeln haben sollten, hat er welche. Sehr schöne Muskeln, um genau zu sein.
Was ist denn mit mir los? Ich bin doch sonst nicht so leicht zu beeindrucken. Ob das mit der Bohne zusammenhängt? Vielleicht nötigt mich der Zustand in meinem Uterus, einen Beschützer und Jäger zum Wohl der Bohne zu suchen? Meine Augen wandern weiter, und ich nehme freudig zur Kenntnis, dass er auch noch sehr schöne Hände hat. Nicht solche eingecremten und manikürten Bürohengst-Hände, sondern echte Männerhände, die zur Not auch einen Büffel erlegen könnten.
Paula, reiß dich zusammen!
Leicht verspannt registriere ich, dass Simon meine gründliche Musterung sehr wohl wahrgenommen hat. Über sein attraktives Gesicht huscht ein Schatten, und er wendet sich ab.
Elena hat von diesem kurzen zwischenmenschlichen Drama nicht viel mitbekommen. Sie ist dabei, ein kleines Objekt vor sich auf der Werkbank eingehend zu betrachten. »Das ist toll, Simon«, sagt sie anerkennend.
»Guck mal!« Sie hält mir das Objekt entgegen, und ich greife danach. Es ist eine kleine geschnitzte Schachfigur, die Königin. Wunderschön aus hell gemasertem Holz gearbeitet und mit fantastischen Details versehen.
»Machst du ein ganzes Spiel?«, frage ich, während ich mit den Fingern über die samtige Holzoberfläche der kleinen Figur fahre. Er nickt nur, und ich strecke die Hand aus, um ihm die kleine Königin zurückzugeben. Als sich unsere Blicke für den Bruchteil einer Sekunde treffen, dreht er abrupt den Kopf weg.
Okay, den will ich doch nicht als persönlichen Büffeljäger. Der hat etwas gegen mich oder gegen Frauen im Allgemeinen. Das sagt mir mein gut trainierter und in der harten Welt der Autoindustrie-Ingenieure geschulter Arschloch-Instinkt. Aber der andere Teil von mir, die seltsame Instanz, flüstert leise in meinem Kopf: »Er hat braune Augen, wie ungewöhnlich, wo er doch so blond ist. Er gefällt mir. Ein echter Kerl. Seufz!«
Nun gut, diese Stimme hat mir ja auch befohlen, die Bohne weiterhin in meinem Uterus wohnen zu lassen. Frau sieht, wohin das führt. Das Leben wurde seitdem nicht leichter. Deswegen kann ich dieses Geschmachte jetzt auch ganz trotzig übergehen. Dieser Mann ist nichts für mich und die Bohne. Punkt. Basta. Aus die Maus.
Als wir die Werkstatt verlassen, spüre ich seinen Blick in meinem Rücken. Elena plappert derweil ungerührt weiter. Anscheinend verdient Simon hier auf dem Hof tatsächlich mehr Geld, als zum blanken Überleben notwendig ist. Er fertigt viele Möbel auf Bestellung. Zum Teil wohl sehr exklusive Sachen, allerdings nur aus nachhaltig produziertem Holz. Versteht sich.
Das Schachspiel soll ein Geschenk für Edgar werden, zu seinem fünfzigsten Geburtstag, und Simon arbeitet schon seit fast sechs Wochen daran.
»Er hat wirklich Talent«, sagt Elena. »Leider macht er zu wenig daraus.«
»Warum?«, frage ich und folge ihr in die große Küche des Haupthauses.
»Lange Geschichte. Vielleicht erzählt er sie dir mal selber. Aber ich glaube wohl eher nicht.« Sie lacht mich an und bestückt die Kaffeemaschine mit frischem Pulver.
»Seit wann arbeitet ihr zusammen?« Ich klinge neugierig, aber ich kann nicht anders.
Elena stört das offenbar nicht weiter, sie legt ihre Stirn in Falten und scheint sich einem intensiven Denkprozess hinzugeben. »Ähh, ich glaube … so fast zwei Jahre? Vielleicht etwas weniger. Seit er hier auf dem Hof lebt, hat er unglaublich viel umgesetzt.« Sie zwinkert mir zu, dann dreht sie sich um und nimmt zwei große Steinguttassen aus einem der Oberschränke. Summend gießt sie Milch hinein und hantiert mit der Zuckerdose. Zum Thema Simon sagt sie an diesem Tag nichts mehr.
Ich bleibe sehr lange auf dem Hof. Was natürlich daran liegt, dass ich die Unterlagen eingehend sichten muss. Zum anderen ist es einfach nur nett. Mittags gibt es Essen, Hirsebreipampe mit frischem Brot, und
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