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Nicht ganz sauber

Nicht ganz sauber

Titel: Nicht ganz sauber Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Justyna Polanska
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einen fairen Stundenlohn genommen. Neun Euro. Das würde ich übrigens auch dir zahlen.«
     
    Mein Stundenlohn lag etwas über dem von ihm erwähnten Betrag.
     
    »Für neun Euro werde ich leider nicht putzen können …«
     
    So verhandelten wir ungefähr zehn Minuten über ungefähr einen Euro und kamen dann überein. Also begann ich, bei ihm zu arbeiten. Ausgemacht wurden drei Stunden pro Woche ohne Bügeln, denn mehr hätte sein »Budget gesprengt«.
     
    Was verdienen Geschäftsführer so im Monat? Fünfhundert Euro?
     
    Ich war montags bei ihm, und nahezu jedes Mal war er am Abend zuvor von einem Wochenendtrip mit einer seiner Freundinnen zurückgekommen. Mit haufenweise neuen Markenklamotten, die fein drapiert in seinem Ankleidezimmer ausgestellt wurden. Anzüge, Jacken, Hosen, Krawatten, die ganze Bandbreite an feinster Herrenmode. Der Inhalt seines Kleiderschrankes allein hätte für zwei Mittelklassewagen gereicht.
     
    Plötzlich hingen dann auf einmal jeden Montagmorgen Zettelchen im Schlafzimmer, mit der Bitte, »ausnahmsweise mal diese beiden Hemden zu bügeln«. Natürlich kam ich seiner Aufforderung nach und putzte extra zügig, um die drei Stunden Arbeit nicht zu überziehen. Doch aus den zwei Hemden wurden das nächste Mal drei Hemden und ein T-Shirt, das übernächste Mal vier Hemden und zwei T-Shirts und eine Hose etc. Irgendwann konnte ich einfach nicht mehr die vereinbarte Arbeitszeit von drei Stunden einhalten und benötigte dreieinhalb bis vier. Als ich ihm dann nach den ersten vier Wochen am Monatsende meinen Stundenzettel im Haus hinterließ, rief er mich abends an.
     
    »Hallo, Justyna, hier spricht Lothar. Du, ich habe mit Schrecken festgestellt, dass du mir zu viel berechnet hast. Wir hatten doch drei Stunden ausgemacht.«
     
    »Hallo, Lothar. Ich weiß, aber da war ja auch noch nicht von Bügelwäsche die Rede. Und beim ersten Mal konnte ich trotz der beiden Hemden noch die Zeit einhalten. Aber dann hast du mir immer mehr gegeben …«
     
    »Das ist richtig, aber da musst du dann abwägen, welche Putzarbeiten du an anderer Stelle vernachlässigen kannst. Also sieh bitte zu, dass du in Zukunft keine Minute länger bleibst als drei Stunden.«
     
    »Gut, und woher soll ich wissen, welche Bereiche deines Hauses nicht so dringend geputzt werden müssen?«
     
    »Du, da vertraue ich dir als Fachfrau einfach mal so. Das schaffst du. Hauptsache, es ist so sauber, dass ich jeden Montagabend noch eine Dinnerparty für zwanzig Leute schmeißen könnte. Also ciao, ciao«, und süffisant lachend, legte er auf.
     
    Auch ich legte mein Handy beiseite. Jedoch weniger lachend als vielmehr kopfschüttelnd. Wäre er nicht eine Empfehlung von Mr. Chaos gewesen, dem ich sehr verbunden war, hätte ich wahrscheinlich noch etwas an seine letzte Antwort angefügt. Aber vielleicht war das an diesem Tag ja nur ein einmaliger Vorfall, und vielleicht gäbe es in Zukunft auch nichts weiter zu bügeln.
     
    Doch da lag ich falsch. Die Bügelwäsche schien immer mehr zu werden, und ich war gezwungen, einen anfänglichen Rundgang im Haus zu machen, um dann zu entscheiden, was ich an diesem Tag vernachlässigen konnte. Das alles setzte mich nicht nur unter Druck, sondern stahl mir auch die ohnehin sehr knapp bemessene Zeit, die mir zum Putzen eines ganzen Hauses zur Verfügung stand. Es stresste mich regelrecht.
     
    Und es kam noch schlimmer. Ich wurde von Lothar zweimal schriftlich »abgemahnt«. Die Zettel, die ich beide Male auf dem Esstisch vorfand, hatten tatsächlich »Abmahnung« zur Überschrift.
     
    Folgendes Verbrechen hatte ich beim ersten Mal begangen:
    Ich hatte allen Ernstes gewagt, die Flasche seines Kiehl’s-Shampoos auf dem Badewannenrand nicht nahe genug an die Duscharmatur zurückzustellen, nachdem ich dort geputzt hatte. Lothar hätte sie aber immer gerne »rechts vom Temperaturregler, maximal eine halbe Handbreite entfernt«. Außerdem hatte ich mir erlaubt, die Flasche mit der beschrifteten Seite Richtung Wand zu drehen. Auch das »ginge nicht«. Er bat mich am Schluss der Abmahnung, es in Zukunft besser zu machen, und versah das Ende seines Strafmandats mit einem dämlichen Smiley.
     
    Wahrscheinlich machte man das bei ihm in der Management-Etage seines Unternehmens, um harsche Kritik ein wenig menschlicher erscheinen zu lassen …
     
    Nur eine Woche später bekam ich den nächsten Blauen Brief. »Abmahnung – die Zweite« stand in roten Lettern darüber.
    Diesmal legte er mir

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