Nicht gekauft hat er schon
zum Beispiel. Ein Mann wie ein Bär, bei dem ich Werkunterricht hatte und der mich geduldig durch meine Schulzeit schob. Und da war meine Englischlehrerin, die gab mir einen der besten Tipps meines Lebens: »Martin, dein Englisch ist miserabel. Geh ein Jahr nach Amerika, mach eine Sprachreise oder einen Studienaufenthalt, sonst wird das nie besser.«
Also ging ich zu meinem Vater und sagte, ich wolle nach Amerika.
»Wer bezahlt das?«, war die Antwort.
Na gut, ich musste also Geld beschaffen. Ich besuchte meine Oma und führte – in der Nachbetrachtung – eines der wichtigsten Verkaufsgespräche meines Lebens. Sie gab mir die für mich damals unglaublich hohe Summe von 12.000 Mark – so viel sollte das Ganze kosten. Zuerst sollte ich aber noch einen Eignungstest für den Sprachaufenthalt machen. Am Ende sagte der Prüfer zu mir: »Junger Mann, ist ja grauenhaft. Wie wollten Sie denn mit so einem miserablen Englisch dort überleben? – Sie sind durchgefallen.«
So. Da stand also das Nein mitten im Raum und wollte mich nicht vorbeilassen. Ich dachte: Ich fahr nicht nach Amerika. Aber das ist doch eigentlich nicht schlimm. Denn nicht in Amerika bin ich ja auch jetzt schon. Also: Was gibt es groß zu verlieren? Höchste Zeit, dass ich verkaufte und zum Abschluss kam. Meine Englischlehrerin hatte mich inspiriert. Ich brauchte nur ein Argument, und das war Einwandbehandlung, Nutzenargumentation und Abschlussfrage in einem: »Wenn ich gut Englisch könnte, dann müsste ich ja nicht hin! Richtig?«
Ich kam zum Abschluss. Ich fuhr nach Amerika.
Der Amerika-Moment
Der dicke rothaarige Junge steckte also für ein Jahr in einer fremden Gastfamilie in Amerika. Tagtäglich musste ich mich in einer Sprache zurechtfinden, die ich nicht beherrschte, weit weg von zu Hause.
Aber genau das waren die Umstände, die es mir ermöglichten, von null anzufangen. Was wollte ich denn da auch machen, als zu lernen? Ich hatte gar keine andere Wahl. Lernen war jetzt überlebenswichtig. Und so war ich plötzlich nicht mehr der pummelige sommersprossige Karlsson mit den schlechten Noten. Ich war jetzt der Junge, der die Initiative ergriff. Und ich bemerkte sofort, dass Lernen und Leistung einen Effekt bringen. In meiner Freizeit schippte ich Schnee, mähte Rasen, strich Zäune und verdiente meine ersten 1.000 Dollar.
Ich konnte es kaum glauben: Leistung lohnt sich sofort! Ich hatte unglaublichen Hunger, etwas zu leisten, vermutlich ziemlicher Nachholbedarf. Leisten ging deutlich besser, wenn ich etwas konnte. Und wenn ich mehr lernte, konnte ich auch mehr. Am Ende des Jahres hatte ich eines der besten Highschool-Diplome des Jahrgangs und noch ein paar Dollar auf die Seite gebracht. Coole Ergebnisse! So läuft das also. War doch gar nicht so schwer. Und richtig Spaß gemacht hat es auch noch. Mein Selbstwertgefühl wuchs.
Warum ich dir das alles erzähle? Weil Amerika so toll ist? Weil der Limbeck so toll ist? Weil Schneeschippen reich und erfolgreich macht? Bullshit!
Ich erzähle dir das, weil jeder gute Verkäufer so einen »Amerika-Moment« braucht. Das ist der Moment, in dem du umschaltest von der Angst zu versagen, dich zu blamieren, bloßgestellt zu werden, abgelehnt zu werden und am Ende der Depp zu sein auf den eigenen, intrinsischen Willen zu Lernen und Leistung. Vorher regierte dich die Angst. Hinterher regierst du selbst dein Leben. Den Moment brauchst du, den Amerika-Moment. Einverstanden?
Ich will Ihnen aber nichts vormachen. Diese Ängste sind ja tief sitzende, in unserer Persönlichkeit verwurzelte Gefühle. Die können Sie nicht einfach ausknipsen. Aber so ein Amerika-Moment bringt die Lawine ins Rollen. Bei mir war das so, dass ich zu Beginn meiner Karriere noch ziemlich unsicher war. Meine große Selbstsicherheit, die ich zur Schau trug, war nicht wirklich auf gutem Boden gewachsen. Mein Selbstwertgefühl war nämlich in Wahrheit ziemlich gering. Die laute, bisweilen nassforsche oder freche Art war aufgesetzt. Es funktionierte ziemlich gut, aber ich bekam natürlich auch manchmal Gegenwind und Ablehnung. Je selbstsicherer mein Gegenüber, desto leichter wurde ich entlarvt. Dass mein Selbstwertgefühl noch klein war, zeigte sich zum Beispiel darin, dass ich ein Nein, Ablehnung, Niederlagen, Absagen nur ganz schwer ertragen konnte. Ich nahm das sehr persönlich. Wenn es dabei geblieben wäre, wäre ich im Verkauf nicht alt geworden. Wer Ablehnung im Verkauf persönlich nimmt, wird irgendwann manisch-depressiv und
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