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Nicht ganz schlechte Menschen

Nicht ganz schlechte Menschen

Titel: Nicht ganz schlechte Menschen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H Krausser
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Personals aufzustellen? Möglichst, soweit
bekannt, mit privaten Adressen.
    Pierre antwortete, daß er dazu bereit sei. Die Diskretion eines
Hoteliers müsse darunter zwar leiden, notwendigerweise, aber er habe nichts zu
verbergen.
    Dann haben Sie auch nichts zu befürchten, meinte Perec. Erst mit
einer gewissen Verzögerung registrierte Pierre den tieferen, bedrohlichen
Gehalt dieses Satzes. In der Nähe schlug ein Blitz ein, Pierre zuckte zusammen,
während Perec das Gewitter gar nicht zu bemerken schien.
    Vielleicht, das würde mich besonders interessieren, hat Zanoussi ja
irgendwann Streit mit Chapelle gehabt oder mit irgendwem anderen, der auf Ihrer
Liste stehen wird. Wäre es Ihnen möglich, sie mir morgen im Lauf des Tages
vorbeizubringen? Perec legte sein Visitenkärtchen auf den Tisch.
    Selbstverständlich, versicherte Pierre. Sein Kopf glühte, ihm fiel
der Vorfall ein, als Heinrich Halter alias Herschel Grynszpan Zanoussi ins
Gesicht gespuckt hatte. Herrgott, welche Dimensionen nahm das an?
    Nachdem Perec sich überraschend verabschiedete, ohne weitere, sehr
wohl mögliche Fragen zu stellen und, noch überraschender, ohne einen
Hotel-Regenschirm zu borgen, gönnte sich Pierre ein großes Glas Cognac. Danach
bat er Ellie, Max und Karl zu einer Krisensitzung in sein Büro. Diese zog sich
bis in den späten Abend hin.
    Pierre mußte sich, vor allem seitens Max, einige Vorwürfe gefallen
lassen ob seiner Willfährigkeit gegenüber einer Behörde, die, bei entspannter
Betrachtung, doch weder gegen ihn noch gegen irgendwen sonst etwas in der Hand
hatte. Natürlich müsse man nun, leider, eine solche Liste erstellen, um
kooperativ zu wirken.
    Da wir alle, schlußfolgerte Ellie, eine reine Weste haben, müssen
wir uns vor nichts fürchten. Andererseits liegt es in unserer freien
Entscheidung, was wir mitteilen und was nicht. Und unsere Gäste sollten uns
heilig sein.
    Karl stimmte zu und plädierte dafür, daß man auf die Liste nur
erfundene Namen setzen solle. Die anderen hielten das für zu dreist, selbst
wenn viele Soso-Teilnehmer tatsächlich ein Pseudonym, einen nom d’amour verwendeten.
Endlich fand man zu einem Kompromiß aus zwei Dritteln existierender und einem
Drittel erfundener Menschen. Prominente Namen sollten nicht erwähnt werden, und
Herschel Grynszpan sei inzwischen ein prominenter Name. Seine kleine
Auseinandersetzung mit dem betrunkenen Zanoussi habe im übrigen kaum jemand
mitbekommen. Dies könne getrost unter den Tisch fallen. Soll die Polente, sagte
Ellie, doch denken, was sie will.
    Karl hielt es für eine moralische Verpflichtung, jeden, der mit
seinem echten Namen auf der Liste landen würde, umgehend davon zu unterrichten.
Pierre fragte sich laut, ob das nicht als Strafvereitelung aufgefasst werden
könne.
    Max hielt die Liste an sich immer noch für eine abscheuliche Sache
und unnötig vorauseilenden Gehorsam. Schließlich habe man nichts zu befürchten,
selbst wenn Zanoussi, was er nicht glaube, Chapelle um die Ecke gebracht habe.
    Pierre wollte kein Spießer genannt werden, nur weil er jede Angelegenheit
in die schlimmstmögliche Richtung weiterdachte. Es gehe hier um die Zukunft
seines Hotels.
    Wenn du deine Liste morgen auf dem Präsidium ablieferst, sagte Max,
ist ein Großteil dieser Zukunft Vergangenheit. Die Szene wird weiterziehen. Wir
haben hier etwas aufgebaut. Wovor hast du Angst? Was könnte man dir zur Last
legen? Daß du Zanoussi durchgefüttert hast?
    Es kam zu einem ernsthaften Streit. Ellie hielt sich zurück,
schwankte hin und her, unsicher, auf welche Seite sie sich schlagen sollte. Daß
Pierre sich übertriebene Sorgen mache, dafür fiel ihr ein launiges Argument
ein.
    Wenn dieser Polizist einen gravierenden Verdacht gegen dich hätte,
würde er dir nicht die ganze Nacht Zeit geben, Beweise verschwinden zu lassen.
    Wie bitte? Was für Beweise denn?
    Ich meine: hypothetisch.
    Vielleicht, sagte Max, stehen aber auch schon Polizeidetektive
draußen auf der Straße und warten nur darauf, daß du die Leiche aus dem Keller
holst.
    Pierre konnte diese Art schwarzen Humor gerade überhaupt nicht
vertragen. Ellie ging dazwischen. Lange debattierte man hin und her.
    Es wurde am Ende eine relativ kurze Liste erstellt und Ellie erbot
sich, sie an Pierres Stelle bei Perec abzuliefern. Das würde dem Gang einiges
an Unterwürfigkeit nehmen beziehungsweise eine gewisse Nonchalance hinzufügen,
ja eine galante Note.
    Die Liste umfaßte etwa fünfzig meist unbedenkliche
Personen,

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